Steyrer Ausstellungs Zeitung, Nr. 25, 31. August 1884

Nr. 25 Cellist aus der veruymten Teipziger Schule und seinem Rufe nach ein Meister auf seinem Instrumente. Man ruymt dem jungen Kunstler eine vollendete Technit, einen großen breiten Ton, besondere Ge¬ dantentiefe und warme Empfindung in seinem Spiele nach, Eigenschaften, welche bei einem seiner Concerte von Erzyerzog Albrecht ruckhaltslose Anerrennung und Belobung sanden. — Wie wir verneymen, beavsichtigt Herr Niederverger dieser Tage hier zuconcertiren. Wir vegrußen dieses Unternehmen mit Vergnugen uno glauben, daß der kunstsinnige Toeil der Bevolkerung unserer Stadt die Gelegenheit. einem gediegenen, durch die Mitwirtenden — man nennt uns unter Anderen auch Frau Melichar — noch interessanteren Cello=Concerte beiwoynen zu konnen, nicht unbenutzt voruvergehen lassen wiro. Musitprogramme. Uniformirte Burgercorps=Capelle am Aus¬ stellungsplatze. Sonnrag den 31. o.: 1. Erzherzog Heinrich=Marsch von J. Tanda. 2 Natalitza-Walzer aus „Apajune“ von C. Millocker. 3. Königslieutenant=Duver¬ ture von Em. Titl. 4. Nach Herzenslust, Polta française von A. Melaun. 5. Variationen für zwei Flugelyorner von Fero. Schuvert. 6. Glücklich ist, wer vergißt, Polta mazurta von Joy. Strauß. 7. Ouver= ture zur Oper „Martya von F. Ev. Flotow. 8. Dedications=Quaorille von Ferd. Schubert. Stefanie=Gavorte von Alf. Czibulka. 10. Mein Steyrerlano, Lied von E. Schmolzer. 11. Hoch soll er leven, Polka schneul von Py. Fäyrbach. 12. Hoch Habsburg, Marsch von I. Kral. — Montag den 1. Septemver: 1. Kaiser=Jubel=Marsch von J. E. Heiden= elder. 2. O schoner Mai, Walzer von . Strauß. 3. Fest=Ouverture von Fr. von Suppe. 4. Die Urrainerin, Polta rançaise von Ed. Paßte. 5. Pilgerchor aus „Tannyauser“ von R. Wagner. 6. Froysinn, Polta Mazurta von A. Weinreeb. 7. Wallonen-Marsch von I. Asvoty. 8. Potpourri aus „Boccaccio von Fr. von Suppe. 9. Pandecten=Quaorille von Ed. Patzte. 10. Der Villacher=Postillon von Ty. Koschat. 11. Auf uno oavon, Polta schneu von Ed. Strauß. 12. Bin= dovona-Marsch von Komzar jun. St. Poliner Stadt=Capelle Sonntag den 31. August: 1. Hochzeits = Marsch aus „Sommernachts= traum" von Mendelssoyn. 2. Ouaorille naa Motiven aus Millockers Opererte: „Der Bettelstudent“ von Ed. Strauß. 3. Ouver¬ türe zur Operette „Leichte Cavallerie von Suppe. 4. Wo Lust uno Freude woynen, Walzer von Ed. Strauß. 5. Türrische Schaarwache, Tonstuck von Michaelis. 6. „Fledermaus", Polta franc. von Joy. Strauß. 7. Potpourri aus der Opererte „Der lustige Krieg von Joy. Strau߬ 8. Fragmente aus der Opererte: „Die Glocken von Corneville“ von Planquerte. 9. Tiebesgruß, Polta Mazurta von J. Klimsch. 10. Nächtlicher Gruß, Tied von Storch. 11. Freut euch des Lebens, Walzer „Steyrer- Ausstellungs-Zeitung.“ 12. In Oester¬ von Joy. Strauß. reich's Gauen, Märsch von 55. Klimsch Montag den Septemver: 1. Rivoli=Marsch von T. Roty. 2. IndigoAuaorille von Joy. Strauß. 3. Ouverture zur Oper „Stradella“ von Flotow. 4. Kunsilerleben, Walzer von Joy. Strauß. 5. Nocturne von J. Klimsch. 6. Nimm sie yin, Polta franc. von Joy. Strauß. 7. Confusius, Potpourri von J. Klimsch. 8. Rudolfsklange, Walzer von Josef Strauß. 9 Entreact und Tied aus der Oper „Haust" von Gounoo. 10. Die schone Polin, Polka Mazurka von Millocker. 