Nr. 32 Festzuge, der sich durch die Gleinker= und Sier¬ ningergasse über den Hauptplatz bewegte und um 2½ Uhr auf dem Ausstellungsplatze anlangte. Nach genommener Aufstellung begann das Schauturnen unter folgender Betheiligung: An den Eisen¬ stabübungen: Aus Linz 20, Urfahr 5, En¬ gelhartszell 3, Krummau 5, Waidhofen 3, Steyr 22 Turner und 34 Lehrlinge; am Geräthe=Turnen: aus Steyr 22 Turner in 2 Riegen und 34 Lehr¬ linge in 4 Riegen; am Turnen einzelner Vereine: aus Linz 11 Turner in 1 Riege; am Musterturnen: aus Linz 11 in 1 Riege, aus Steyr 10 in 1 Riege; endlich am Kurturnen: aus Linz 3, Krumman 1, Ischl 1, Steyr 9 Turner und 20 Lehrlinge. Die, Anwesenheit der Turner des Ostmark¬ und westböhmischen Gaues ist ein erfreulicher Be¬ weis für deren Gefühle der Zusammengeyorigleit mit den Turnern unseres Gaues, was der hiesige Verein zu würdigen und bei Gelegenheit zu er¬ wiedern wissen wird. Auffällig war die geringe Betheiligung der Vereine des oberösterreichisch=salz¬ burgischen Gaues, da Vereine wie Salzburg, Wels und Ried, die doch eine bedeutende Anzahl Mit¬ glieder zählen, mindestens je eine vollständige Riege hätten senden können. Leider trübte sich gegen Ende des Schauturnens der Himmel, es fing an zu regnen und hielt die ungünstige Witterung auch am folgenden Tage an Das Wettturnen am Montag mußte daher auch in den Turnsaal verlegt werden, wozu sich eine ziemliche Anzahl Zuseher eingefunden hatte. Hiever errang sich Herr Josef Buchbergeraus Steyr mit 50½ Punkten den 1. Preis, Herr Herm. Brucker aus Ischl mit 49½ Punkten den 2. Preis, Herr Carl Wirglauer aus Steyr mit 46½ Punkten den 3. Preis, Herr Holzinger aus Krummau mit 4212 Punkten den 4. Preis, Herr Carl Po¬ wischer aus Steyr mit 397 Punkten den 5 Preis, Herr M. Preußer aus Steyr mit 39 Punkten den 6. Preis. Als Kampfrichter fungirten die Herren: August Augustin, Turnlehrer in Graz, Josef Feuerstein, t. t. Professor in Krummau, August Pichler, hiesiger Turnleyrer und Gauturnwart. Während der Berechnung der Punktzahl naym der Turnlehrer mit den Lehrlingen zwei Stabübungen, jede mit 16 Tactzeiten vor, welche vom Anfang bis zum Ende mit einer Präcision ausgeführt wurden, wie man sie sich nicht besser wünschen tonnte. Zum Schlusse hielt Herr Angustin eine An¬ sprache an die Turner und Lehrlinge, ihnen alles Lob über ihre Leistungen ertheilend, und besonders hervorhebend, daß sich ihm während seiner Anwesen¬ heit bei dem Schau= und Wettturnen die Ueber¬ zeugung aufgedrängt habe, daß Herr Pichler dem ihm bekannten Turnleyrer wurdig an die Seite. gestellt werden könne. Das technische Programm und die Aussuhrung nte der Turnrath mit voller Beruhigung dem Turnlehrer und Gauturnwarte, Herrn August Pichler überlassen, welcher bereits hinlängliche Beweise seiner Tüchtigkeit in diesem Fache geliefer hat, und der Erfolg bewies, daß es teinen geschick¬ teren Händen überlassen werden konnte. Das zahl¬ reiche Publicum folgte dem Verlauf mit steigendem Interesse, und anwesende turnerische Autoritaten bezeichneten die ganze Anordnung als volltommen gelungen. Bewunderungswürdig waren die Leistungen der Lehrlinge durch ihre gute Schulung, welche das richtige Verständniß und die ausdauernde Be¬ mühung des Turnlehrers hinlänglich darthun. Der serein kann sich glücklich schätzen, einen Mann als Lurnlehrer zu besitzen, welcher jene Altersclasse heranzuziehen wußte, der diese Leibesübung am meisten noththut und die ihr ganzes Leben hin¬ durch an den Früchten zehren wird, welche das Turnen zeitigt: — Ganz Vorzügliches leisteten vei dem Musterturnen am Sprungti=ch 11 Türner aus Linz, woraus sich auf die große ersprieß liche Thätigkeit dieses Vereines schließen läßt. Festrueipe. Am Sonntage fanden sich Abends sammt¬ liche Turner, die Gesangvereine „Kränzchen uno „Liedertafe!