Steyrer Ausstellungs Zeitung, Nr. 13, 17. August 1884

Nr. 13 Boden. Auf sehr trockenen Boden wendet man wieder die umgekehrte Methode an, man hebt die Erde aus, um die Pflanze in die dadurch gebildete Vertiefung zu setzen, in welcher dann bei Niederschlagen das Wasser sich sammelt. Im Gegensatze zur Hügelpflanzung nennt man diese Methode die Toch¬ pflanzung. Nach den Erfindern nennt man die Biermannische und die v. Burklar¬ che Pflanzmethode, von denen jene sich durch Einbringen von Asche in die Pflanz¬ locher, diese hingegen dadurch auszeichnet, daß sie 1= oder 2 jährige Pflanzen in kleine mit Hülfe eines Pflanzeisens gestochene Löcher pflanzt. Die zu erziehende Holzart, die Boden¬ oder sonstige Verhältnisse konnen noch eine andere Bestandesgrundung zur unabweis¬ lichen Bedingung machen. Es ist dies die Erziehung jungen Be¬ standes unter dem Schutze der alten hieds¬ reifen Baume. Man nennt diese Bestandes¬ gründung auch die Vorverjungungsmethode, weil die Grundung des neuen Bestandes schon geschieht, während der alte Bestand noch auf der Fläche stockt. Daß so viele von den Baumen des Altbestandes ent¬ fernt werden mussen, daß zu den darunter stehenden jungen Pflanzen, Licht, Luft und atmosphärische Niederschlage in aus= reichender Menge dringen konnen, ist wol selbstverständlich, eben so selbstverständlich ist, daß mit der Zeit die jungen Pflanzen einen großeren freien Standraum brauchen, daher der Altbestand successive von der Fläche entfernt werden muß, soll der junge Bestand sich vollkommen und unge¬ stort entwickeln konnen. Die Erziehung des jungen Bestandes unter Schutz vom Altbestande (Schirm¬ stande) oder mit andern Worten, die Ver¬ jungungsmethode, zerfällt ebenfalls in die natürliche und künstliche Bestandgründung. Die Naturbesamung durch Schirmstand kann in der einfachsten Weise dadurch ge¬ schehen, daß ein Theil des Altbestandes genußt, der Rest aber als Schirmbestand und gleichzeitig als auch samentragende Mutterbaume stehen bleiben. Durch das Ausbringen der geschlagenen Baume wird zum Theil der Waldboden wuno, uno somit zur Aufnahme des Samens geeignet gemacht. Die Bodenverhältnisse konnen aber auch derart günstige sein, daß durch die Lich= tung des Altbestandes allein, die ganze Walobodenfläche zur Aufnahme des Sa¬ mens geeignet gemacht wird. Könnte der Forstmann zu einer solchen Samenschlagstellung ein gutes Samenjahr wählen, so wird der Erfolg ein vollkom¬ mener und befriedigender sein. Leider sind diejenigen Waldboden, die gar kein Auf¬ lockern durch Menschenhand brauchen, oder bei denen die, durch die Holzabfuhr be¬ dingte, zufällige Auflockerung genügt, nur weilige, und es muß bei der Naturbesamung durch Schirmbestand gewöhnlich eine combinete Maßregel Platz greifen. Die Boden¬ „Steyrer-Ausstellungs-Zeitung". lockerung muß künstlich, d. h. durch Men¬ schenhand geschehen, die Besamung aber besorgen die Mutterbäume auf natürlichem Wege, anderntheils wird auch der unvoll¬ kommen geschehenen Besamung durch Unter¬ bau und Nachpflanzung geholfen. Daß künstliche Aussaat oder Pflanz¬ cultur auch bei der Vorverjungungsmethode, vor der natürlichen Besamung nicht un¬ wesentliche Vortheile hat, ist unzweifelhaft, weil die künstliche Vorverjungung gleich¬ mäßiger und sicherer auszuführen und von keinen Zufälligkeiten abhängig ist. Das Verfahren bei Saat und Pflanzung kann ganz das Gleiche sein, wie oben ver den künstlichen Saat= und Pflanzmethoden angegeben wurde. Bei der Bestandsgründung wird immer die Hauptsache die bleiben, keine forstwirtyschaftlich unmotivirte Vorliebe für einzelne Holz= oder Bestandsgründungs=Arten zu hegen, sondern dieselben nach den betref¬ enden Orts- und sonstigen Verhältnissen zu wählen. Den Vorverjungungs=Methoden ruhm man den größten Holzmassen=Ertrag nach, weil Altbestand und Cultur zu gleicher Zeit auf ein und derselben Fläche stocken uno durch die, in Zwischenraumen wiederkehrenden Lichtungshiede im Altbestande, owohl diesem, als auch der darunter tockenden Cultur, die günstigsten Vor¬ bedingungen für den größten Holzmassen¬ Zuwachs geboren werden. Ist eine Schlag= oder sonstige un¬ bestockte Waldbodenfläche mit Holzsamen oder Holzpflanzen cultivirt, dann be¬ ginnen von Neuem die Sorgen des Forst¬ mannes für das Gedeihen seiner oft sehr ausgedehnten