Aktuell - Heft 3/1969

Die Kernkraft hat unsere Welt verändert. Die ungeheure Energie, die bei der Kernteilung frei wird, hat den Menschen ungeahnte Kraftquellen erschlossen. Eine nützliche, aber auch gefährliche Kraftquelle. Die Vision eines Atom-Unfalls, der die Welt in einem kosmischen Inferno untergehen läßt, ist zum Schreckbild der Menschheit geworden. Durch den häufigen Umgang mit spaltbarem Material, durch die tägliche Konfrontation mit der Radioaktivität, steigt natürlich auch die Wahrscheinlichkeit eines unter Umständen gefährlichen Unfalls. Die Technik hat zwar rigorose Vorkehrungen gegen derartige Eventualitäten getroffen, die mit nahezu hundertprozentiger Sicherheit solche Unfälle ausschließen. Und die Erfahrung zeigt, daß tatsächlich nur 0,4 Prozent aller tödlichen Unfälle pro Jahr bezogen auf roo.ooo Beschäftigte mit Radioaktivität in Zusammenhang zu bringen sind. Trotzdem aber besteht natürlich immer die Möglichkeit .. . 20 Radioaktives Material spielt heute in vielen industriellen Prozessen eine wichtige Rolle. In Österreich wird es in rund 140 Betrieben verwendet. Daß es bei sachgemäßer Handhabung völlig ungefährlich ist, beweist die Tatsache, daß die stärkste Strahlungsdosis, welcher einzelne Wissenschaftler im Kernreaktor Seibersdorf bisher ausgesetzt waren, nicht im Kernreaktor selbst, sondern in einem Krankenhaus gemessen wurde: bei routinemäßigen Röntgenuntersuchungen. Ebenso wie wir gelernt haben, mit Gas und Elektrizität zu leben, werden wir uns auch an den Umgang mit der Radioaktivität gewöhnen. Sollte tatsächlich einmal der Fall eintreten, daß radioaktives Material frei wird, so sind sowohl Bundesheer als auch Feuerwehr in der Lage, groß angelegte Sicherungs- und Bergungsaktionen durchzuführen. Entsprechend geschulte und ausgerüstete Trupps sind jederzeit einsatzbereit. Nach dem neuen Strahlenschutzgesetz, das 1971 in Kraft treten wird, sind im Rahmen eines Schutzsystems auch der Exekutive Aufgaben zugewiesen. Polizei und Gendarmerie haben bisher 300 Strahlenspürtrupps dafür ausgebildet . Oberstleutnant Tuma von der Alarmabteilung der Wiener Polizei: ,,Da die Verwendung von radioaktivem Material vor allem in Wien und der näheren Umgebung Wiens besonders stark ist, besteht auch die Gefahr, daß gerade beim Transport oder auch beim Gebrauch selbst Situationen eintreten können, die ein sofortiges Eingreifen der dafür geschulten Trupps notwendig machen." In Wien gibt es 18 solcher Strahlenspürtrupps, die bisher - Oberleutnant Tuma klopft auf Holz - noch zu keinem Ernstfall gerufen werden mußten. Ein Strahlenspürtrupp besteht aus drei Mann: einem Kommandanten, einem Spürer und einem Markieret. Ihre Aufgabe läßt sich aus ihren Namen ablesen: nämlich Auffinden und Messen der Strahlungsquelle, Treffen aller Sicherheitsvorkehrungen, wie Absperren des Gebietes, Benachrichtigung der Zentralstelle. Ist die Strahlungsintensität des radioaktiven Materials nicht allzu hoch, sind solche Trupps auch für die sofortige Bergung ausgestattet. Die Ausrüstung umfaßt einen luftdichten Gummianzug, ABC-Maske, Strahlungsmesser (Geigerzähler), Funkgerät, Bergungs- und Markierungs-Utensilien. Am Anzug wird ein Dosimeter befestigt, das dem Träger genaue Auskunft über die aufgenommene Strahlungsdosis gibt.

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