Steyrer Ausstellungs Zeitung, Nr. 9, 12. August 1884

Seite 2 von origineller Form und sorgfaltiger Durchführung; die Figuren sind ganz gut modellirt. Sie paßt genau zum Stile der schönen Klosterkirche von Garsten, welcher sie einst angehörte. Spätgothischen Charakter tragt eine Silbermonstranze aus Eisenerz (Nr. 148); sie ist von klarem Aufbau und höchst einfach in Motiven und Zierrath. Derselben Zeit gehoren die zwei Ciborien Nr. 160 und Nr. 161 an. Von den vier Kelchen ist Nr. 159 der älteste; die Kuppe stammt aus der Zeit des romanischen Styles, etwa aus 1100 der Fuß ist spätere Arbeit; die puncirten Figuren der Gruppe sind höchst originel. Kelch Nr. 147 tragt vollständig den Cha¬ rakter der großen Monstrante; thatsächlich stammt er auch aus dem Stifte Garsten. Aus dem Barot in die strenge Gothit uhrt uns der Reliquienschrant (Nr. 162) aus dem Kloster Wilhering, leider noch nicht kunstgerecht restaurirt, in den Um¬ rissen und Dimensionen sonst vortrefflich; die Mitra Bischof Gebhard's von Salzburg aus dem Kloster Admoni, mit reicher figuraler Stickerei und von der schonen Form, die uns auf Sculpturen und Bildern jener Zeit so gefällt und be¬ sonders im Vergleiche mit einer heutigen Mitra (siehe Nr. 150) bedauern läßt, daß der Formensinn so sehr verschwinden konnte; als Entstehungszeit dieses unschätz¬ baren Alterthums wird das 11. und das 14. Jahrhundert angegeben; wir mochten uns für das frühere entscheiden. — Wür¬ dige Seitenstücke zur Mitra Gebharos sind die beiden Pastorale, Bischofs¬ stabe: Der Stab desselben Gevyaro (Nr. 179); nur die Schnecke mit dem ge¬ flügelten Pferd ist noch alt. Bei deren An¬ blicke entschwindet jeder Zweifel an der Richtigkeit der Angabe, daß wir ein Wert aus dem 11. Jahrhundert vor uns haven; und das Pastorale (Nr. 178) des Stiftes Lambach, aus Gleint stammen; auch nur die Schnecke und der oberste Theil alt; merkwürdig ist der rein ornamentale Charakter der Schneckenfüllung und des Emails, ohne irgend welche figuralen Elemente. Von den drei Taufschüsseln dürfte die großte (Nr. 169) mit dem Ne¬ lief Adam und Eva aus Garsten die alteste sein. Der strengen Gothit gehören an die netten Leuchter (Nr. 104, 160) und das Rauchfaß (Nr. 167); alter und noch romanisch sind der Weihrauchbehälter Nr. 177) mit Emailverzierungen und der Leuchter Nr. 173. Ein reizendes Werk des 14. Jahrhundertes (2) ist das Porta¬ tile, d. i. der tragbare Altarstein mit Reli¬ quien aus dem Kloster Admont (Nr. 175), wegen seiner Metallfassung; die eine Seite zeigt charakteristische Ornamente in zwei Farben, auf der andern lesen wir das Ave Maria. Augenfällig ist der hohe Werth des Diptychons des Stiftes Krems¬ münster (Nr. 166), einer exquisiten Sculptur in Elfenbein (Kreuzigung und Anderung der 3 Könige, dem 14. Jahr¬ hundert entstammeno. „Steyrer-Ausstellungs-Zeitung.“ Gedenten wir noch einiger kleiner Reli¬ quiarien, z. B. des hübschen Kreuzes aus Bergerystall (Nr. 152), erwähnen wir, als culturgeschichtlich nicht uninteressant, des Peststades, womit zu Pestzeiten den Kranken das hl. Abendmahl gereicht wurde; eines Pestpfennigs, zum Schutze gegen die Krankheiten auf der Brust getragen, und eines Büchleins „Unterschiedliche heilsame Mittel, so zur Zeit der Infec¬ tion und Pest nutzlich mogen angewendet und gebraucht werden, gedruckt Salzburg 1679, welche drei Stucke aus dem Stifte Gleint stammen, und betrachten noch die Reihe von Rosenkranzen, welche die unterste Stufe des Kastens gefällig umrahmen, so dürfen wir diesen Raum mit dem Bewußtsein verlassen, ein ebenso überraschen reichhaltiges, als historisch anmuthendes Bild des kirchlichen Kunst= lebens vergangener Zeit gesehen zu haben. Dr. Hans Widmann. Tages=Treuigkeiten von Geste. Steyr, 11. August. Am 9. d. M. Mittags traf der k. k. Hofrath und Statthalterei=Vice=Präsident Lothar Prinz von Metternich¬ Winneburg in Steyr ein und unter¬ og die Ausstellung in Begleitung des Herrn Statthaltereirathes zimmerauer und des