Steyrer Ausstellungs Zeitung, Nr. 12, 15. August 1884

Seite 2 Die societate densstellung. Waldbau. Die hohe Wichtigkeit, welche heute dem Walde in nationalotonomischer, tuimatischer und samtarer Richtung zugesprochen wird, das demungeachtet stattfindende Zuruck= gedrängt werden des Waldes auf absoluten Waldboden, endlich die fort und fort stei¬ genden Anforderungen an den Wald und die damit Hand in Hand gehende intensive Ausnutzung desselben, haben schon längst gelehrt, daß die Natur allein nicht im Stande ist, den Wald in so rascher Zeit zu reproduciren, als dies wünschenswerth ware, und daß der Natur durch künstliche Mittel unter die Arme gegriffen werden muß. Es hat sich die Lehre der künstlichen Aufforstung in intensivster Weise entwickelt und die praktische Durchführung dieser Lehren nicht nur unter dem Großgrund¬ besitze, sondern auch unter der dauerlichen Bevölkerung Eingang gefunden. In der fürstlichen Abtheilung der Steyrer Ausstellung geben uns mehrere statistische Zusammenstellungen ein Bild der in gewissen Zeitperioden aus¬ geführten künstlichen Aufforstungen, wäh¬ rend am Ausstellungsplätze selbst ein Pflanzgarten die Art und Weise demonstrirt, wie die Walopflanzen erzogen werden und welche Entwickelung dieselben unter verschiedenen Seevoyen und in ver¬ schiedenen Tagen zeigen. Annupfend an diesen Theil der forst¬ lichen Ausstellung und zur Erläuterung desselben diene denn die im Nachfolgenden gegebene Abhandlung über den Waldbau Waldbau wird derjenige Zweig der Forstwirthschaft genannt, welcher sich mit dem Anbaue und der Nachzucht der Forstproducte beschäftigt. Regeln und Mittel, Forstproducte in gro߬ ter Menge und Gute, mit dem klein¬ sten Aufwande an Kosten uno Zeit nachhaltig zu erzeugen, bilden die Lehre vom Waldbau. Zeit und Raum ge¬ statten nicht, alle Geschäfte des Waldbaues hier zu besprechen, ich muß mich daher auf das Nöthigste und nur in allgemeinen Umrissen auf die Waldbestandesgründung beschränken, den freundlichen Leser der nachfolgenden Ausführungen aber un gütige Nachsicht bitten. Die Wahl derjenigen Holzart, welche eine einträgliche, nachhaltige und zeitge¬ maße Holzzucht eines Waldes ermöglichen soll, ist oft mit den größten Schwierigkeiten verbunden und erfordert Umsicht und Wissen. Nicht nur der Geldertrag für den Waldbesitzer hangt von der Holzart ab, mit welcher der Wald bestockt ist, es kommen hiebei auch die wichtigsten Raasichten für das allgemeine Volkswohl voll in Betracht. Die Hauptholzarten, aus denen die Waldungen unseres schonen und auch für den Waldbau höchst productiven und mit Waldungen noch reichlich versehenen Tan¬ „Steyrer-Ausstellungs-Zeitung. des Oberösterreich gebildet werden, sind: die Fichte, die Tanne, die Kiefer, die Larche, die Rothbuche, die Eiche, die Schwarz=Erle, die Birte; hingegen werden wir die Esche, den Ahorn, die Hainbuche, time, Linde, Weiß=Erte, Weymoutys-Zir¬ vel und Schwarztiefer, sowie Eive nur als Nebenholzarten zu verrachten haben, sowol nicht ausgeschlossen ist, daß eine oder die andere hier als Nebenholzart aufgeführte Holzart auf geringeren Fla¬ chen als bestandbildend für sich vorkom¬ men kann, oder in Horsten und Gruppen rein vorkommt. Sämmtliche hier aufgeführten Holz¬ arten konnen aber auch in verschieden ge¬ mischten Bestandesarten vorkommen. Auf das Mischungsverhältniß ist die Eigenschaft der Holzpflanze, ob dieselbe chneuwüchsig, schatten- oder lichtbedürf¬ tig ist, von wesentlichem Einflusse. Man theilt aus dem Grunde vorgenannte Holz¬ arten auch in schatten- und lichtbedürftige und in schnell= und langsamwüchsige ein. Eine große Erleichterung für den Wald¬ bau ist es, daß eine ackerähnliche Bear¬ beitung des Waldbodens nicht geboren ist. Im Gegentheil, die intensive ackerähnliche Bearbeitung des Waldbodens kann ver¬ chiedene Gefahren für die Productions¬ fähigkeit des Waldbodens überhaupt, als auch für das Gedeihen der neuen Pflanzung im Gefolge haben. Die große Verschiedenheit des Wald¬ bodens, der Menge und Große der in ihm sich vorfindenden Steine, seine Bodenbecke, ein