Steyrer Ausstellungs Zeitung, Nr. 42, 23. September 1884

Nr. 42 für die vielen Beweise von Huld und Gnade dankte und den Ausstellungs=Catalog, sowie einen Jahresbericht des hiesigen Gewerbe¬ vereines überreichte. Nur mühsam konnte sich der Zug, der die erlauchten Gaste be¬ gleitete, durch die jubelnden Menschenmassen Bahn brechen, als Höchstdieselben Glocken der Firma J. M. Peteler Augenschein nahmen und sodann in Pavillon für Kraftubertragung gingen, wo Herr Generaldirector Wendl die im Betriebe befindlichen Maschinen der Waffen¬ fabrik, Herr Josef Huver an seinem Feindrahtzuge die Fabrikation und den Mechanismus und Herr Ober=Ingenieur Furkowitsch die schnellaufende Dampf¬ maschine erklärte. Nachdem die höchsten Herrschaften noch den Tract für Galvanoplastit einer sehr eingehenden Besichtigung unter¬ zogen hatten, begaben sich Höchstdieselben in die Saxlehnerische Weint ost¬ halle, wo der Vertreter des Hauses Herr Engländer die durchlauchtigsten Herr¬ schaften ehrfurchtsvollst begrüßte und über die Geschäftsverhältnisse des Welthauses über Herkunft der Weine und die Absatz¬ verhältnisse Aufschluß gav. Herr Eng¬ lander erlaubte sich den kais. Hoheiten und deren Gefolge ein Glas Torayer an¬ zubieten, was Höchstdieselven dankbarst an= nahmen und die Gute und Echtheit des Weines in schmeichelhaftester Weise aner¬ tannien. Von hier besuchten Jhre kais. Hoheiten das türkische Cafe des Herrn G. Schnitzar, mit welchem sich höchst¬ dieselben geraume Zeit unterhielten, sich dessen Frau vorstellen ließen und von welchem sie die angebotenen Tassen schwarzen Kaffees huldvollst annahmen. Die höchsten Herrschaften sprachen sich äußerst lobend über das Arrangement der Localitäten aus und verfügten sich unter nicht endenwollenden Jubelrufen der Men¬ chenmassen zu den Wägen um zur Bahn zu fahren. Die Bewohner von Steyr gaven einen neuerlichen Beweis der Liebe und Hingebung für die geliebten Gäste, indem sie die Straßen, die der Zug passirte und die nicht elektrisch beleuchtet sind, illuminirten. Das kleinste Fensterchen zollte seinen Tribut der Loyalität durch ein, wenn auch noch so bescheidenes Lichtchen, die großeren Hanser erstrahlten im Lichtscheine vieler Kerzen und besonders die Häuser der Herren Holderer, Tomi und Göppi prangten im Glanze feenhafter Beleuchtung, prächtiger Transparente und chimmernder Lichtsterne. Am Bahnhofe hatte sich zum Abschiede eine Deputation des Officierscorps der hiesigen Bürgergarde eingefunden und gaben den erlauchten Herrschaften die Herren: Excellenz Baron Weber, Excellenz Graf Lamberg, Se. Durchlaucht Fürst Othe¬ nio Lichnowsky, Burgermeister Georg Poininer mit den Herren Gemeinderathen: Dir. Carl Holuo, Leopold Huber, Dir. Jakob Kautsch, Anton Lanosiedl, Joh. Mayer und Dir. Hugo Divrich, ferner der Obmann des Central=Comites „Steyrer Ausstellungs-Zeitung“ Dr. Hochhauser mit den Mitgliedern des¬ elben Herren Franz Tomitz und Johann Berger, Oberingenieur Kareis 2c. 2c. das Geleite. Herr Franz Tomitz hatte sich die Gnade erbeten, das Bouquet, das die Hof¬ tafel geziert hatte und aus prachtvollen Alpenblumen bestand, zur Mitnahme auf den Bahnhof bringen zu dürfen, was huld¬ vollst gestattet und von Herrn Tomitz be¬ orgt wurde. Se. kaiserl. Hoheit der durchlauchtigste Kronprinz dankte dem Herrn Burgermeister, Herrn Dr. Joh. Hochhauser und Herrn Josef Werndl für die herzliche, liebevolle Aufnahme, sprach seine Bewunderung über die Ausstellung aus, die alle seine Erwar¬ tungen übertroffen habe, und verabschiedete ich herzlichst von den genannten Herren sowie von Sr. Excellenz dem Grafen Lamberg, Sr. Durchlaucht Fürsten Lichnowsky und den übrigen Herren, indem er jedem unter Worten des Dankes und der Aner¬ kennung die Hand reichte. ihre kaiserl. Hoheit die durchlauchtigste Frau Kronprinzessin verabschiedete sich in gleich herzlicher Weise von allen Anwesenden und reichte dem Herrn Burgermeister und Sr. Durchlaucht dem Fürsten Lichnowsky die Hand zum Handkusse. gefährtin des durchlauchtigsten Kronprinzen Um 10 Uhr fuhr der Extrazug vor, und die höchsten Herrschaften bestiegen den