Steyrer Ausstellungs Zeitung, Nr. 30, 6. September 1884

Nr. 30 Von der Iuousirie-Ausstellung. Das von der hiesigen Firma Christian Röckl in der Industriehalle ausgestellte Clavier von Oeser aus Wien, wie ein Har¬ monium der Ersten Productiv=Genossen¬ schaft in Wien, bilden zwei Ausstellungsobjecte, welche bis nun zu noch nicht eingehend gewürdig wurden. Es sind wirkliche Pracht=Instrumente, welche volle Beachtung verdienen. Die Firma Deser hat sich binnen kurzer Zeit unter den Clavierbauern Oesterreich's einen beachtenswerthen Namen gemacht was das hier zur Schau gestellte Instrument auch vollständig rechtfertigt. — Maßgevende Fachmanner, wie die Herren: Professor Kremser, Chiba, Lustig (vom Wiener Männergesang=Vereine), der Pianist Herr Weeber, der Virtuose Rossi, wie die Pianistin Frau Melichar u. s. v. A. haben dem schonen außerst elegant geformten und ausgestatteten Instrumente alle Anerkennung gezollt, und sich besonders lobend über dessen Tonfülle und reiche Modulationsfayig¬ keit ausgesprochen. Es ist auch wirklich ein selten schones, gutes und preiswürdiges Instrument, in dessen Tasten sich zu versenken ein wahrer Genuß ist. — zierliche Harmonium, dessen großen vollen ausge¬ glichenen Registern und orgelhaftem Tone die Herren Organisten von Steyr, Gmunden, St. Florian und n. m. A. volles Lob spendeten, bildet zu dem Claviere ein würdiges Seitenstück, und macht diese kleine, außer Preisbewerbung steyende S—r. Exposition zu einer recht gelungenen. „lektrische Mistellen. Daß auch Elektricität durch Wärme und Kälte erzeugt wird, beweisen uns die Thermo¬ säulen, welche aus Antimon= und Wis¬ muthstäben zusammengesetzt sind und aller¬ dings keinen starken elektrischen Strom geben. Bei weiteren Verbesserungen wäre auch das Er¬ langen eines starken Stromes möglich. Man könnte im Winter die älußere Kälte und die Körperwärme zur Erzeugung eines Stromes in der Thermosäule benützen, um eine kleine Glühlampe mit 4 bis 6 Volt. zu beleuchten. Wie hübsch würde sich dieses Lämpchen am Hals¬ kragen der Wintermäntel ausnehmen, stark genug, um eine Zeitung lesen zu konnen und ein kleines Stück des Weges zu beleuchten. Wie viele Gaslaternen und Bogenlampen würden dadurch bei Stadtbeleuchtungen erspart bleiben, nachdem Jedermann selbst als Glühwurm oder Jo¬ hanniskäfer umherwandeln würde. Es ware gewiß ein reizender Anblick in den Großstädten, so viele Glühlichter auf der Straße zu seyen. Weckerbett. In der preußischen Stadt Kassel ist gegenwärtig eine interessante Sehenswürdigkeit am Wall ausgestellt, das elektrische Weckerbett, welches, je nachdem die Uhr gestellt wird, zu jeder beliebigen Zeit den Schläfer weckt und diesen, falls er nicht von selbit auf¬ steht, schließlich in drastischer Weise dazu zwingt. Der Verlauf des Weckens ist nach der „K. Ztg. folgender: Zunächst ertönen zwei Glocken einige Zeit, während ein in der Nähe des Bettes stehen¬ des Licht sich entzündet. Bald darauf wird dem zaudernden Schläfer durch unsichtbare Kraft ur¬ plötzlich die Schlafmütze vom Kopfe gezogen; zu gleicher Zeit wird durch Elektricität eine unter einer Kaffemaschine steyende Spiritus¬ lampe angebrannt. Die Töne einer Spiel¬ dose sind eine weitere Mahnung