Culturen. Er hat denselben sin unausgesetzt pflegliche Behandlung und Schutz angedeihen zu lassen, um die vielerlei Hindernisse, die dem Gedeihen der Culturen chädigend entgegen treten, zu beseitigen. IV. G. Stenogensiste Ausstellung. IV. Unter dem Teppich an der Wandfläche, welchen wir in Nr. 111 unserer Betrach¬ tungen der stenographischen Ausstellung beschrieben haben, fallt uns vorerst auf dem an diese Wandfläche angebrachten Auslagerisch eine Collection zwölf seiner, schon gearbeiteter Messer auf, die wohl von fachmännischer Seite ihre gerechte Würdigung finden durfte. Für unsere Betrachtungen sind es eben die Messerschalen, welche unsere Auf¬ merksamkeit erregen. Wir finden nämlich auf den weißen Beinschalen in schöner, schwärzer, stenographischer Schrift eingeatzte Sprüche und bei näherer Be¬ chtigung bemerken wir, daß es bei der einen Hälfte Sinnsprüche und Sen¬ tenzen Goethes sind, während die andere Hälfte Sprüche heiteren Inhaltes verschiedener Autoren enthält, entnommen einer Weinhalle Frankfurt a. M. Wir lassen einige der letzteren ihrer Originalität halber folgen: „Vor nichts nimm Dich Seite 3 bei Tag und Nacht so sehr als vor Dir „Das Glück ist eine elost in Acht! blinde Kuh, sie lauf dem dummsten Ochsen „Trifft Dich Amors Pfeil allhier, wasche die Wunde Dir mit Bier. „Ein fröhliches Lied, ein gut Glas Bier, ein feines Mädchen lod ich mir. „Der beste Rath ist in der Noth: „Hilf Dir selost, so hilft Dir Gott — „Neuen st kein Spiel für Jeden, grobes Hirn kann nicht sein reden 2c. Diese Messer sind Eigenthum des Stenographen=Vereines, ein Geschenk seines Mitgliedes, des Herrn Michael Grill, dessen Messerwaarenfabrik in Pest einen guten Klang hat. Die stenographische Schrift ist gut leserlich und durfte bei öfteren Versuchen an Reinheit wie Schon¬ heit der Ausführung nur noch mehr ge¬ winnen. Wenn wir auch nicht von einer besonderen Zierde, welche der Gegenstand durch die stenographische Schrift erfährt, prechen können, so mussen wir doch sagen, daß die zierlichen und leichten Zeichen der Stenographie das Hübsche der ganzen Arbeit nicht beeinträchtigen, sondern vielmehr erhöhen und das Object zugleich interessant machen; abgesehen davon, das diese theils heiteren, theils geistvollen In= schriften anregend wirken. Der Steno¬ graphen=Verein von Steyr tann daher einem Mitgliede nur Dant wissen für diese hosche Spende und bei jedem Mayle, bei welchen diese Bestecke zum Gebrauche kommen, möge stets der Sinn der Sprüche Geist und Herz der Tafelrunde erheitern und beleben. Die Ernis zu den Bestecken sind von Herrn Stiasny jun. in Steyr angefertigt. Der Totener Männer=Gesand= Verein in Sicht. Die Ankunft und der Empfang am Bahn¬ hofe. Lange vor Ankunft des Zuges, welcher uns unsere lieben Gäste bringen sollte, herrschte trotz des strömenden Regens ein überaus reges Leben vor und in dem Bahnhofe. Auf dem Perron fanden sich in knapper Auseinanderfolge das Central=Comité, mit dessen Obmanne Herrn Dr. Joh. Hochhauser, die beiden Gesangvereine „Liedertafel“ und „Kränz¬ hen" mit ihren flatternden Fahnen, die Bürger¬ corps=Capelle und eine nach Tausenden zählende Menschenmenge ein. Man sah es jedem der Har¬ renden an, mit welch' freudiger Ungeduld sie die Ankunft der Wiener Sänger erwarteten, und als die fahrplanmäßige Ankunftszeit herangerückt war und der Zug noch nicht in Sicht kam, äußerte sich die auf's höchste gestiegene unbefriedigte Erwartung lauten Worten. — Da ertönte das Signal, die Bürgermusik intonirte das Lied: „O Du mein Oesterreich“, die Locomotive brauste heran und brachte den aus siebenzehn Waggons bestehenden Zug unter nicht enden wollenden Hochrufen der Ankommenden und der Wartenden in die Station. In diesem Momente brach die Sonne durch das dichte Gewölke hervor. Munter und fröhlich entstiegen unsere geliebten 120 Wiener Gäste den Waggons und nachdem herzliche Händedrücke und Willkommen=Grüße ausgetauscht waren, die Ausstellung der Angekommenen bewerkstelliget war, sangen die Gesangvereine ihren Willkommgruß, nach welchem der Obmann des Central=Comités, Dr. Hochhauser, an die Wiener Sänger heran¬ trat. Er hieß dieselben in schwungvollen und herz¬ lichen Worten Namens des Central=Comités in der Stadt Steyr willkommen, in deren Annalen

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