Seite 2 merkung hinzu, daß man wol die Elek¬ tricitätslehre auf die Griechen zurückführt, indem Thales (um 600 vor Chr.) als der Erste die Wahrnehmung gemacht haben soll, daß der Bernstein (griechisch Elektron), wenn er gerieben wird, leichte Körper an¬ zieht. Theophrastus (im 4. Jahr. v. Chr.) fand dieselbe Eigenschaft noch am Lynturion. Doch von der elektrischen Ab= stoßung wußten weder die Griechen noch die Römer etwas, ebensowenig war ihnen der Zusammenhang des Blitzes mit der Eigenschaft des Elektron verannt, wie die Schriften des Plinius Secundus (79 n. Chr.) darthun. Auch das Mittelalter that für die Ent¬ wicklung der Elektricitätslehre gar nichts. Erst um das Jahr 1000 habe der Eng¬ lander William Gilbert die in Ver¬ gessenheit gerathene Elektricität aus dem zweitausendjährigen Schlummer zum neuen Leben erweckt, was ihm das volle Anrecht gibt, als der Begründer der Elektricitäts¬ lehre angesehen zu werden. Erhebliche Forderung fand die Elektricität durch den Burgermeister von Magdeburg, Otto von Guerite (um 1600), der die elek¬ trische Abstoßung entdeckte und den ersten Schritt zur Erfindung der Elektrifirmaschine machte, während eine eigentliche Maschine erst 1743 von dem Leipziger Professor Hansen gebaut wurde. Hierauf erklärte der Vortragende die Begriffe positive und negative Elektricität und an einer Winterschen Elektrisirmaschine den elektrischen Funken, demonstrirte die Wirkung der Spitzen und benußte dies zur Erklärung der Identität dieses Fun¬ kens und des Blites, gedachte dabei der Verdienste des Amerikaners Franklin, des Erfinders der Blitzableiter, deren Wesen des Weiteren besprochen wurde. Nach Vorführung der sog. Leydener Flasche und Erwähnung der darauf Bezug habenden historischen Daten ging der Vortragene zu der viel ergiebigeren Elektricitätsquelle, dem Galvanismus, über, besprach den Zufall, dem wir diese Erfindung, die im Jahre 1790 gemacht wurde, verdanken, führte hierauf die von Volta im Jahre 1800 erfundene und nach ihm benannte Saule vor und zeigte die Wirkungen des elektrischen Stromes, den die Saule erzeugt: die von Bersted im Jahre 1819 beob¬ achtete Ablenkung der Magnernadel, die von Ampere gefundene Magnetisirung des weichen Eisens, Anwendung des Elektro¬ magnetismus in der Telegraphie, wobei Ver¬ suche mit der elektrischen Glocke (Haustele¬ graph und dem Morse'schen Schreibapparat den Zuhörer in die Misterien der eter¬ trischen Telegraphie ohne besondere Schwie¬ rigkeiten einweihten. Nachdem noch die Warmewirkung des galvanischen Stromes an dem Blühen eines ounnen Platinorantes uno das Leuchten des glühenden Kohlenbugels im luftverdunnten Raume (Glühlampe, sowie das Leuchten der Kohlenspitzen Days Lichtvogen) vordemonstrirt worden waren, erklärte der Vortragende, „Steyrer-Ausstellungs-Zeitung.“ wegen vorgerückter Zeit die Erscheinungen der inducirten Ströme und deren 1 Anwendung auf Dynamomaschinen nem pareren Vortrage vorbe¬ halten zu müssen. Was die außere Scenerie verrifft, so constatiren wir mit Freuden, daß zu dem Vortrage ein zahlreiches, distin¬ guirtes Publicum erschienen ist, wo¬ runter die Damenwelt gut zur Hälfte vertreten war. Alles lauschte mit der gespanntesten Aufmerksamkeit den Worten des Vortragenden und unterhielt sich sicht¬ lich an den gelungenen, vorgeführten Ex¬ perimenten. Reicher Beifall der Zuhörer folgte den Schlußworten des Vortragenden. Sensengewerks=Genossenschaft Kirchborichtoo in Oberösterreich ist eine der altesten Cor¬ porationen des Landes und die Fabrikate derselben und in allen Ländern der civilisirten Welt als die besten schon seit Jahrhunderten bekannt. Mit dem Inslebentreten der Welt¬ Ausstellungen wurden dieselben zu wiederholten Malen und zwar einzelne Fabrikanten schon bei der ersten Aus= stellung in London im Jahre 1891, owie im Jahre 1862 in Tonoon die Firmen Michael Zeitlingers Sohn (in Blumau bei Kirchhof), Michael Pießlinger (in Steyrling), Josef Wein¬ meister (Leonstein) mit den ersten Aus¬ zeichnungen bedacht. Bei der Ausstellung in Wien 1873, bei welcher die Genossenschaft das erste Mal corporativ mit 30 Tableaux erschien, welche einen Flächenraum von 90 Quadrat= meter Wandfläche einnahmen, wurde derelben neben der Fortschrittsmedaille für Einzelne auch die Verdienst¬ medaille für Alle zuerkannt. Außer¬ dem wurden auch damals mehrere Wir¬ glieder der Genossenschaft von Sr. Majestät dem Kaiser von Oesterreich durch die Verleihung des Franz=Josefs-Ordens und mit dem goldenen Verdienst¬ kreuze mit der Krone ausgezeichner. Im