zum Aufstehen¬ Da die Musik nichts hilft, ertönen nochmals die elektrischen Glocken. Als, letzte Warnung steigt an der Seite des Bettes ein Zettel mit der schriftlichen Aufforderung „Nraaus! empor. Der Nichtbeachtung dieses Wortes folgt alsbald die Strafe: Der unverbesserliche Schlafer wird einfach aus dem Bette geworfen. Tagesnengleiten vom Feste. Steyr, 5. September. Das Conceri der Gesellschaft ver Musilfreunde in Stehr, welches am 3.. September, auf den Ausstellungsplaße starkfano, brachte ein Programm, welches wir „Steyrer Ausstelungs-Zeitung bereits mitgetheilt haben, und oas oiesmal weniger glücklich gewählt war, es befanden sich sozarte, feinfuhlende Stucke in demselven, welche nur in einem. geschlossenen Raume ich Gelrung erringen, aber, im Freien nicht den Effect erzielen, den sie eigent¬ lich verdienen; ubrigens war der Vortrag der Stucke, wie wir dies vei diesem Ver¬ eine schon gewoynt sino, sehr correct uno regelrecht, und tamen die Flugelhorn=Solo eyr schon und gur zum Ausdrucke, sowie auch der „Kronungs=Marsch“ aus „dem Propheten“ trefflich execurirt wurde. Jeoen= falls hat uns der Verein ein paar recht angeneyme Stunden verschafft, fur die wir thm seyr oantpar sino. Die. St. Poliner Stadicapelle, die sich einer allgemeinen Believtheit erfreut, verlaßt uns auf drei Tage, indem sie auf Gruno eines früher eingegangenen Ver¬ trages für den d., l. uno 8. Septemver in St. Polten zu dem oort tagenden Feuerweyrfeste engagirt ist. Wayrend dieser Zeit wird sich raglich von 5 vis 10 Uhr Abenos uno vei schonem Wetter auch von 11 bis 12 Uhr Vormittags die vortreffliche Capelle des unis: Burgercorps horen lassen. Programm der Burgercorps=Capelle fur Samstag den 6. Septemver: 1. „Fest¬ Marsch von A. Klemm. 2. Kuß=Walzer aus dem „lustigen Krieg“ von Joh. Strauß. 3. Ouverture zu „Königslieutenant" von Em. Titl.. 4. „Bruder Studio“, Polka tranç. von Ed. Strauß. 5. „Der Abschied vom Dirndl“, von A. Absenger. 6. Pot¬ pourri aus „Boccaccio“ von F. v. Suppe. 7. „Frauen¬ berz", Polka=Mazur von Josef. Strauß. d. „Der fidele Christl“, Marsch von J. Lorenz. 9. Ouver ture zur Oper „Barbier von Sevilla“ von J.=Rossini. 10. „Dedications=Quadrille“ von Ferd. Schubert. 11. Gavotte aus „Gascogner“ von Fr. v. Suppe. 12. „Hoch soll er leben", Polka schnell von Py. Fahrbach. Das Concert, welches morgen (Samstag) in Eiselmeyr's Casino. um 1 Uhr Abenos von. dem bestrenommirten Cello=Birtuosen Herrn Max Miederberger im Ver¬ eine mir der ausgezeichneren Pianistin Frau anny Melichar uno dem vorzuglichen Biolinisten Herrn Nudolf R. v. Fritsc unter freunolicher Weitwirtung der tuchnig geschutten Steyrer Liedertafel statt= sindet, ist geschaffen, einen Sammelpunti der Musikfreunde und fremden Gaste zu bilden und glauden wir, daß sich das P. T. publicum diesen Genuß nicht versagen uno recht zahlreich erscheinen werde. Uever das Concert=Programm sieye Iuserar. Zu dem Sangerfeste am 13. und 14. 