Hofsalonwagen, indeß das Gefolge im ansto¬ zenden Waggon Platz nahm. Ihre kaiserlichen Hoheiten erschienen sofort an dem Waggonfenster, grüßten und dankten auf das liebenswürdigste und herz¬ lichste, als sich der Zug unter den lebhaften Hochrufen der Anwesenden in Bewegung setzte. So ist denn der freudige Tag, an dem es der Stadt Steyr gegonnt war, den erlauchten Sprossen unseres Kaiserhauses sammt seiner liebreizenden Gemalin in in ihren Mauern zu beherbergen, voruver¬ geräuscht, und wie dieser Tag ewig denk¬ würdig in den Annalen der Stadt mit goldenen Lettern verzeichnet sein wird, so wird jedem Bewohner unserer alten Stadt unvergeßlich bleiben die Huld und Liebens¬ wurdigkeit, mit der Habsburg's edelster Sohn mit den Burgern verkehrte, das Interesse, das er für Wissenschaft und Fortschritt auf dem Gebiete des Gewerbes und der Indu¬ strie bekundete und die Leutseligkeit, mit der er des Burgers Fleiß und Geschick anerkannte und würdigte. Unvergessen werden jedem Bewohner, die Anmuth, Schönheit, gepaart mit höchster Majestät und Würde, welche die hohe Lebens¬ in sich vereint, bleiben, wie die ungemeine Liebenswürdigkeit und Herzlichkeit, die diesen edlen Charakter auszeichnen. Hochbeglückt darüber, daß es der Stadt gegonnt war, diese schonen Tugenden kennen zu lernen, stimmen wir ein in den Jubelruf: Heil Kronprinz Rudolf Heil Kronprinzessin Stephanie! Seite 3 Zum Montanistentage in Steyr 22. September. (Von Dr. Hans Widmann.) Es ist wahrlich eine eiserne Kette, welche die Lander Oberösterreich und Ober=Steiermark mit einander ver¬ knüpft und der Grenzen nicht achtet, welche die Politik im Jahre 1240 zwischen beiden gezogen, die bisher eins waren. Die Kelten, die Romer, die Germanen ge¬ wannen dort, zwischen den hohen Gipfeln der Kalkalpen in Eisenerz schon das Me¬ tall, das jene in Laureacum — Enns in kaiserlichen Waffenfabriken, diese in Steyr in zahlreichen burgerlichen Werkstatten ver¬ arbeiteten, das von den Romerlegionen mit kräftiger Faust, von den steyrischen Verlegern mit klugem Geschaftsgeiste in die weite Welt geschickt wurde. Uralt und ehrwürdig machen Sage und Geschichte das malerische Eisenerz; schon die alteste Urkunde Steyris, Albrechts 1. Privilegium von 1287 bestimmt, daß das auf der Enns ankommende Roheisen durch drei Tage den Burgern Steyrs zum Kauf angeboten werden mußte. Dieses Stapelrecht chuf die steyrische Industrie, machte Steyr gewerbstüchtig und schuf Reichthümer. Das alte Band zwischen beiden Orten sollte das Jahr 1629 neu festigen; auf Befehl des Kaisers Ferdinand II. wurde die Inner¬ bergische Hauptgewerkschaft gebilder, aus drei Gliedern bestehen, den Rad= und den Hammermeistern als Erzeugern, der Stadt Steyr als Verlegerin. Das Original der ogenannten Capitulation ist aus dem Ar= chive von Eisenerz an unsere culturhistorische Ausstellung eingesendet worden. Es ist ein Buch, in die Pergamenthandschrift eines altslavischen Psalmenbuches gebunden, von den sechs, im Namen aller betheiligten unterhandelnden verordneten taiserlichen Commissaren gesiegelt und unterfertigt; die Namen sind: Hanns Balthasar von Hoyos, Freiherr zu Stixenstain, Gueten¬ tain und Rottengrues, Herrn auf Kreuzen¬ totten, Ritter des h. Ordens St. Jacob della Spada, gehaimber Rath und n.=ö. Kammerpräsident; Maximilian Preiner, Freiherr zu Sturning, Sigmund Kugel¬ mann von Ebenfouß; Hanns Unterholzer v. Kyranichperg; Erhardt Wilhelm v. Cla¬ senau; Johann von Wendensain zu Prand¬ tenperg, Alle Kammerrathe. Geschlossen wurde die Capitulation am 20. October des genannten Jahres 1625; ihr Ende war für Steyr das Jahr 1790. Es wurde zu weit führen den reichen Inhalt dieses Actenstückes hier wiederzu¬ geben. Nur ein kleiner Beitrag zur Ge¬ chichte der Lohne, welche theils in Gelo, theils in Proviant bestanden, möge hier Platz finden. Erstlichen so vill die Huettynecht, Stollheuer vno gemaine Kynecht oder Khappen belanget, denen bleibt ihr wochent= liche Besoldung, wie in der Ad 1599 Jarigen Capitulation begriffen. Als dem Oberhuermann wo¬ chentlich 1 fl.

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