Steyrer Ausstellungs Zeitung, Nr. 43, 24. September 1884

Seite 6 Und wenn wir uns fragen: wie wären wir, es ähnlich. „Wir fühlen redten Anwalte unseres Schützlings zu sprechen „wie der Wald mittelbar und unmittelbar einge¬ — um mit einem bewas sind wir geworden ohne den Wald, so ergeyr wirkt hat auf den Charakter, die Sitten und das Gemüth der Nationen, welchen Einfluß er geaußert hat auf die redenden und bildenden Kunste, und wir berühren ein Gebiet, wo wir zwar eine Ahnung ind ein Bewußtsein davon haben, was dem Walde Alles zu verdanken ist, aber ohne eine genaue Untersuchung der geistigen Entwicklungsstufen eines Volkes nicht im Stande sein werden, zu Resultaten zu gelangen, die uns ganz befriedigen konnten." anzudeuten, in welcher Weise sich der Einfluß des Waldes in unserm Geistesleben bethätigt hat. weit zurück über die Grenzen der christlichen Zeit¬ Das Alter der Bäume führt uns nicht selter Ich werde darum auch nur im Stande sein rechnung, bis in das Dunkel vorhistorischer Zeiten, — und es ist ein Gefühl heiliger Ehrfurcht, mit dem wir emporblicken zu diesen altesten, lebenden Zeugen der Erdengeschichte. Kein Gebilde der stolzen Maurerkunst, weder die Pyramiden des Cheops, noch unsere himmelstreckenden Münster hat je die mächtigsten Repräsentanten unserer Baumwelt Urwaldes übertroffen. Cedern des Libanon, welcher heute noch einzelne Exemplare aus Salomons Zeiten bewahrt; an die Eucalypten Australiens von. mehr als .500 Fuß Höhe, an die Kaurisichten Neuseelands, deren Alter Hochstetter auf 1000—2000 Jahre geschätzt hat; man 6000jährige Exemplare fand. an die Mammuthsbäume Amerita's, von denen Ich kann sie hier nur flüchtig ermnern an die überragt, keines hat die gewaltigen Wolbungen des Derlei Baum= und Waldbilder ermoglichen der Wälder in seiner Vergangenheit, in welcher die Keime des Baum= und Waldcultus zu suchen sind. des ursprünglichen Menschen sich aufthaten, dam¬ Aus den gewaltigsten Bildern, die dem Auge uns eine Vorstellung über die Majestat und Große auf. Gemahnt es uns nicht heute noch, als klänge merte der Gedanke an ein hoheres Wesen ihm in den mächtig zwischen Himmel und Erde sich wiegenden Baumkronen das „Werde“ des Schöpfers nißvollen Rauschen des Waldes uns an? im Cultus der Völler stets eine hervorragende Rolle gespielt. Schon in den Schöpfungssagen treten die Bäume als götterbelebte Gestalten uns entgegen So ist es gekommen, daß Baum und Wald noch nach, als wehe sein Odem aus den geheim¬ als Sitz der höchsten Wesen, als Vermittler zwischen Himmel und EErde. So in der nordischen Sage von der Weltesche Yggdrasill, die ihre Aeste üver die ganze Erde ausbreitet, das Firmament halt und trägt; so in dem morgenländischen Mythus von der Palme, die am sechsten Schöpfungstage derselben Erde entsproß, aus welcher Adam ge¬ gesandte Schwester des Menschen betrachtet. halb Europa und besonders über den Westen ver¬ breitet, wo das Druidentynm in poller Bluthe stand. Dem hochausgebildeten Baum= und Wald¬ cultus der Germanen verdanken wir vielleicht heute Mitteleuropa. kein Zweig gebrochen werden; den wilden Thieren sogar wurden diese Orte zur Freistatt, der tampf¬ des göttergeweihten Waldes. sielen, da blieb noch der eine oder der andere eyr¬ würdige Baum, und an seine Stelle trat endlich ein Bildstock, eine Kapelle oder eine Kirche. Solche Statten sind nach Berg der Blocksverg, der Mei߬ ner in Hessen, der Cernibog in der sachsischen Lau¬ sitz und viele andere. Solche Statten sind vielleicht alten Wallfahrtsorten. Der Waldglaube hat sich auch der deutschen Symbolik und Sage, den Bräuchen und Sitten tief eingeprägt, und wenn wir diesen Spuren folgen, manche von unsern heutigen Calvarienbergen und Als mit dem Christenthum die heiligen Hame begierige Jäger bezwang sein Gelust an der Schwelle Kein Baum im hohen Haine durfte gefallt, noch die international=wichtige Bewaldung von Die heiligen Haine waren in der Vorzeit über schaffen ward, und die der Araber als eine gott¬ durch einen edlen Schonheitssinn getennzeichnet. so finden