0. M., das sich, wie wir in unserer vorgestrigen Nummer ausführlich verichter, einer sehr regen Berheiligung erfreuen uno an 1000 Sanger zahlen wiro, sind neuer¬ dings Anmeldungen eingelangt. Die Wander=Bersammlung des overosterreichischen Forstbereines wiro am 9. uno 10. o. M. in Steyr ragen uno ist mir höchstinteressanten Vortrugen verbunden. Es halt am 9. o. M. um 11 Uhr Vormitags Herr 5. t. Overforst¬ meister Dimiß den Vortrag über das Seite 3 Thema: „Der Walo in seinen Beziehungen zur materiellen uno geistigen Cultur. Das Programm folgt im Inseratentheile unseres heurigen Blattes. Die deuisch=osterreichischen Turn= vereine richten am (. uno 8. d. M. ihre Hauturnfährt nach Steyr. Wir wunschen, daß ihr Verweilen in unserer Meitte von ganz besonders gunstigem Wetter begleiter sein moge, damit einerseits oas interessante Schauturnen, auf oas sich vereits Jung und. Alt freut, abgehalten werden tann, und anderseits das Renoezvous, oas sich unzählige Turnfreunde in unserer Staor gegeben haben, angeneym verlaufe. Permanente Gewerbe=Aussteuung. Der Vorstano des Gewervevereines Franz Tomitz ersucht die Herren Aussteller in yrem eigenen Interesse, ihre Adressen uno Preiscourante bei ihren Ob¬ ecten aufzulegen, um den vielen Nach¬ ragen der p. t. Besucher der Perma¬ nenten Ausstellung genugen zuronnen. Die bestrenommirte Wiener Volks¬ sangergesenschaft Kriebauer nno No= war wiro ihr Gastspiel am 11. 0. M. eroffnen und in den funf darauffolgenden Tagen absolviren. Wir konnen zu vieser vorzuglichen Acquisition dem Comite nur jratuliren uno das Puolicum auf oiese Proouctionen, die wir, wie schon gemelder, der Munificenz des Herrn. Ludwig Wernol zu veroanten haven, ganz ve¬ onders aufmerksam machen. Die tunstrirte „Gartenlaube“ bringt in ihrer letzten Nummer eine sehr hubsche Illustration von Steyr mit der Ansicht von den Waffenfabrits¬ objecten aus und begleitet dieselbe mit einem hochst schmeichelhaften Artitel über unsere Stadt und deren Umgebung, sowie über die gegenwärtige Ausstellung. Bei der großartigen Verbreitung dieses weltberühmten Journales hat das ehrende Zeugniß der „Gartenlaube“ einen ganz besonderen Wert. Irulttelon. Shantasie uno Wähtyett aus dem Reiche der Elertricitat von Ernst Hromada. (Fortsetzung.) Richard hatte während der Zeit die Wobnung seines Freundes erreicht, eines jungen Ingen ieurs, der gerade beschäftigt war, mit seinem Telephon die Opernvorstellung im Scalatheater zu hören. „Gid Dein Telephon weg, und beantworte mir meine Fragen. Wer ist dieses reizende Geschöpf?“ Der Ingemeur, welchen wir kurzwegs Charles nennen, chüttelte sein Haupt, griff seinem Freunde an die Stirne, und rief: „Richard, ich glaube, Du dist verruckt?“ „Möglich!“ „Nun, Dein Geschmack ist ein zuter, das Mädchen heißt Irene Villmer, ist eine Französin und hier als Sängerin bei der Oper engagirt, willst Du sie hören, gleich kommt ihre Arie, ich, überlasse Dir in Gottes Namen mein Telephon, odwol ich mich auf den Kunstzenuz freute.“ Hastig griff Richard nach den Schaltrichtern und hörte den Wohlklang einer wunderbaren Stimme. Nicht die Stimme allein war's, die das Ohr des Lauschers entzückte, es lag eine Seele da= rin, die mitsang. Charles legte eine Hand auf die Schulter seines Freundes und schaute ihm besorgt in die hellen Augen, welche jetzt vor Entzücken strablten. „Wär mir leid um Dich, armer Junge, wenn Du auch in die Hande jener Sirenne kömmst. Schon

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