Steyrer Ausstellungs Zeitung, Nr. 38, 17. September 1884

Seite 2 satzes von vorwiegendem Einflusse sind, wendet man auch diesem die größte Ausmerksamkeit zu und darf es nicht unterlassen, über die Holzmassen dieser Bestände und deren Zuwachsverhältnisse genaue Untersuchungen anzustellen. In Forsthaushalten, in denen seit längeren Jahren die seitherigen Hau¬ ungserträge nach Masse und Fläche genau gebucht wurden, geben diese uns einen guten Anhalt. Je¬ doch- werden dieselben meistens nicht ausreichen und heißt es dann im ganzen Forste Prove¬ flächen möglichst auf alle Bonitaten vertheilt auszusuchen und deren Massengehalt und Zu¬ wachs scharf zu ermitteln. Die Probeflachen darf man besonders in älteren Beständen nicht zu klein nehmen, und unter 0•5 Hektaren nicht hinuntergehen. In jüngeren Hölzern dürfte eine Größe von 0•25 = 0•5 Hektaren ausreichen. Die Probeflächen werden genau abgesteckt am meisten in der Form eines Rechteckes, dessen lange Seite in Berglehnen senk¬ recht auf den Schichtenlinien steht. Nun werden olle Stämme, die auf der abgesteckten Fläche stehen, genau mit der Kluppe, Holzmeßzange, wie sie Jedermann bekannt sein dürfte und wie auch mehrere in der forstlichen Ausstellung, ararische Abtheilung, in Augenschein zu nehmen sind, in Brusthöhe, d. h. bei 1•3 Meter vom Boden gemessen. Die gemessenen Durchmesser werden von Centimeter zu Centimeter in einen Abmaßbogen eingetragen und die Durchmessersumme gebildet, welches am besten an einem Beispiele erläutert wird. Auf einer mit 90 jährigen Buchen bestockten Probefläche von 0•5 Hektaren Große hat die Messung z. B. ergeben: Zu 20 Cm. Durchmesser 36.Stämme = 720 2 =1760 = 1633 23 „ = 1464 =1225 = 1170 = 532 „ 28 = 310 N. 30 „ 407 Stämme = 9623 Durchmessersummen. Theilen wir jetzt die Durchmessersumme durch die Anzahl aller Stämme, so erhalten wir in dem Quotienten die Stärke des Mittelstammes, der in diesem Falle 9625 = 23.6 cm. beträgt. Ein Stamm iin dieser Stärke wird aufgesucht, gefall und genau ausgemessen, indem man ihn in kurze Sectionen zerlegt und jede als Walze berechnet. Den Inhalt des schwächeren Ast= und Reisholzes bestimmt man am leichtesten nach dem Gewicht. Dieser Stamm ergäbe einen Inhalt von 0.50 Fem., so steht mithin auf der ganzen Probeflache eine Holzmasse von 407 X 0.50 = 203.5 Fem. Uebrigens begnügt man sich selten mit einem Mittelstamme, sondern nimmt wo möglich mehrere solche, denn auch Stämme von gleicher Staike in Brusthöhe haben fast immer einen verschiedenen In¬ halt. Hätte man 10 solcher Stämme genommen und deren Inhalte durch 10 getheilt, so hatte man viel¬ leicht 0.49 Fem. für den Mittelstamm erhalten und würde dann die gesammte Holzmasse 407X U.49= 199.4 Fem. betragen. Namentlich in Beständen, in denen die Stärke¬ classen weit auseinander liegen, empfeylen sich mehrere Mittelstämme und zwar in der Art, daß man mehrere Stärkeclassen ausscheidet und für jede solche Classe den Mittelstamm ermittelt. Man erhält dann die gesammte Holzmasse, wenn man jeden Mittelstamm mit der Stammzahl der zuge¬ hörigen Stärlenclasse multiplicirt und diese Pro¬ ducte addirt. Die Mittelstämme geben auch gleich¬ zeitig Gelegenheit, Erfahrungen über die zu erwarten¬ den Sortimente und den Festgehalt der Schicht masse zu sammeln. Eine andere Methode der Holzmassenermittlung, die häufig Anwendung findet, ist die nach Form¬ zahlen und Höhen. Unter Formzahl versteyt man nämlich eine Zahl, die das Verhältniß eines Baum¬ inhaltes zu dem Inhalte einer Walze ausdrückt, die denselben Durchmesser hat, den der Baum in Brusthöhe aufweist, und deren Höhe gleich der ganzen Baumhöhe ist, vom Stockavschnitt bis zur außersten Zweigspitze. Ueber die Formzahlen hal man schon ausgedehnte Versuche angestellt und ge¬ funden, daß dieselven nach Alter und Höhe wol „Steyrer Ausstellungs-Zeitung“ verschieden sind, wo aber hier keine großen. Ab¬ weichungen, vorkommen, sich ziemlich gleich bleiben. Nach dieser Methode werden zunächst alle Stämme in Brusthöhe