“, sowie eine große Anzahl von Turnfreunden mit ihren Familien und frem¬ den Gästen in Eiselmeyr's Casino ein. — Um 8 Uhr eroffnete der Vorstand Dr. Seidl die Fest¬ „Steyrer Ausstellungs-Zeitung mneipe, welche einen außerordentlich animirten Ver¬ lauf nahm. Vorzügliche Reden wechselten mit den ausgezeichneten Vorträgen der Gesangsvereine ab, 1 die Zwischenpausen füllte die Wiener Musik=Capelle aus und in der freudig bewegten, gehobenen Stim¬ mung schwanden den Anwesenden die Stunden nur auzurasch Den Reigen der Reden eroffnete Herr Ober 1 realschuldirector Berger, der im Namen des Cen¬ tral=Comité's die fremden Turner willkommen hieß und in meisterhafter Rede den körperlich und geistig fräftigenden Einfluß des Turnens bei der Erziehung beleuchtete. — Sodann dantte Vorstand Dr. Seidl den Gästen für ihr Erscheinen, gab ein Bild der Entwickelung des deutschen Turnwesens und wies namentlich darauf hin, wie großen Antheil die Begründer des Turnens an der Entfaltung des Patriotismus, an der Kräftigung der deutschen Na¬ tion und an ihrer endlichen Befreiung aus jahre¬ langer Fremdherrschaft genommen. Turner Bergmann (Linz) erwiederte im Namen der fremden Turnvereine den Dank und begluckwünschte den Steyrer Turnverein zu den ernsten, erfolgreichen Streven, das ihn seit Jahr ausgezeichnet. So habe schon im Jahre 1865 der damalige Vorstand Dr.=Reinhart die Veranlassung zur Vereinigung der overosterreichischen und falz¬ burgischen Turnvereine gegeben, so habe in neuerer Zeit der Verein die Pflege des Zögling=Turnens mit Eifer in die Hand genommen und dasselbe au eine Stufe gebracht, welcher jeden anderen Verein zi gleichem Streben anregen musse. Reichsrathsavaeordneter Herr Franz Wick¬ yoff brachte in zundenden Worten den Deutscher in Oesterreich ein Hoch, die sich in treuer Anhäng¬ lichkeit an Kaiser und Reich die Stellung- wieder erobern werden, welche ihnen kraft ihres Patriotis¬ mus, ihrer Bildung und ihres Besitzes in Oester¬ reich zutommt. Turner Smirsch (Baden) pries den deutschen Geist in den Turnvereinen. Feuerwehr=Obercommandant Wilhelm Klein brachte im Namen der Feuerwehren den Turn¬ vereinen ein Gut Heil, als den Begrundern und den Vorschulen der Feuerwehren. Turner Feuerstein, k. k. Professor aus Krum¬ man, trank auf das Wohl der Damen. Die Vorträge und Reden fanden lauten Bei¬ zu sturmischer Begeisterung riß aber Wick¬ yoff's Trintspruch die Versammlung hin, die sich wie Ein Mann erhob und das „Deutsche Lied anstimmte. Als gegen 11 Uhr ein Großtheil der fremden Turner ihre Rückreise angetreten hatte, schloß Vor¬ tand Dr. Seidl die officielle Kneipe, aber es war Mitternacht geworden, als der Saal sich leerte. Wir glauben, daß Jedem, der daran Theil genom¬ men, die Festkneipe der Turner in angenehmster Er¬ innerung bleiben wird. Tagesnenigleiten vom Heste. Steyr, 7. September. Zur Benchlung. Es har sich oas ab= ichrlich erfundene oder unavsichtlich ent= tanoene Gerucht verbreiter, oaß vie cul¬ turyistorische Ausstellung vor dem 30. Septemver geschlossen werde. Dem jegenuver sino wir vom Centralcomire der Ausstellung beauftragt zu erklaren, daß vereits vor Beginn der Ausstellung norhigen Schritte gethan