Jahre 1870 war die Genossen¬ schaft beim großen Wettkämpfe in Phila¬ delphia in Nord-Amerika corporativ wie bei der Wiener Weltausstellung erschienen und erhielt dieselbe die höchste Auszeichnung. Bei der Ausstellung in Paris 1878 wurde derselben von der Jury für die Gute ihrer Fabrikate die große goldene Medaille zugesprochen. Beim Feste des 500 jährigen Bestandes der Stadt Steyr im Jahre 1880, welches auch mit einer Landesindustrie¬ Ausstellung verbunden war, verheiligte ich die Genossenschaft abermals corporati und wurde derselben außer der Zuerkennung der großen silbernen Medaille die besondere Auszeichnung seitens Sr. t. k. Majestät zu Theil, daß der Monarch an die Vertreter der Sensen=Industrie Nr. 10 Oberösterreichs in einerlängeren unter¬ redung seiner allerhöchsten Be¬ riedigung Ausdruck gab. Tagesneuigkeiten von Oest. Steyr, 12. August. Am Volksfestplatze. Das war ein Wogen und Treiben der schaulustigen Menge, das sich illabendlich während der Volksfesttage, insbe¬ sondere aber am Sonntage am Ausstellungs¬ platze entfaltete. War es nur das angekündigte „Liedertafel“ und „Kränzchen", das einen so lästigen Magnet geübt, oder das günstige Zusammenwirken von Concert, Wetter und Sonntag, — kurz, die Räume des Ausstellungs platzes füllten sich schon von 2 Uhr Nachmittags in zusehends immer mehr und mehr und in später Stunde konnten es wol viele Tausend Menschen gewesen sein, die in buntem Durcheinander vorerst alle Sitzplätze occupirten, deren Rest hingegen am taghell beleuchteten Platze zwischen den Reihen der Ausstellungs= und Vergnügungs=Objecte auf und ab promenirte. Einen ganz besonderen Magnet üben auch die Musikkapellen durch die Exactheit ihres Vor¬ trages, nicht minder aber ist es der würklich vorzüg¬ liche Stoff der Schwechater=, Krumauer, Pilsner=, Budweiser= und Zipfer=Bier¬ hallen, sowie die Wein=Specialitäten des Herrn Saxlehner, das originelle türkische K ffeehan¬ des Herrn Schnitzar mit den reizenden Odalieken und die zierliche Conditorei des Herrn Schwertfellner, die ihre Anziehungskraft be¬ währen. Klein und Groß finden am Ausstellunge¬ Platze ein Object, das ihrer Eigenheit entspricht. Während sich die Jugend am Nachmittage dem Marionetten-Cabinete, der Schaukel und dem prachtvollen, leider mit seinem Werkel oft gleich¬ zeitig mit der Capelle concertirenden Ringelspiele zuwandte, unterhielten sich die Erwachsenen zumeist mit dem Beschauen der theils in den am Volks¬ senplatze etablirten Ausstellungshallen, theils im Ausstellungs=Palais exponirten Schätze. Da sah man alle Stände vortreten: Soldaten, die sich im frohen Uebermuthe ihre Waffen magnetisiren ließen, oder den wirklichen Magnet einer Babuschka am Arme führten; Land¬ lente, die sich im Staatspavillon des Telephon, die elektrischen Distanzsignale 2c. expliciren ließen und kopfschüttelnd selbst das Gesehene noch nicht begreifen wollten, — mußte doch einem solchen Besucher der Kasten des elekerschen Distanzsignales geoffnet werden, weil er sich absolut einbildete, ein Mann sei in demselben verborgen, der die gewünschte Stellung besorge 2c. — Wieder ein Anderer lief in seiner Ehrlichkeit zwei Fremden nach, die einen täuschenden Fünfmarken=Schein, welcher eine Annonce enthielt, fallen ließen. Und erst als die Betreffenden dem ehrlichen Manne den Schein schenkten, besah sich ihn derselbe zur allgemeinen Heiterkeit mit verdutztem Gesichte. Wir ber hatten Erbarmen mit dem Manne, der nun, als Lohn seiner Ehrlichkeit, — bespöttelt wurde und voll Beschämung sofort den Plan verließ. Auch die Kegel= und Schießstätten, das Central-Theater, sowie Kratky-Bas, Geißlerische Röhren hatten ihr Publicum. Wer hatte da keines? Selbst die Feuerwehr trat ein¬ mal in Action, als ein Bäuerlein den Ton der „Peteler'schen Glocken probiren wollte und drei¬ mal einseitig anschlug. Da war ihm aber auch leine Barriere zu hoch, als er die Flucht ergan¬ - seine Alte mußte ihm die Hosenknopfe wer¬ lich gut angenäht haben. Doch nicht allein die Feuerwehr, sondern auch der amtirende Chef des Verbandplatzes wurde aus der Ruhe geweckt durch einen Herrn, der sich seine in der Nähe der Carda geholte Verletzung unter¬ suchen lies; doch zum Glücke keine Verwundung des Kopfes, sondern nur des Fußes, er hatte näm¬ lich den Deckel einer Botlich durchgetreten und war nun, sei es in Folge der Schwere des Körpers oder des Stoffes oder der nachlässigen Ueberdielung hinein gestürzt. Besonders gefährlich war die Ver¬
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