Aktuell - Heft 3/1969

28 FUNK OHNE FUNKEN Mit größter Spannung starrte ich ins Fernsehgerät, als Apollo-r rAstronaut Armstrong seinen Fuß auf Mondboden setzte. Da krachte es plötzlich. Doch nicht Armstrong war von der Leiter seines Mondlandebootes gefallen, sondern ein simples Automobil war an meinem Haus vorbeigefahren und hatte mich mit seiner nicht entstörten Zündanlage um dieses einmalige Erlebnis gebracht. Nach dem r. Jänner 1970 wäre dies nicht mehr möglich. Denn ab diesem Zeitpunkt müssen laut Kraftfahrgesetz r 967 alle Kraftfahrzeuge in Österreich funk- bzw. fernentstört sein. Dann wird endlich weder der Ö3- oder der TV-Empfang gestört, noch werden die öffentlichen Funkdienste von Rettung, Polizei oder Flugsicherung beeinträchtigt. Vide Urlauber, die ihre Ferien in Frankreich verbringen wollten, mußten an den Grenzen dieses Landes umkehren. Die französische Polizei machte Stichproben bezüglich der Funkentstörung der fremden, einreisenden Kraftfahrzeuge und wies alle ab, deren Zündanlagen nicht entstört waren. Denn in Frankreich und einigen anderen europäischen Ländern ist es gesetzlich vorgeschriebene Pflicht, Kraftfahrzeuge - Automobile, Mopeds und Motorräder sowie Motorboote - entsprechend zu entstören. In Österreich ist mit dem § 4 Absatz 3 des Kraftfahrgesetzes 1967 eine diesbezügliche Vorschrift geschaffen worden: ,,Hochspannungszündanlagen von Verbrennungsmotoren müssen so funkentstört sein, daß der Betrieb von Funkempfangsanlagen außerhalb des Fahrzeuges durch sie nicht beeinträchtigt werden kann" (Fernentstörung). Bei Neuzulassungen müssen die Kraftfahrzeuge ab Geltungsbeginn dieses Gesetzes, also seit dem r. Jänner 1968, fernentstört sein. So werden beispielsweise alle neuen, ab dem r. Jänner 1968 zugelassenen Steyr-Fiat-Wagen schon von der Fabrik ohne Aufpreis fernentstört geliefert. Puch-Mopeds und -Motorräder sind seit dem r. Jänner 1969 serienmäßig funkentstört. Ab dem r. Jänner 1970 müssen auch alle alten Kraftfahrzeuge, die vor dem r. Jänner 1968 zugelassen wurden, diese Vorschriften erfüllen. Es handelt sich nach Schätzung der Polizei dabei um etwa ro.ooo bis 15.000 Kraftfahrzeuge, die in Werkstätten mit den entsprechenden Entstörgliedern ausgerüstet werden müssen. Der ÖVE hat die Unterlagen für diese Maßnahmen geschaffen und mit dem Schriftstück ÖVE-F 6 5/r 96 3 dem Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau übergeben. Dort wird definiert, was man unter Fernentstörung bzw. Fernstörung technisch exakt versteht, mit welchen Mitteln die Entstörung vorzunehmen ist und wie man die Wirkung dieser Arbeit kontrollieren und meßtechnisch überprüfen kann. Wieso kommt es, daß Kraftfahrzeuge überhaupt Funk und Fernsehen stören können? Es ist ein physikalischer Effekt, der einst Marconi half, die drahtlose Telegrafie zu erfinden bzw. zu realisieren. Ein Effekt, der überhaupt die Basis für die drahtlose Kommunikationstechnik und deren Entwicklung zu heutiger Größe bildet: der elektrische Funke. Marconi benutzte den elektrischen Funken zur Anregung elektromagnetischer Wellen, die er dann drahtlos in den Äther abstrahlte und als Träger für Informationssignale, Morsezeichen und Gespräche, verwendete. Man könnte diesen wellenerzeugenden Effekt des Funkens vielleicht mit der Entstehung von Wellen auf einer glatten Wasseroberfläche durch Hineinwerfen eines Steines vergleichen. Die glatte Wasseroberfläche ist dann mit einer elektrischen Schaltung gleichzusetzten, die ebenfalls zum Schwingen angeregt werden kann. Heute gibt es natürlich viel elegantere Methoden, um Radiowellen zu erzeugen. Elektronenröhren und Halbleiter haben den Funken vollkommen verdrängt. Er ist nur mehr ein lästiger Störenfried, den man gerne ausmerzen möchte. Er ist unerwünscht, obzwar er einer der wichtigsten modernen Technik-Disziplinen, der Funktechnik, den Namen gegeben hat. Natürlich werden nun überall dort, wo im Automobil oder einem anderen Kraftfahrzeug Funken entstehen - in der Zündanlage, an den Kollektoren der Lichtmaschine oder des Anlassers, an den Relaiskontakten des Blinkerrelais oder des Reglers - , auf unkontrollierbare Weise elektromagnetische Wellen erzeugt, die sich mehr oder weniger stark ausbreiten und dann den Radio- und Funkempfang stören. Mit Schaltkombinationen aus elektrischen Widerständen und Kondensatoren kann man die Funkenbildung und die Entstehung von

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