Steyrer Ausstellungs Zeitung, Nr. 29, 5. September 1884

Nr. 2! schnittlich 418 Stunden. Nechnet man für Zinsen, Reparatur und Amortisation 20 pCt. des Anlage¬ capitals, so ergibt das für 9800 M. auf 3 Mo nate 490 M.; der Kohlenverbrauch für 14 Pferde¬ stärken betrug 5520 Kg. = 40,40 M.; der auf die elektrische Einrichtung entfallende Antbeil an Löhnen betrug 167,60 M.; Verbrauch an Schmieröl 20 M.; Koblenstifte wurden verbrannt für 457 M.; so kosten 6690 Std. elektrisches Licht 1175 M. Es kostet somit eine elektrische Lampe die Stunde 17,6 Pf. In dieser Anstalt ersetzt eine Bogenlampe gerade 13 Gasslammen. Rechnet man den Kosten¬ preis einer Gasflamme die Stunde im Großvetrieb nur zu 3 Pf., so kosten 13 Gasslammen die Stunde 39 Pf., das diese 13 Flammen ersetzend elektrische Licht kostet nur 17.6 Pf. In 6690 Brenn¬ stunden kostete die Gasbeleuchtung ebemals 2069 M., die das Gas ersetzende elektrische Beleuchtung kostet für dieselbe Zeit 1175 M., es wurden somit durch Einführung des elektrischen Lichtes in drei Mo¬ naten erspart, 1434 M. Dieses Ergebniß muß selbst gegenüber dem Umstande als ein sehr gunstiges erscheinen, daß die Kosten für Anschaffung und Abnutzung der Dampfmaschine außer Rechnung gelassen wurden. Die Permanente Gewerbeunssteuung in Steyt. Wahrend gewöynlich solche Gewerve¬ ausstellungen, über deren eminenren Nußen fur die Fortbiloung unseres Handwerkes und unserer Inoustrie ein Wort zu verlieren üverflussig sein ourfre, die notywendige Folge der Wirksamtei eines Gewerbevereines sind, war es in Steyr umgeteyrt. Hier wurde ourch die Thatigkeit eines fur das Emporkommen seiner Vaterstadt mit allen Kraften und dem hingevenösten Eifer wirkenden Wannes, des Movelhanolers und Kleidermachers Hrn. Franz Tomitz, vereits im Jahre 1878 eine „Permanente Ausstellung von Erzeugnissen der steyrischen In¬ dustrie“ veranstaltet, deren weitere Er¬ haltung erst der im Jahre 1879 ourch des ovenerwahnten Franz Tomitz Feuer¬ eifer zustanoegerommene Gewerveverein übernaym, dessen erster Vorstano er gegen¬ wartig. noch ist. Angesichts der Exposition oberosterreichischer Firmen im Ausstellungs= palais und in der Inoustriehalle ourfte es als überflüssig erscheinen, auch noch in der Permanenten Gewerbeausstellung zu er niren oder dieselbe zu besuchen. Dem ist aber nicht so; einmal zeigt die Permanente Gewerbeausstellung Manches, was oort nicht zu seyen ist, so oie vom höhen k. k. Handeisministerium gespenoere, der k. k. Fach= schule für Stayl= und Eiseninoustrie an= gehörige Sammlung von Wertzeugen für Lederer und Sattler, Zeug= uno Zirtel¬ schmieowaaren uno große Zeugschmieo= waaren — musterhafte Arbeiten in Form und Ausfuhrung. Auch die osterreichische Waffenfabrik hat ihre vorzuglichen Ge¬ wehre und Geweyrbestanorbeile ansgestellt vom höhen r. t. Hanoelsministerium ist ferner eine Unzahl von Sensen und Sicheln, dem Gewerbevereine zum Geschenre gemacht, in instructiver Weise zusammengesteut zu eyen, die jeden, auch Nicht=Fachmann in= teressiren muß. Bezuglich der anderen Aussteller wollen wir uns die Nennung von Namen, sowie Lov oder Tadel ersparen. Jever har in seiner Art Gures zu exponiren gesucht und „Steyrer Ausstellungs-Zeitung“ fur die was nicht oas geringste ist — allgemeine Ausstellung nicht oas früher hier Exponirte