Aktuell im Betrieb - Heft 1/1970

Teuerungswellen kommen von Zeit zu Zeit immer wieder, wenn auch mit verschiede nen Ursachen. Die letzte hatte deren meh rere: DM-Aufwertung, Lohnrunde und Ar beitszeitverkürzung. Was unsereins gegen die Teuerung tun kann, ist wenig genug: noch überlegter ein kaufen, noch mehr sparen ... Mehr sparen? Die Schlaumeier wissen ein scheinbar besseres Rezept: nicht noch mehr sparen, sondern noch mehr Schulden machen. Das klingt überzeugend, denn wenn schon nicht alles, so doch vieles wird in ein paar Monaten oder ein paar Jahren teurer sein; warum also nicht heute kaufen und erst übermorgen zahlen? Schicken wir eines voraus: Die Behaup tung, daß ,,die" Österreicher ständig über ihre Verhältnisse leben, widerspricht jeder Statistik. Im Durchschnitt ist der österrei chische Haushalt verhältnismäßig wenig verschuldet. Aber Durchschnitte sind tükkisch: Wenn ich die eine Hand auf die glühende Herdplatte lege und die andere in eiskaltes Wasser stecke, müßte ich „im Durchschnitt" in meinen Händen ein woh liges Gefühl haben. Ähnlich ist es bei der durchschnittlichen Verschuldung: Es gibt Millionen Österreicher (besonders der älte ren Generation), die vor dem Schulden machen richtig Abscheu empfinden. Dane ben aber gibt es Hunderttausende junge Ehepaare, die noch viele Jahre lang an den Schulden für die Wohnung und ihre Ein richtung zu tragen haben werden. Es gibt, sicher zu vielen Zehntausenden, die ,,Raten auf vier Rädern": auf Kredit gekaufte Autos. Schließlich gibt es aber auch jene Zeitgenossen, die grundsätzlich alles auf Teilzahlung kaufen — vom Kühlschrank bis zum Trockenrasierer, und die aus dem Läßt sich die Teuei Teufelskreis nie wieder herauskommen: da ihr halber Lohn auf das ,,Abstottern" alter Einkäufe aufgeht, bleibt ihnen nie genug Geld, um neue Einkäufe anders als auf Raten tätigen zu können. Zugegeben, die Geschäftsleute machen ihnen das leicht: in der Auslage steht neben dem Barzahlungspreis des Stereogeräts die so bequem scheinende Teilzahlung, im Ver sandhausprospekt prangt ganz groß die Monatsrate, und der Verkäufer ist darauf gedrillt, den letzten Widerstand des Kun den mit dem Hinweis darauf zu brechen, daß er ja die Summe keineswegs bar auf den Tisch legen müsse. Auf Raten kaufen kann man selbst Wertpapiere, monatlich abstottern auch eine Mittelmeerkreuzfahrt. Herz, was willst du mehr? Mit ein wenig Glück findet man sogar ein Geschäft, das zinsenfreie Teilzahlung verspricht, öb uns das nicht stutzig machen sollte? Geschäftsleute pflegen rechnen zu können, und kein Kredit ist gratis. Nimmt ein Händler für die Beträge, die er uns an geblich zinsenfrei stundet, bei einer Bank Geld auf, zahlt er dafür 8 bis 10 Prozent Zinsen, und setzt er sein eigenes Geld ein, entgehen ihm zumindest jene 7 Prozent Zinsen, die er ohne jedes Risiko kassieren könnte, wenn er mit demselben Geld etwa eine Bundesanleihe gekauft hätte. Logi scher Schluß: Was uns an Zinsen schein bar geschenkt wird,, steckt im Kaufpreis, und als Barzahler bekämen wir die Ware entsprechend billiger. (Verweigert Ihnen ein Geschäft, das zinsenfreie Teilzahlung verspricht, bei Kassazahlung einen kräfti gen Rabatt, gehen Sie eine Tür weiter: Wie kommen Sie als Barkäufer dazu, die überri; Zinsen der Ratenkäufer mitzubezahlen?) Aber einmal abgesehen von fragwürdigen ,,zinsenfreien" Ratenkaufmöglichkeiten: Kommt man nicht noch immer besser weg, wenn man zwar Ratenzinsen zahlen muß, dafür aber noch zum niedrigeren Preis ein kauft? Wir wollen nicht den Kopf in den Sand stecken: Solche Fälle kommen vor, und in Zeiten des allgemeinen ,,Hinaufnumerierens" häufen sie sich. Wenn Ihnen glaub würdig zu Öhren kommt, daß bei der Ware X — nennen wir lieber keinen kon kreten Artikel, sonst bringen wir vielleicht jemand auf Ideen! — eine 20prozentige Preiserhöhung unmittelbar bevorsteht, kau fen Sie besser heute auf Kredit, denn so leicht macht die Zinsendifferenz einen sol chen Preisunterschied nicht wett. Rechnen wir nach: Die Ware möge 3000 Schilling kosten. Wenn Sie 20 Prozent Anzahlung leisten und den Rest von 2400 Schilling in zwölf Monatsraten abstatten, zahlen Sie an Zinsen höchstens 288 Schilling (1 Prozent pro Monat). Dieselben 2400 Schilling mo natlich mit je 200 Schilling angespart, hät ten Ihnen etwa 42 Schilling an Zinsen ein getragen. Zusammen sind das 330 Schilling, die Sie beim Ratenkauf draufzahlen; wenn der heutige Preis der Ware — wir haben ihn mit 3000 Schilling angenommen — in zwölf Monaten um mehr als 11 Prozent (330 Schilling) höher ist, haben Sie folglich als Ratenkäufer die Teuerung überrundet und können sich ins Fäustchen lachen. Nur: Eine mehr als llprozentige Teuerung binnen zwölf Monaten ist auch heutzutage gottlob eine seltene Ausnahme — zumin dest bei jenen größeren Anschaffungen, die man nicht aus dem laufenden Einkommen tätigt, sondern für die man entweder Erspar-

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