Steyrer Ausstellungs Zeitung, Nr. 16, 21. August 1884

Nr. 16 Ein. Theil der Helmvarten entstammt dem stadtischen Zeugyause in Graz, wurde aber in der Nahe der Staot Steyr, in der Waffenschmiede in Sulz¬ vach bei Neustift erzeugt, wie die noch im Lanoesarchive in Graz aufvewahrten Rechnungen veweisen. Diese eye¬ malige Waffenschmiede ist noch jetzt Schmiede. Besonders charatteristische Formen nicht nur der Helmbarke, sondern auch des Spießes sind in den Fensterbrustungen aufgestellt; so zwei Heimvarten nach der Angabe Kaiser Maximilians 1. (Nr. 184), eine Schweizerische Glafe (Nr. 186) aus dem 15. Jahry., in ähnlicher Form wor schon in der Schlacht vei Sempach (1380, gebraucht, ein Blattspieß (Nr. 188), zwei Saufedern (Nr. 189, 191) unc endlich ein sogen. „voymischer Oyr¬ loffel“ — eine Partisane großerer Gat¬ tung, deren Gestalt auf die Hussitenzeit zuruckgehen soll. Der alteren Zeit geyoren an die Streittolven (Nr. 104); länger im Gebrauch waren die Reiteryammer 101); die alteste derartige Waffe ist der Streithammer (Nr. 178), welcher aus dem 13. Jäyryunderte stammt; als Muster einer Streitaxi kann Nr. 102 dienen. Zu den älteren Fernwaffen geyoren die Armbruste; zwei Stucke (Nr. 170, 17 und mehrere dazu gehorige Pfeile hangen an der Wand, welche der Ennser Schild ziert; ein Muster im Kleinen (Nr. 120) liegt im Glaspulte daneven. Die Fern¬ waffe der Neuzeit ist die Feuerwaffe. Die systemätische Entwicklung der Hanofeuer¬ waffe zeigt eine Collection, welche das Museum Francisco-Carolinum in Linz ausgestellt, Herr Verwaltungsraty Postoffi¬ zial J. Straverger mit großer Sach¬ tenniniß georoner har. Da seyen wir zu¬ nachst die alteste Form der Hanofeuerwasse, das Petrinal, Faustroyr ooer Hanotanone (Nr. 120), ein 20—60 cm. langes Eisenrohr, das eine Ende in eine Spiße ausgeschmiedet, mit einem Zunoloche das ist Alles! Noch seyr plump, aber doch chon eine Holzschaftung seyen wir in r. 119. Noch lange muß man das Pulver mit der Lunte entzunden, das plumpe Gewehr beim Abschießen auf die Gavel¬ stange legen; dies illustriren Nr. 110, 114, 115; endlich erfindet man das Feuerstein=, Kieß=, Flint= oder Raoschloß, mit welchem der durch das Anschlagen des Feuer¬ teins an den Stahl erzeugte Funte das Pulver in der Pfanne entzunden muß. Beispiele alterer Form sind Nr. 110, 117, 111; man vereinigt wol auch Rao- uno Luntenschloß wie vei Nr. 109 oder bringt der Sicherheit des Effectes wegen ein doppeltes Radschloß an, wie vei der Pistole Nr. 112, oder doppelten Hayn, wie ver k. 113. Das Auftommen des Gebrauchs der Bajonette zeigt uns Nr. 117; das Bajonett wird ursprunglich in den Gewehr¬ lauf gesteckt, wodurch die Fern= zur Näy=, die Feuer= zur Stichwaffe wiro; erst au¬ malig wurde es so eingerichtet, daß der eine Zweck den anderen nicht veeinträchtigt. Das mächtige Raoschloß war für kunst= „Steyrer-Ausstellungs-Zeitung.“ lerische Ausstattung leicht zugänglich und evenso der Schaft des Geweyres. Die Kunst des Ciseleurs, des Graveurs, des Aeters, des Schnitzers u. s. w. fand reiche Gelegen¬ heit, sich in ganz hervorragender Weise zu enifalten. Wie einsi Helm uno Härnisch, Schwert oder Helmbarte, so wurde jetzt das Feuergeweyr Gegenstano der Tievyaverei der Vorneymen. Der Schaft wurde runst¬ voll eingelegt; man verrachte Geweyre, wie die um Nr. 87, dem vorzuglichsten der¬ selben, gruppirten, aus den reichen Samm= Sammlungen Sr. Durchlaucht des Fursten Starhemberg. Welche Fülle von reizenden Motiven und Details! Oder aber die Arbeiten an den Schlossern nicht olos außen an der sichtbaren Seite, ondern auch im Innern, wie an den Schlossern Nr. 128 zu seyen, die Tauschi= rungen an den Royren, wie bei Nr. 127 die vergoldeten Messingbeschlage, die Form des Schaftes, — welche Menge von Studien¬ oojecten, von denen beinähe jedes einzelne, um es genugend zu wurdigen, hier meyr Raum beanspruchen mußte, als wir der Gruppe uveryaupt einraumen konnen: Wir wollen däyer auch der zäylreichen, evenso in Form wie Ausführung interessanten Pistolen nur gedenten, auf die zähllosen Pulverflaschen, Aufschuttfläschchen, Bandeliers mit Pulverpatronen, nur einen Blick werfen — Nr. 