gemessen, dann die Summe der ge¬ sammten Stammgrundflächen mit Hülfe einer Kreis¬ flächentafel ermittelt und-endlich die mittlere Be¬ standeshöhe an geeigneten Stämmen mittelst Höhen¬ messer aufgesucht. Für die Höhenmessungen könnte man auch Fällungen vornehmen lassen, welches man jedoch möglichst zu vermeiden sucht. Hat man nun Stammgrundfläche, die mittlere Bestandeshöhe und das beilaufige Alter erforscht, so nimmt man sich aus einer Formzahltafel die Formzahl heraus und multiplizirt alle drei Factoren miteinander. Wäre im voranste henden Beispiele die mittlere Bestandeshöhe 22m., die Formzahl 0.56, so würde die gesammte Holzmasse, da die Stammgrund¬ flächensumme 18.05 m. beträgt, gefunden werden zu. 18.05X22X0.56=222.4 Fem. Jodoch mit der Kenntniß der vorhandenen Holzmasse können wir uns nicht begnügen, wir wollen auch wissen, wie groß der Zuwachs ist. Die Ermittelung des Zuwachses ist ener der schwierigsten Theile der Holzmeßkunde, die Ansichten gehen hier weit auseinander und gibt es dem entsprechend viele Methoden, die zum Ziele ühren sollen. Da dieselben meistens mehr oder weniger complicirt sind, so kann es nicht im Rahmen dieser Arbeit liegen, auf dieselben naher einzugehen. Es kann hier nur noch hervorgehoben werden, daß in neuerer Zeit über diesen Gegenstand bereits viele sehr exacte Untersuchungen angestellt sind, deren Resultate man vergleichend für die Zuwachsschätzung verwerthen kann. Der Zuwachs wird gewöhnlich in Procenten der ganzen Holzmasse ausgedruckt. Sind nun eine hinreichende Anzahl von Be¬ standesproben, besonders in den älteren Beständen aufgenommen, so wird für den einzurichtenden Forst eine sogenannte Localbestandestafe! aufgestellt, die sich jedoch nur auf die älteren Bestände zu erstrecken braucht und den Massengehalt und Zuwachs für die Flächeneinheit nach mehreren, z. B. 5 Boni¬ täten, angibt. An der Hand der Einschätzungsskizze und der Localbestandestafel beginnt jetzt der Taxator die eigentliche Schätzung, indem er jeden Bestand nach Masse und Zuwachs anspricht. Einzelne in Schlägen vertheilte Bäume und kleine lückige Altholzreste werden am besten nach dem Augenmaß geschatzt, wenn man es nicht vorzieht, dieselben stammweise zu messen. Die Erg=bnisse der Bestandesaufnahmen werden in die Bestandesbeschreibung, auch Taxationsregister genannt, eingetragen und auch etwaige Notizen ür die künftige Bewirthschaftung beigefügt ov z. B. eine baldige Durchforstung wunschenswerth ist, ob Reinigungsbiebe eingelegt werden müssen, ob wegen Eingängigkeit der Abtrieb eines Bestandes dringend st 2c. Die Bestandesbeschreibung enthalt mithin Daten über alle inneren Waldzustäude, die für die Einrichtung und Bestimmung des Hiebssatzes be¬ nöthigt werden. Sie erhält gewöhnlich eine tabel¬ larische Form, wodurch sie seyr übersichtlich wird. Nach vollendeter Bestandes-Aufnahme, die haufig noch Veränderungen in den Karten zur Folge hat, wird zunächst eine provisorische Be¬ tandeskarte angefertigt. Da sie den Zweck hat, von den ganzen Bestandes=Verhältnissen eines Revieres uns ein übersichtliches Bild zu geven, so trachtet man darnach, den Maßstab so klein zu machen, daß sie auf einem Blatte Platz findet. Sie wird gewöhnlich im Maßstabe 1: 10.000 bis 1: 20.000 angefertigt und ist eine Verkleinerung der Original¬ karte, die entweder mit Hilfe eines Plantographen oder auf photo-lithographischem Wege vorgenommen wird. Die Verschiedenheit der Holzvestände wird durch Farben bervorgehoben. Nadelholz und Laub¬ holz erhalten verschiedene Farben, altes Holz er¬ halt dunklen Farbenton, jüngeres bleibt licht. In den in der forstlichen Ausstellung ausge¬ legten Karten ist das Nadelholz meistens in Tusch, Laubholz in brauner Farbe angelegt, und die ver¬ schiedenen Farventöne geven das Alter an in Ab¬ stufungen von 20 Jahren. Hiermit wären nun die taxatorischen Arbeiten jeschlossen und waren jetzt 3. noch Einiges über die Feststellung der außeren Forst¬ verhältnisse zu sagen. Unter diesen sind es besonders