wurden, daß ver Schulbeginn im Burgerschulgebäude, in dessen Raumen die cutrurhistorische Ausstellung untergebracht ist, hinausgeruct weroe, uno hat die hohe Schulbehoroe ven Schulbeginn auf den 5. Octover ver¬ legi. Die culturhistorische Ausstellung bleior demnach vis zum 30. September o. J. dem Befnihr ge¬ offnel, an welchem Tage sie zugleich mit der elettrischen, Tandes=Inoustrie= uno Horstausstellung geschlossen wiro. Seite 3 Zum Festschießen am 14., 19. und 10. September. Wir sind in der Tage nitzutheilen, oaß die taiserliche Spende ur dieses Schießen oerart eingetheilt wuroe, jaß der Silverbecher im Wertye von 150 fl. als erstes, 15 Ducaten als zweites ind 10 Ducaten als orittes Best auf der Inventionsscheibe eingereiht wurden, vorauf dann die im Einlabeschreiven ve¬ reits verannt gegevenen 12 Geloveste folgen. Fur eine Ehrenscheive wurden 12 Beste aufgebracht, und erscheint daselbst als erstes Best ein feiner Burschstutzen, oann 4 Du¬ taten, 3 Ducaten u. s. w. Ausorucklich mussen wir vemerten, daß dieses Festschießen nicht, wie wir immer irrig angegeven haven, am 10., 10. und 17. Septemver, sonoern nach Angave des Einlabeschreivens am 14., 15. und 16. September auf der Waffen¬ fabrits=Schießstatte abgehalten wiro, uno. beginnt oasselbe Sonntag oen 14. 0s. Mets. um. 9 Uhr Vormittags. Eine Verlangerung für den Fall der Noth¬ wenoigteit wiro vorbeyalten. Besuche. Der Viceaomiral ver 1. 1. osterreichischen Marine Georg Ritter v. Millosicz ist heute um 2 Uhr Nachm. zur Besichtigung der Ausstellung in Steyr ein¬ jetrosfen uno im Hotel Eiselmeyr aogetiegen, wo sich auch Dr. Freiherr v. Mundy, welcher von Genf gerommen ist, einquartiert hat. Vortrag. Herr Dr. Freiherr v. Munoy, welcher zum Besuche unserer Ausstellung hier weilt, hat sich üver Er¬ suchen des Central=Comite's vereit erklart, morgen Mittwoch oen 10. dS. Mts. um 11 Uhr Vormittags im Turn¬ gale des Burgerschul=Gebaudes einen Vortrag über nachfolgendes yoch¬ interessante Themä zu halten: Die Er¬ olge der Versuche in Wien, Al¬ dersyor (Englano) und Gens, mir elettrischem Lichte Schlachtfelver zur Nachtzeit zu beleuchten, um die Tooten zu woentificiren und oronungs¬ gemaß zu begraven, den Verwunderen. aber die erste Hilfe zu bringen und dieselven nach oen Vervanosplatzen zu transpor¬ tiren. Auf diesen hochstinteressanten jach= männischen Vortrag machen wir unsere Leser ganz besonders aufmertsam, damir le sich diesen geistreichen Genuß nicht ent¬ geyen lassen. Im ersten Stocke des Jnonstric=Palats it seit gestern ein kleines Wunder von einer Maschine zu sehen. Es ist dies eine Miniatur der Schanofsky schen Familien=Nahmaschine, com= plet wie letztere ausgerüstet. Dieselbe arbeitet voll¬ kommen correct, wenngleich das Gestell kaum 180 mm. hoch und 70 mm. breit ist und die Länge des Tisches 210 mm. die Breite 140 mm. betragt. Die Größe der ganzen Maschine ist der vierte Theil von der Große der Muttermaschine, welche wir bereits beschrieben haben. Die Feinheit und Solidi¬ tat der Arbeit, sowie der correcte Gang der Ma¬ chine ist der beste Beweis, was Kunst und Er¬ findungsgeist zu leisten vermag. Wenn wir nur den winzigen Selbstabspuler und das 14 mm. lange und 4 mm. breite Schifschen, in dem sich die Mi¬ maturspule besindet, naher in's Auge fassen, gibt uns dies allein schon ein Bild von der Schwierig¬ teit dieser gediegenen Arbeit. Dieses Objeet war gestern der Gegenstand zahlreicher Besichtigung.
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