158—19, 91—94 verdienen besondere Beachtung — und nur zweier eigenthumlicher Waffen noch er¬ wäynen, von denen wol nie prattischer Gebrauch gemacht wurde, die aber außer¬ ordentlich huosch und zierlich sino: Der Fotos (Nr. 98) mit einer Radschloß pistole in Bein und Perlmutter eingelegt Eigentyum des Fürsten Staryemverg, uno des yöchst zierlichen kleineren, äynlich ausgestatteten Fotos (Nr. 175) aus den Sammtungen von Louis v. Boschan in Achleithen. An Pferdegebissen, Steig= bugeln u. ogl. ist eine große Anzayl vor¬ yanden; schon ist ein Geviß mit Original¬ riemenzeug aus dem 10. Jähryundert Nr. 179); ein turtisches Wallgeweyr Nr. 10*), Hanomuylen, Pechtranze, Tunten, im Corridore des ersten Stockes zwei Feloschlangen von Steyr, an den Wanden der Corridore zählreiche Bauernwaffen konnen wir uns stüchtig betrachten. Dagegen wollen wir zwei Gatkungen von Oojecten in einem nächsten Artikel besprechen: die Fäynen uno die Sammtung vosnischer Geweyre des Herrn Finanz=Landes=Direckors, Hofraly v. Cyrist in Linz.* Dr. Hans Wiamann. *) Berichtigung. Bei Besprechung von Hruppe VIII wurden irriger Weise die beiden Meßlleider Nr. 46—48 und 50 -52 der Stadt pfarrkirche Steyr zugeschrieben, während das Kloster Wilhering die Gilte halte, dieselben ur Andstellung zu senden; ebenso ist auch das Postotule Nr. 178 nicht Eigenthum des Kloners Lambach, sondern St. Florians. Anges-Erruigkerten vom Geste. Steyr, 20. Angust. Se. tais. uno konigl. Apostolische Majestat unser guligster Monarch haben dei Aller= Seite 5 yöchstihrem Verlassen Steyr's dem kaiserl. Rathe und Burgermeister Herrn Georg Privat- Pointner aus Alleryochsten mitteln den Betrag von 2501 fl. yuld¬ vollst zu üverweisen geruhr nno die Ver¬ theilung dieser großmuthigen Spende an stachbenannte Humanitats-Anstalten angeordnet: Stadtarme 1000 1l. 2. Kleintinderbewahranstalt 200 11. Schutzanstalt für verwahrloste Kinder 200 II. 200 fl. Städtische Krankenhars. Waisenhaus 100 11. Freiwillige stadt. Feuerwehr 100 11. 1. Kreuzschwestern am Berge für Krankenpflege 100 fl. St Coloman=Thurmbauverein 300 I1. 9. Arbeiter Unterstutzungsverein 300 11. In Summa. 2500 Il. Außerdem wurden von der Cabinets¬ Kanzlei Seiner t. und. t. Apost. Majestar dem Herrn t. t. Stattyaltereiratye und bezirtshauptmanne Carl Zimmerauer fur die Armen der nachbenannten Ortsgemein¬ den und zwar: Bad Hal 400 fl., Martt und Tand Kremsmunster 200 fl., Neu¬ hofen 200 fl. und Sierning 200 fl., also jusammen 1000 fl. als allergnadigste Spende aus Älleryochsten Privatmitkeln uvergeven. Der Herr Handelstammer =Prasident I. E. Wimyolzl ist am 19. d. M. mit meyreren Kammerrathen der Handels¬ Gewerbe=Section hier angetommen und wurde circa 8 lihr Fruy vom Handels¬ kammerrathe Herrn Alois Kraft uno dem Vorstande des Gewerve=Vereines perrn Franz Tomitz freundlichst em¬ pfangen. — Sofort wurde die Besichtigung aller Ausstellungs=Objecte vorgenommen und Mittags ein Diner im Hotel Eisel¬ meyr veranlaßt, welches die Zufriedenheit aller Geladenen fand. Bom Kaiserschießen. Se. Maje¬ stat haven Herrn Carl Holuv als Oberschutzenmeister der hiesigen Schutzen¬ Gesellschaft zur Hoftafel beizuziehen geruyr. Herr Holub erschien am Abende am Schußenstande uno machte diese Wittyeilung, sowie daß er Sr. Majestat den Dant der Schutzengeseulschaft für die brillanten von Sr. Majestät gespendeten Beste aussprach, welche Wittyeilung von den anwesenden Schutzen auf das dantbarste und in ve¬ geisterter Weise begrußt wurde. — Das Kaiserschießen verlief auf das Ani¬ mirteste, geschossen wurde mit den vor¬ züglichen Armeegeweyren, welche sich sammt uno jonders als Pracisionsgeweyre ausgezeichneter Leistung heraussteuten, oo der Feino im Lande ware. Herr Dr. Hofner als Schutzenmeister dantte seiner Schlußrede Sr. Majestat erstem Forderer des Schutzenwesens den neuen Beweis seiner Hulo uno die Schutzen stimmten in ein oreifaches Hoch auf Sr. Majestät begeistert ein. Das Schießen begann am 17. o. Vormittags uno schloß am 19. o. Abends 5 lhr. — Den ersten Preis, den von Sr. Ma¬ jestät dem Kaiser gespendeten Scheiben¬

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