11. Im Sturmschrikt, Polka schneu von Joy. Strauß. 12. Furs Vaterland, Marsch von Millocker. Der officielle Ausstellungs=Kara= log finder einen so großen Absatz, daß bereits eine zweite Auflage veranstaltet werden mußte. Es ist auch dies ein Be¬ weis, welches lebhafte Iuteresse unsere Ausstellung allenkhalben findel. Peunetoll. Erirphon uno Iuikkophon. Referat über den Vortrag von Professor Dr. Maximilian Weinberg aus Wien. Zu den interessantesten Gegenständen der Steyrer Ausstellung gehort sicher auch das Tele¬ phon, jenes Instrument, das William Thomson, als er im Jahre 1877 die erste Nachricht davon nach England brachte, das „Wunder der Wunder“ nannte. Oozwar der Frankfurten Pyysiker, Pyilipp Reis, bereits im Jahre 1861 ein Instrument dieses Namens vorfuhrte, welches musikalische Töne in unvollkommener Weise auf weitere Entfernungen übertrug, so gebuhrt doch dem in Boston lebenden Schotten Alexander Grayam Bell das unbestrittene Verdienst, enes wunderbar einfache und dabei äußerst voll¬ kommene Telephon erfunden zu haben, das sich gegenwartig vereits einer so vielfachen Verwen¬ dung erfreut. Das Bell'sche Telephon beruht auf jenen Principien der Induction elettrischer Ströme durch Magnete („Magneto=Juduckion“), welche im Jahre 1831 der beruhmte englische Physiter Michael Faraday, der sich vom Buchbinder¬ lehrling zum großten Experimentator aller Zeiten aufgeschwungen, entdeckte. An dem einen Pole eines kurzen Stabmaguetes sitzt eine aus seinem, übersponnenem Kupferdraht gewickelte Inductions spirale und vor derselben eine dünne elastische Membrane aus weichem Eisen, welche an ihrem Amfange an einem passenden Schalltrichter fixirt it. Die Drabte der Spirale führen zu einem in veliebiger Distanz aufgestellten zweiten, ganz jleichen Iustrumente, so daß man einen ge¬ chlossenen Stromtreis erhält, der beide Spiralen in sich jaßt. Sowie die Membrane durch Tone oder gesprochene Worte in Schwingungen gerath, wodurch diese weiche Eisenmasse in wechselude Entfernungen zum Magnetpole kommt. entstehen in der Spirale Indutionsströme, de sich in der Leitung zum zweiten Telephon - dem Empfan¬ ger — foripflanzen. Je kraftiger die Schwin¬ gungen des Diaphragmas sind, desto stärtere Strome werden in den Spulen und in der Linienleitung erzeugt, aber stets entspricht die Zayl dieser Strome der Schwingungszahl der Membrane. Die wahrend der Thatigkeit des sendenden Tilephons in der Leitung sich fort¬ pflanzenden elektrischen Wellen verändern den Magnetismus des Empfangers, indem, sie je nach ihrer Richtung, dessen magnetische Kraft verstarken oder schwachen. Die Folge davon ist, daß oie Membrane dieses zweiten Telephon's Seite 3 eine starkere oder schwächere Anziehung erfahrt und vermoge ihrer Elasticität in Schwingungen geräth. die mit jenen des Senders isochron sind. Das Telephon gibt am anderen Ende der Lei¬ tung die übertragenen Tone und Laute nicht blos mit voller Dentlichteit, sondern auch mit der in¬ dividuellen Klangfarbe wieder. Da bei dem ein¬ fachen Bellschen Telephon Sender und Em¬ pfänger ganz dieselbe Einrichtung besitzen, so kann jedes derselben beiden Zwecken dienen oder, mit anderen Worten, man kann mittelst zweier durch einen Leitungsdraht verbundener Apparate hinüber und heruber sprechen. Diese Zusammen¬ stellung beider Instrumente bietet uns demnach ein