die Servituten, die den Betrieb oft seyr einschränken. Das Recht dritter Personen auf Hoiz, Streu, Weide, Gras Nr. 38 2c. ist seiner Ausdehnung nach genau festzustellen Dann sind ferner die Absatzverhältnisse und Holz¬ preise zu erforschen, damit man genau weiß, welche Sortimente am meisten begehrt werden und wofür man die höchsten Preise erzielt. (Fortsetzung folgt.) Der Wald in seinen Beziehungen zur materiellen und geistigen Cultur. (4. Fortsetzung.) Der Walderniedrigt also die Tages¬ temperatur. Anders bei Nacht. Der vegetations¬ lose Boden strahlt nach Sonnenuntergang sehr rasch seine Wärme aus, Boden= und Lufttemperatur wer¬ den alsbald einander gleich. Im Walde wird dieser Vorgang durch das Laub gehemmt. Wenn Sie in einer Sommernacht aus dem Freien in den Wald treten, wird Sie eine wohlthuende Wärme empfan¬ gen, und wenn Sie bis zum Morgen verweilen, werden Sie es fühlen und mit dem Thermometer messen können, wie sich allmälig der Ausgleich zum entgegengesetzten Zustande vollzieht. Der Wald erhöht also die Nachttem¬ peratur. Aehnlich verhält es sich mit den ein¬ zeinen Jahreszeiten. Der Wald hält dem Gesagten zufolge die Sommerwärme langer fest, er mildert insbesondere die zu Beginn des Winters auftreten¬ den kalten Nord= und Nordostwinde und vermittelt durch denselben Proceß, welcher im Sommer am Avend und Morgen in seiner Nahe sich vollzieyt, den Uebergang von der wärmeren zur kalteren Jahreszeit und umgekehrt. Allein es wirkt nicht jeder Wald gleich intensiv. Der ast= und blätterreiche Laubholz=Hochwald wird unter allen Umständen mehr leisten, als der Nadel¬ wald, als der Mittel= oder Niederwald. Ich brauche Ihnen kaum noch auseinander zu setzen, von welcher Bedeutung diese Einwirtung des Waldes fur die Culturfähigkeit eines Landes oder einer Gegend ist. Aus diesen Thatsachen vermogen wir uns zu erklaren, wie es gekommen, daß in mehreren Gegenden Schwedens, wo in neuerer Zeit riesige Waldreviere der Axt verfielen, der Frühling nach dem Zeugnisse von Absjionsen um zwei Wochen pater als im vorigen Jahrhunderte beginnt. So ist es getommen, daß das Clima von Madrid, welches noch zu Carl V. Zeiten als ein sehr mildes gepriesen war, heute inmitten des waldentbloßten Landes wegen seiner unvermittelten Temperatur¬ wechsel ein höchst ungünstiges geworden ist. So hat es die Entwaldung verschuldet, daß in den Karstgegenden der Weinbau, in den Alpen¬ landern der Getreidebau zuruckging, und daß in vielen Gegenden die Obsteulturen nicht mehr gedeihen. Weniger geklärt ist die Sachlage bezuglich des Waldeinflusses auf die Zusamensetzung der Luft. Die Pflanzen hauchen Sauerstoff aus, der ur Menschen und Thiere unentbehrlich ist, letztere geben Kohlensaure ab, welcher wieder die Pflanze zu ihrem Aufbaue bedarf. Man sollte also anneh¬ men, daß die Walder durch die starke Sauerstoff¬ exsaltation ihrer Blattflächen bei Tage einen ent¬ cheidenden Einfluß auf die Zusammensetzung der Luft ausüben, und wir haben im Walde immer auch die Empfindung des Genusses einer reineren, auerstoffreicheren Luft. Allein der Chemiter wird uns entgegnen, daß die Luft über der Sahara, dem Ocean und dem dichtesten Urwald nahezu das gleiche Maßverhaltniß von Stickstoff und Sauerstoff aufweist. Es scheint aber die Ausgleichung zu rasch zu erfolgen, um die Vorgange durch Experimente sicher zu stellen. Bestimmter macht sich der Einfluß des Waldes auf die Luftfeuchtigkeit, die Regelung und Vert heilung der Niederschläge, die Erhaltung der Quellen und den Stand der Binnen¬ gewasser geltend. Ich habe schon früher gezeigt, wie der Wald die atmosphärischen Niederschläge aufnimmt und festhält. Die einzeinen Wassertheilchen erreichen hier, von einem beschleunigten Verdunstungsprocesse un¬ behelligt, den Untergrund des Waldbodens, wo sie die verschiedenen Hohlungen ausfüllen, sich mit andern Wassern vereinigen und als Queuen zu Tage treten. Diese sind es, welche den Thälern das velebende

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