wir sie durch den sittlichen Gedanten, „Steyrer Ansstellungs-Zeitung“ Die Eiche, die Königin der Wälder, ist das Symbol der Stärke, des Sieges; mit einem Eichen¬ bruch schmückt sich der heimkehrende Krieger, schmückt sich der glückliche Waidmann. Slaven ein Volksbaum im wahren Sinne des Die Linde wieder ist bei Deutschen und Wortes. „Die Linde ist bei uns kein Waldbaum“ sagt Masius, „aus der Wildniß ist sie an den Menschen und sein Haus getreten. Im Dorf, auf dem Burghof, am Auell; auf dem Hugel, wo die Schnitter rasten, im Thal, wo die Schalmeien klingen, da ist ihre Stelle. Das ist der Idyllen¬ baum, in dessen luftiger Kuhle die Still=Leben sich zum Spiel und die Alten zu ernster Rede sammeln; das ist die Linde, in deren Schatten der Dichter entfalten, unter dessen Zweigen die Jugend sich traumend sein Leid vergißt, in deren Rinde er die Nachtigall ihn und seine Minne grußt." Dast ein Mittel gegen bösen Zauber. An unsere alten Dorflinden, die all' die Greuel des 30 jähr. Krieges sahen und die Schrecken der Bauernauf¬ Sie haben Jahrhunderte überdauert. Auch in das Gebiet der Sage lassen sich die tande, an sie hat keine ruchlose Hand sich gewagr. Im Volksglauben ist die Linde blitzgefeit, ihr heuren Namen schreibt, aus deren Wipfeldie Faden verfolgen, durch die unser ganzes Fuhlen und Denken mit Baum und Wald verwoben ist. Die Holzfaller hauen Kreuze in die steyen ge¬ bliebenen Baumstöcke, weil die Moosweibchen, die klugen, heilmittelkundigen Frauen, sie darum bitten; der „wilde Jager“ sie verfolgt. Fortsetzung folgt.) Von der entinkyistorischenunssteulung. XVII. „Hin über Meere trägst du deine Waaren, Auf deren Stahl die Volker dort vertrauen“ singt Carl Kaltenbrunner von der schönen Eisen¬ stadt — und mit den Eisengeräthen wollen wir auch heute unsere Umschau in Gruppe VI „Gewerbliche Erzeugnisse aus Metall, Thon, Por¬ zellain, Glas u. s. w.“ beginnen. Die Waffen, welche in früherer Zeit hier geschmiedet wurden, desprachen wir bereits bei Gruppe,III. Hier be¬ merken wir zunächst eine schmiedeiserne Casse (Nr. 1) uf einem solchen Stocke finden sie Zuflucht, wenn besonders hübsch getrieben sind die Schloßdander, in ziemlich reichem Style der deutschen Renaissance; welche weibliche Statuetten bilden; kunstreich und noch gut figurirend ist das Schloß, von innen durch eine Messingplatte-geschutzt, worauf wir den kaiserlichen Adler seyen. Eine andere kleinere Casse bemerken wir unter Nr. 327 mit einem sehr kunstvollen Schlosse; eine einfachere Nr. 10 unterhalb der Bücher¬ stellage; zwei große eiserne, cylinderformige Cassen mit Dornschloß (Nr. 364, 365) stehen am Eingange des Innungszimmers. Reizender sind einige kleinere Cassetten; auf dem Tische, der die Eisensachen der Barockzeit trägt, steyen drei; zwei, einander ganz österreichische Reichs= und das Landeswappen; die andere eine männliche und eine halbverwischte weibliche Gestalt im Costüme des 17. Jahrhundertes; die Bilder des Deckels sind bis zur Unkenntlichkeit verwischt. Eine dritte Handcassette ist ohne figuralen Schmuck. Auf dem Tische, der die gothischen Eisen¬ objecte zur Schau stellt, vegegnet uns unter Nr. 55 nne reizende Cassette mit reicher geätzter Orna¬ mentik, Jagdscenen darstellend; recht einfach, aber alt ist eine Art Opferbüchse Nr. 57. Die erwahnten beiden Tische und die Wandflachen ober denselben bergen zahlreiche Eisenartikel der Gothischen, Nenais¬ sance= und Barockzeit. Wir: wollen aus der Fülle nur einzelne, besonders hübsche Objecte herausheven. ihnliche, sind bemalt. Die eine zeigt vorne das von.134 cm. Höhe, mit gedrehtem Fuße und vier¬ Aus gothischer Zeit stammen zwei Standleuchter eckiger Kropfschale; ein Gittec von prachtige Tech¬ nik verrathender Schmiedarbeit, einfach und zierlich in den Motiven (Nr. 54); Thürbeschlage von seiner Zeichnung (Nr. 44); Thürzieher (Nr. 26, 27, 31) von zierlich durchbrochener Arbeit; ein kleiner, nett ausgeführter Armleuchter (Nr. 51) und ein längerer Wandarmleuchter (Nr. 35). Etwas später sind einige prächtige Schlosser: Nr. 69 mit dem Wappen des Grafen von Kymburg; Nr. 68 mit besonders Nr. 43 reicher Deckplatte: in durchbrochener und gravirter Arbeit sahen wir Thier= und Menschengestalten in naivster Auffassung; die Streisen ober= und unter¬ halb zeigen in lateinischen Capitalen: ANNO. DON. 1593 und SPES. MEVS. EST. CAS. (Meine Hoffnung ist Christus). Seinen geistlichen Ursprung (er entstammt den reichen Sammlungen Krems¬ münsters) zeigt Nr. 66, ein mächtiges Thorschloß mit weitausgreifenden Bügeln; auf der Deckplatte sehen wir in sauberer Graveurarbeit eine Kirche, einen Bischof im Ornate, Christus am Kreuze und Christi Geiselung. Die folgenden Schlösser sind Meisterstücke solidester Gattung; Nr. 64 ein Thür¬ chloß mit kunstvoll durchbrochener mäanderförmiger Führung und dazu gehörigem Schlüssel; Nr. 58, 60, 61, 63 sind Vorhängschlösser größter Gattung, jedes in seiner Art vorzüglich. Reizend sind drei Tischleuchter Nr. 36, 37 und 78, letzterer von be¬ sonders schöner, gedrehter Durchbrucharbeit. Neben dem einfachern Pfannenroste Nr. 81 verdient der zu sehen. Schüsselrost Nr. 82 besondere Aufmerksamkeit; die Platte ist durchbrochen und reich gravirt; in der Mitte sehen wir ein Schiff mit einem Amor; am Rande naive Jagdscenen; dieses Stück ist in Kupfer nachgebildet in der Ausstellung der Kupferschmied¬ arbeiten von Carl Fellerer in der Industriehalle Tische rechts vom Kasten mit den Majoliken. Am Alle diese Gegenstände finden wir auf dem Tische links davon fesselt der Armleuchter Nr. 11, ein Werk der deutschen Renaissance, unseren Blick, ebenso die Tabernakelthür, vergoldete Eisenorna¬ mente auf blauem Grunde zeigend, in der Mitte mit 1HS (Nr. 12); Beweis für das hohe Alter der Sensenindustrie ist eine Sense größerer Gattung aus Spital am Pyhrn mit der Jahrzahl 1572; beachtenswerth ist das daneben stehende Aushänge¬ schild eines Hufschmiedes, eine Figur mit einem Hufeisen in der Hand vorstellend. Außerdem sehen wir hier mehrere hübsche vergoldete Stadtschlüssel, Schlösser, getrieben und tressirt, schon dem Roccoco und Barock angehörig; ein schönes Werk der Roccocozeit ist das Abschlußgitter über dem Ma¬ jolikenschrank (Nr. 12), sowie das über der Zim¬ merthür (Nr. 244); gleich neben letzterem entzücken großere Objecte Platz. Sehr schön sind darunter zwei gezeichneter Schonheit. der Form. uns zwei Glockenständer, Nr. 242 von einfacher, Nr. 143 -von reicher Gliederung, beide von aus¬ Auf dem Gange endlich fanden noch einige Grabkreuze aus der beruhmten Schmiedwerkstatt des Hofschmiedes Lindermair in Spital am Pyhrn; aus dem letzten Drittel des 18. -Jahr¬ hunderts mit reichem Rankenornament, in welches hie und da plastische Figurchen eingestreut sind. Durchgestecktes reiches Rankenornament zeigen die Schildtrager Nr. 375 aus dem 17. Jahrhunderte und das Hufschmiedschild Nr. 367 aus vielleicht dem Anfange desselben Jahrhunderts; schon dem 19. Jahrhundert angehörig ist der Schild des Gasthauses zum Anker (eingegangener Gasthof auf dem Stadtplatze in Steyr). Aus dem schönsten Hause dieses Platzes, dem Gasthause zum gold. Löwen stammt eine Thür (363) mit außerordent¬ lich schonem gothischen Schlosse und Thürzieher von ganz zweifelloser Steyrerarbeit; Schade, daß diese Thür in dem malerischen Hause nur mehr eine Schwester hat. Durch Farbe verunstaltet ist der sehr beachtenswerthe Schlüsselschild der Thür im Stande sind. Dr. Hans Wiamank. achtung unserer Schlossermeister, die ja im Tech¬ nischen des Handwertes so Vorzugliches zu leisten Nr. 362, einen mit dem Schwerte zum Kampf ausfallenden Ritter vorstellend; auch die Thier¬ bänder und der Thierzieyer sind gute Arbeit des 17. Jahrhunderts. Zum Schlusse machen wir noch auf das alte Speisegitter aus der Losensteiner¬ tapelle in Garsten aufmerksam, welches den gothi¬ schen Erker und die zwei nächstliegenden Zimmer in Gruppe V. so malerisch abschließt; es zeigt ein durchzogenes Rankenornament von hoher Eleganz der Zeichnung und verdient deßwegen vollste Be¬

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