städt. Ingenieurs Bogacki einer eingehenden Besichtigung, deren Ergebnis nach den schmeichelhaften Aeußerungen des hohen Gastes ein sehr günstiges war. Der¬ selbe kehrte am 10. Abends nach Linz zuruck. Ein weiterer ehrender Besuch unserer Ausstellung ist der der Herren Consulen Abelardo Munez aus Santjago in Chili uno des Casare Bossi aus Theresiopel, welche Studien halber am 10. und 11. d. M. die Ausstellung unter Führung des Herrn Fachvorstandes Gustav Rißinger in Augenschein nahmen. Ueber den Verlauf des hohen Besuches unserer Ausstellung durch die Herzogin von Urach=Würtemberg, der, wie wir bereits in der letzten Nummer gemelder hatten, Samstag Nachmittags stattfand, er= ahren wir noch, daß Jhre Durchlaucht am Herrn Sohn uno Suite unter Führung des Comite=Domannes Herrn Domitz die culturhistorische Ausstellung besichtigten, und, entzückt über das Geborene, einen baldigen Wiederbesuch in Aussicht stellten. Um 8 Uhr Abends wurde unter Anleitung des Herrn Dr. Puluj von den hohen Herrschaften noch die elektrische Ausstellung besucht, wobei sich hochdieselben für das Geblase der Tampen ganz beson¬ ders interessirten und den dabei beschäf¬ ligten Arbeitern je ein Zeynmarkstück für die Demonstration huonoust zukommen ließen. Zum Besuche des Wiener Manner¬ gesung=Vereines. Wie aus dem von uns Nr. 9 in Nr. gebrachten Programme für die Anwesenheit dieses weltberühmten Vereins in den Tagen des 15. bis 17. August er¬ sichtlich ist, findet am 15. August um 7 Uhr Abends in Eiselmeyrs Casino= saale ein Festconcert zu Gunsten der hiesigen Stadtarmen statt. Für dieses Festconcert, welches der Wiener Männergesangsverein unter Leitung seines Chormeisters Herrn Eduard Kremser und der Mitwirkung des großherzogl. Mek¬ lenburg Schwerinschen Kammervirtuosen Herrn Marcello Rossi, dann des Pianisten Emil Weber, abhalt, ist nunmehr folgendes Programm endgiltig estgestellt: 1. „Morgenwanderung, Thor mit Clavierbegleitung von H. Esser. 2. „Der traumende See“, Chor von Nov. Schumann. 3. „Heini von Steier, Dorper=Tanzweise für Chor mit Clavier¬ begleitung und Violinsolo von E. S. Engelsberg. (Violinsolo Herr Marcello Rossi.) 4. „Unter dem Hollunder¬ baum von C. Schon, „Im Mai von Robert Franz, Lieder für Bariton, vorge¬ tragen von dem Vereinsmitgliede Herrn Gaßner. 5. Der 23. Psalm „Gott ist mein Hort, Chor mit Clavierbegleitung von Fr. Schubert. 6. „Frohliche Ar¬ mury, Chor von Ed. Kremser. 7. Con¬ certino für Clarinette in Es von C. M. Weber, vorgetragen von dem Vereinsmit¬ gliede Herrn Albert Syrinet. Clavier: Thormeister Ed. Kremser. 8. „Abschied par der Tag genommen, Chor von V. E. Neßler. 9. Lied aus dem Trom¬ peter von Sackingen „Am Ufer blies ich ein lustig Stück für Chor mit Piston¬ olo von Ed. Kremser. Das Solo vorge¬ tragen vom Vereinsmitgliede Herrn Franz Doms. 10. Satz aus dem Militar¬ Concert für Violine von Lipinski, vor¬ getragen von Herrn Marcello Rossi. Clavier: Herr Emil Weber. 11. „Der Blumen Schwester und der Ster¬ ne, Tenorsolo mit Chor und Clavierbe= gleitung von G. S. Engelsberg. Das Solo gesungen von dem Vereinsmitgliede Herr Dr. W. Stigler. 12. „Gustav Soloquartert, Gedicht von A. Seuffert, Musik von Dr. J. entwich, vorgetragen von den Herren Vereinsmitgliedern Ed. Thomas, Carl udel, Fero. Hor¬ veda und Emil Dillmann. 13. „Poeten auf der Alm für Chor mit Slavierbegleitung von E. S. Engelsberg. Das Entree für dieses Concert verragt für einen Sitzplat 1 fl., für einen Stey¬ patz 50 kr. und werden die Karten für die Sitzplätze vereis Mittwoch den 13. und Donnerstag den 14., jedesmal von 1 bis 3 Uhr Nachmittags im Bureau des Central=Comites (Bürgerschulgebäude, Parterre) ausgegeben. Am 10. August veranstalten unsere berühmten Gäste auf dem Ausstellungs¬ plaße ein Volks=Concert mit nach¬ stehendem Programme: 1. „Geist= liches Kampflied. Chor von C. R. Kristinus (Text von Fr. Oser). 2. „Die Nacht, Chor von Fr. Schubert. 3. „Wenn

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