iESESSEN Staubkörner, noch größere Steine und anderes mit. Aber brav diktierte Ernstl sein Benzin-Epos herunter - rechts voll, links halbschnell. Plötzlich war Stille. Er hatte noch Spitzkehre sagen wollen, konnte aber nur noch Spitzk-p-f-f-f-h-z artikulieren. Grande Pilota Pöltinger drehte sich mißbilligend zu ihm - und markerschütterndes Lachen übertönte auch schon den Motorsound. Angewidert blickte der stumme Ernst dorthin, wo sich kurz zuvor noch sein Mund befunden hatte. Eine breite teigige Kuhflade war durch die fehlende Windschutzscheibe geflogen und hatte sich um Kinn, Mund und Nase geschmiert, ihm eine Sprechpause verschaffend. Jetzt war die co-pilotische Härte weg. Man sah den grimmig blickenden Merinski von da ab nur noch mit einem Regenschirm. VORSICHT! ABSPRUNG! Man soll nicht alles glauben, was man sieht. Vor allem aber sollte man nicht alles, was man glaubt zu sehen, auch dafür halten. Und man sollte nicht alles, was klein ist und rot strahlt, für das Schlußlicht eines Rallye-Wagens und vorauseilenden Konkurrenten halten. Zwei junge Rallye-Fahrer haben dies einstens außer Acht gelassen und damit ihren Jugendtraum vom eigenen Cabriolet verwirklicht. Sie waren mit ihrem Rallye-Boliden bei einem wichtigen Wettbewerb durch jene nächtliche Stadt gebraust, die sie schon Wochen vorher bis zur kleinsten Straßenbiegung erforscht und „trainiert" hatten. Von einem Tag auf den anderen war jedoch eine Umleitung angebracht worden, die das ganze Rallye-Feld verwirrte. Es ging um ein Hauseck herum und eine lange Allee hinunter. Die vorausfahrenden Wagen verschwanden am Horizont und die beiden jungen Fahrer strengten sich besonders an, dieser Benzin-Hatz zu folgen. Ein Schlußlicht sah der Fahrer noch vor sich. Auf dieses hielt er einfach zu. .,Brems, brems! Laß dich fallen!" konnte gerade noch der Co schreien, als es auch schon krachte. Die beiden hatten sich blitzartig fallen lassen und blickten, nachdem das Fahrzeug zum Stillstand gekommen war, nach oben. Mitten in die strahlend hellen Sterne. Sterne? Dort, wo jetzt die Himmelskörper gleißten, sollte sich ja schützend das plastikbezogene Dach ihres Rallye-.,Geschoßes" über sie breiten. Mit einem Satz waren sie aus dem Wagen. Sekunden lang sahen sie das schicke Cabriolet, das kurz vorher noch eine Limousine war. Das rote Licht, das der Fahrer gesehen hatte, war nämlich das Signal eines geschlossenen Bahnschrankens, der wie ein scharfes Messer das Dach vom Wagen abgeschnitten hatte. Das Auto war auf den Schienen zum Stehen gekommen. Noch ein Blick der beiden hoffnungsvollen Rallye-Cracks und schon formte de1 herandonnernde Zug aus dem Cabrio eine weitaus modernere Blechplastik. Humorlose Menschen nennen so etwas ein Schrottpaket. DREH'N SIE SICH NICHT UM, HERR LOT! Bahnschranken sind der Alptraum der Rallye-Fahrer. Vor allem, wenn sie geschlossen sind. Meistens sind sie gerade dann geschlossen, wenn Rallye-Wagen kommen. Mit enervierender Gemütlichkeit schmelzen hier die Sekunden weg, die vorher in mörderischen Hetzjagden gewonnen wurden. Solch ein· Horror-Monument teilte auch einmal die Strecke der DonauCastrol-Rallye irgendwo in Rumänien. Der Bahnschranken, der hier den Verkehr regelt, wird nur einmal wöchentlich benützt. Wenn der winzig kleine Bummel-Provinz-Hilfszug durchfährt. Es braucht wohl nicht betont zu werden, daß exakt dann, als die ganze Meute röhrender Rallye-Wagen herandonnerte, dieser Zeitschlucker in Tätigkeit trat. Die Wagen bremsten not. Blitzartig erfaßte Merinski, Co in Speedy's Renner, die Situation. Mit einem Tigersprung schoß er aus dem Auto und ergriff auch schon den Schranken. Und prallte fast mit dem ebenfalls springenden „Auge des Gesetzes" zusammen. Dieses „Auge" hatte kräftige Arme und Beine und trat in der Gestalt des schnauzbärtigen Bahnwärters in Aktion. Als dieser nämlich sah, daß Ernst nicht Spaß machte, sondern tatsächlich Ernst, wollte er dies gewaltsam verhindern. Doch der bullige Merinski hievte auch schon den Schranken hoch. Ohne Zaudern, Pflichterfüllung von Scheitel bis Sohle, krallte sich das besagte „Auge" am Schranken fest, um die Hievung zu verhindern. Und schon verlor es jeglichen Bodenkontakt. Denn Merinski hob Bahnwärter samt Schranken behende hoch und ließ die Wilde Jagd durch. Dann ließ er den Schranken einfach aus, sprang ins Auto und schon war er weg. Er drehte sich nicht um, der Bahnwärter, denn er hieß nicht Lot und war starr vor Schreck. Jedenfalls hatte er wieder sicheren Bodenkontakt. 19
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