verwender, sondern Neues geliefert: Nur Einer har eine Ausnayme jemacht!. Neues ist auch oazu gerommen, o eine Ausstellung von Majolika-Imitation in Gyps, Draytoursten, ein Richtschwert, eine eigenryumliche Kaffeemuhle u. ogl. Auch ein orientalischer gestickter Teppich und evensolche Schuhe uno Pan= toffein, owie einige Gegenstanoe alter¬ tyumlichen Charatters haven hier einen nicht unpassenden Platz gefunden. Wir konnen oeßhalv mit voller Be¬ friedigung auch von dieser Ausstellung, die auch Se. Wajestat der Kaiser oer Ehre seines Besuches theilhaftig machte, scheiden und wunschen ihr eine gebeihliche Fort= entwicktung und steten Zufluß neuer Krafte.. Diese zu gewinnen, jene zu erreichen wiro der Permanenten Gewerveausstel¬ lung unter der Leitung Tomitz; sicher gelingen. I ... .. . . . . Nl. Stenographische Ausstellung. VIII. Einen neuen Glanzpuntt vietet uns die Collection stenograpyischer Damen= Hano=Arveiten, ausgeführt theils von Mitgliedern oes stenograpyischen Vereines Steyr, kheils von den eyrwuroigen Schwestern vom yl. Kreuz in Steyr, auf der vom Nibelungenliede rechts liegenden Wanoflache und dem oaransroßenoen Wanotische. Die Wanoflache ziert die zum Stenographen¬ isch geyörige außerst zierlicht, gestickte Tischoecke, und namentlich ist es oas Co= lorit, welches außeroroentlich anspricht owie die Aehren=Partien neost den Kern¬ punkten der Blumen, welche unsere Auf¬ mertsamteit fessein, die in Seioenstickerei gegeven, sich in vorzuglicher Weise zu Gunsten oes Ensemoles avyeven uno von der Geoulo und Ausoauer der mir vielem yleiße und Verstanoniß burchgeführten Lieblingsarbeit das sprechenoste Zeugniß jeven. Das Wort „Willkommen" ist auch in dieser Tischoecke das Mitkelstuck und nimmt sich, ausgeführt in stenograpyischer Blumenschrift, ganz prachtig aus. Wir wurden dem Stenographen=Verein Steyr gratuliren, wenn zu dem von oemselven vereits angerauften Stenograpyenrisch nevst dem in Nr. 3 unserer Berichte besprochenen yußteppich auch diese Tischoecke in oessen bleibendes Eigenthum uvergeyen wuroe. Uns ountt es eben, daß diese drei Stucke erst das volle Ganze uno den Concentra¬ kionspunkt des einheitlich ourchgeführten Ausstellungsplanes des Stenographen=Ver¬ eines Steyr bilber. Irulttelon. Shantasie uno Währheit aus dem Reiche der Elertricitar von Ernst Hromada. Wohin ist die alte gute Zeit! Sie dunkt uns wohl nur meyr wie ein Marchen, woyin die Post¬ Seite 3 kutsche, der Postbote? Es lag recht viel Poesie in diesen Dingen. Wie lange wird es noch dauern, und wir blicken auf die eisernen Rosse der Jetztzeit, die mit ihren Riesenschleiern Berg und Wald ver¬ hüllen und glutsprühend mit pfauchendem Athem in die Ferne fliehen, alle Hindernisse nehmend durch Brücken, Viaducle und Tunnels — nur in der Erinnerung mehr zurück. Die Zeit des Dampfes scheint mehr und mehr schwinden zu wollen, vor einer neuen Epoche des Jahrhunderts stehen wir, vor der Zeit der „Elektricität“. Alle Länder nehmen an dem Wettkampf des Fortschrittes, jener Wissen¬ schaft Theil, im vollen Bewußtsein, wie viel es noch zu erringen, noch zu untersuchen gibt. Auch im Lande der Kunst, im orangenson¬ nigen Italien, hat jene Wissenschaft einen guten Eingang gefunden, einzelne Straßen und Geschafte n Mailand werden allabendlich elektrisch beleuch¬ tet, besonders