schönes und einfaches Beispiel der elettrischen Kraftubertragung. indem die Bewegungen der Membrane durch Inductionsströme auf die andere ubermittelt werden. Nach dieser Beschreibung der Wirkungsweise des ursprünglichen Bell'schen Telephons be¬ spricht der Vortragende die Veränderungen und Verbesserungen, welche dieses Instrument im Laufe der Jahre erfahren. Es werden die Tele¬ phone von Siemens, Elisha Gray, Fein und Böttcher beschrieben und sowol durch Wandtafeln, als auch zum Theile an Ausstel¬ lungsobjecten der Wiener Firma H. W. Adler E Comp. näher erlautert. Die Uebertragung des Schalles erfolgt, was die Form der Schwingungen anbelangt, bei dem Bell=Telephon ganz vollständig; bezüglich der Intensitat fiadet jedoch in Folge des Wide stan¬ des der Leitung eine Schwächung statt, die mit der Entfernung wachst. Dies ist die Uisache, weshalb die Elektrotechniter fur die Zwecke der Praxis Apparate ersannen, welche statt der auß r¬ ordentlich schwachen Iuductionsstrome des Bell schen Telephons Batteriestrome verwenden. Das Magnet=Telephon dient auch hier als Hor=Appa¬ rat, doch als Sender dient das nach anderen Principien construirte Mikrophon („Traus= mitter", „Contact=Telephon“ u. s. w.) Bezüglich der Erfindung dieses Apparates gebuhrt die Prio¬ rität den beiden Deutschen Cail Berliner in Boston und Dr. Ludtge in Berlin, welche unabhangig von einander im Jahre 1877 (vor Hughes und Edison) dieselbe Idee ausführten. Sie bedienten sich dabei des im Jahre 1856 von dem Franzosen Dr. Moncel entdeckten Princips. Geht nämlich der elektrische Strom durch den Berührungspunkt zweier Körper, so schwankt die Intensitat desselben je nach der Größe des Be¬ rührungspunttes dieser Körper. Mit der Ver¬ anderung dieses Druckes geht eben eine Verau¬ derung des galvanischen Widerstandes an dieler Stelle Hand in Hand. Es handelt sich also blos darum, solche Veränderungen des Beruhrungs¬ druckes durch die menschliche Sprache bewirken zu lassen. Ist dies geleistet, so wird ein gewohn¬ liches Bellsches Telephon diesen undulirenden Strom wieder in Schellschwingungen umsetzen können. Am besten eiquet sich zu dieser Art von telephonischem Uebertragungsapparat präparirte Kohle, das beißt selche, welche durch passende Mittel für den Strom leitend gemacht wurde. Der Redner erwähnt hierauf das einsache Mitrophon von Hughes, das sich Jedermann aus drei Kohlenstabchen selbst erzeugen kann und weist auf dessen hohe Empfindlichkeit hin. Jum Verständniß der bei den gebräuchlichen Mikro¬ phonen angewendeten Iuductionsspiralen werden die Gesetze der von Faraday entdeckten „Volta¬ Fuduction“ kurz besprochen. Sodann erfolgt die Erklärung des Berlinerschen „Pendel=Trans¬ mitters" sammt allen Nebenapparaten, welche sich an den von J. Berliner in Hannover ausgestellten vollständigen Telephon=Stationen befinden. Mit dem Hinweis auf die Vorzuge des in Deutschland und Amerika bereits start verbreiteten Berliner'schen Transmitters und der Besprechung des mehrcontactigen Mitrophous von Ader, dessen Verbreitungsbezirk namentlich rantreich ist, endete nach anderthalbstundiger Dauer der interessante Vortrag, dem das zahl¬ reich anwesende Auditorium mit großer Aufmerk¬ samkeit folgte und ihn mit lebbartem Beifalle aus¬ zeichnete.

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