Humusvorrath, die ebene, sans ge= neigte oder steil abfallende Lage desselben, dies Alles sind Factoren, welche an die Art und Weise der Bodenbearbeitung be¬ stimmend einwirken. Auf sumpfigen Boden gehört auch die Entwässerung zu den Vorbereitungsarbeiten ur die folgenden Culturarbeiten. Wir Oberösterreicher sind glücklich, keine ähnlichen Waldboden zu besitzen, wie die Sandevenen Nordeutsch¬ lands dieselben in großer Zahl auf¬ weisen. Es entfällt demnach für den over¬ osterreichischen Forstwirth die mit unend¬ lichen Schwierigkeiten verbundene Wieder bewaldung solcher Flächen. Zur Urbarmachung, d. h. zur Geeigne¬ machung des für die Aufnahme des Wald¬ amens oder der Waldpflanzen bestimmten Waldbodens, benöthigen wir in den sel¬ lensten Fallen mehr Werkzeuge, als die Stockhaue, die Schaufel und den Rechen in früherer Zeit überließ man die Holznachzucht dem Walde selbst — es war nur die natürliche Verjungung gebrauch¬ lich. Je mehr aber das Holz und die da¬ raus bereiteten Producte an Werth ge¬ wannen, desto mehr sah sich der Pfleger des Waldes gezwungen, einen schnelleren Umsatz seiner Verkaufswerthe anzustreben Er konnte demnach nicht mehr warten, bis nach einigen Jahrzehnten die volle Bestockung des Bestandes erfolgt war, ondern suchte durch den künstlichen Holz¬ andau im Walde vom Anfang an zu er¬ Nr. 12 reichen, was nach der natürlichen Ver¬ ungung erst in Jahrzehnten zu erreichen möglich war. Die Bestandesgrundung in ne künstliche, wenn alle Vorgange, welche die Entstehung eines Bestandes bedingen, durch die unmittelbare Bethätigung des Menschen vollzogen werden. Auf solche Art hervorgezogene Walder nennt man in den ersten Jahren ihres Wachsthums „Cultur und die bei dieser Art der Bestandesgründung geschehene Arbeit „Gul¬ tiviren. Die künstliche Nachzucht der Waldbe¬ stande hat sich heutzutage zu einer großen Bedeutung erhoben. Die mannigfaltigen Ansprüche, welche an die Leistungsfähig¬ keit der künstlichen Bestandesgrundung jestellt werden, ergaben eine Menge von Sulturmethoden, welche in den verschieden¬ artigen localen und sonstigen Verhältnissen, in denen der Waldbau betrieben wird, hren Ausgangspunkt haben, und in concreten Fallen Anwendung finden. Wird die zu cultivirende Fläche mit Holzsamen bestellt, so heißt die Cultur¬ methode „Saat, geschieht die Bestandes= gründung aber mit Pflanzen, so heißt die Culturmethode „Pflanzung. Die örtlichen und andern Verhältnisse konnen Abweichungen in der Saatcultur bedingen; diese ist entweder Vollsaal oder stellenweise Saal. Bei der Vollsaat wird der Samen leichmäßig über die wund gemachte einigermaßen gelockerte und gereinigte, Culturfläche ausgestreut und mit der Egge oder einer sonstigen Vorrichtung bei stei¬ nigen, oder bei mit dem Stockholz noch be¬ standenen Flächen auch mit dem Rechen untergebracht. Die Bearbeitung der ganzen Boden¬ flache ist aber auch mit einem großen Arbeits=, beziehungsweise Kostenaufwande verbunden, und da dieser Kostenaufwand an dem seinerzeitigen Ernte=Ertrage zehrt, weil es eine Vorauslage ist, die bis zum Eingange (d. h. bis zur Fallung der jetzt gemachten Vollsaal, also nach ungefähr 100 Jahren) des Ernte=Ertrages verzinst und auch rückerstattet werden muß. Große Culturkosten konnen aber in einem so langen Zeitraume den ganzen Ernte=Ertrag aufzehren und es wird schon des großen Kostenaufwandes halber diese Methode selten in Anwendung kommen konnen. Dieselbe führt jedoch noch eine Menge anderer Uebelstände im Gefolge, welche alle gegen die Anwendung dieser Methode prechen. Nur wenn Waldfeldbau verrieven wird, die Bodenbearbeitungskosten daher dem Feldbau zur Last kommen, oder wenn auch schon die jüngsten Durchforstungs¬ holzer günstig verwerthet werden und durch hohe Vorertrage der großere Cultur¬ aufwand gedeckt wird, oder aber, wenn die Bodenverhältnisse derart sind, daß der Kostenaufwand für Bodenbearbeitung ein geringer ist, kann die Anwendung dieser Saamethode als gerechtfertigt angesehen werden. Die stellenweise Saat unterscheidet man

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