der herrliche Domplatz gibt ein im¬ posantes und großartiges Bild. Es ist bereits die elfte Stunde Nachts. Verlassen wir den lärmenden Corso, die nach Abkuhlung suchende Volksmenge, die vielen Cafe's mit ihren kleinen Tischchen, be¬ setzt von lachendem und plauderndem Volke, begeben wir uns in die Via san Pietro d'all Orto und suchen dort ein nettes Häuschen, da bewohnt im zweiten Stock eine kleine Wohnung ein Maler. Das nette und elegant ausgestattete Gemach laßt uns außer Zweifel, daß es nicht nur die Hande des jungen Malers sind, welche hier schaffen, sondern daß auch zarte Frauenhande sinnig die verschiedenen Vasen und Kunstgegenstande ordnen. Der junge yubsche Maler heißt Richardo Verdi, führt einen weltberuhmten Namen, wenn er auch selbst kein Tondichter, so hatte er doch manche Dichtung. in Farben schon ausgeführt, manchen Preis bei Kunstausstellungen erworben. Marietta heißt die Tochter seiner lieben guten Hauswirthin, die emsig seine Gegenstände ordnet und manchen frischen Strauß duftender Blumen in eine Vase steckt. Sollte es man ihr auch verargen, daß sie an dem blonden Deutschen Gefallen findet? Das heiße Blut der Italienerin spricht aus jedem Blick, aus jeder Geberde; und ein Herzensgeheimniß kann sie viel schlechter verbergen, als eine Tochter unserer kühleren Landschaften. Richard liegt auf seinem Divan, vor sich eine Menge von Porträts aufge¬ stellt, lauter bluhende rosige Gesichtchen, es ist eine Sammlung von Mailander Schönheiten, welche er von einem Collegen zur Durchsicht empfangen hat. Das kleine Gemach wird mit einem Luster mit Gluhlichtern beleuchtet und dieses erleichtert ihm sehr seine Arbeit. Da auf einmal entschlüpft seinen Lippen der Ausruf „Beim Himmel, die ist schön!“ Es war aber auch ein reizender Studienkopf und zwei klare rabenschwarze Augen blickten heraus, wie überhaupt im schwarzen Auge sich die Freude wie der Schmerz so schön spiegelt. Ein schönes Bild übt über jeden Kunstsinnigen seinen Zauber aus, je länger die Betrachtung, je mehr wird man mit den Linien desselben vertraut; das Bild schien auf den Maler einen tiefen Eindruck zu machen, er verließ eilig mit demselben seine Gemacher und eilte zu seinem Freunde, von welchen er die Bilder erhalten, um so bald als möglich über den Aufenthalt des Dri¬ ginal's in's Klare zu kommen Marietta saß bei ihrer Mutter in der Nebenwoynung des Malers und las ihr ein¬ zeine Capitel aus Vantes „Hölle“ vor, sie war mit ihrer Vorlesung schon in die tiefsten Ringe der Unterweit eingedrungen. Die alte Frau faltete die Hände, und hörte aufmerksam auf die Leiden der Elenden und Verworfenen, und auf die Schön¬ heiten der Verse des großen Nationaldichters. Ganz wo anders aber waren die Gedanken Mariettas. Sie las die Stellen mechanisch, sie traumte daneben von einem kleinen Häuschen in der Brianza, weit entfernt von der lärmenden Stadt, ein kleines Gärt¬ chen davor und Citronen und Mandelbaume, die vor gluhenden Sonnenstrahlen schützen; dort wollte sie mit dem leben, den sie in ihr Herz geschlossen, in ihr reines sehnsuchtsvolles Herz; und der bis jetzt ihrer nicht geachtet. Mädchentraume sind tief und innig, aber zart wie eine Rose; ein einziger Sturm und ihre Knospen sind entblattert. (Fortsetzung folgt)

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