Steyrer Ausstellungs Zeitung, Nr. 6, 8. August 1884

Nr. 6 Gruppe eine prächtige Skizze in Del „Die yl. Dreifaltigkeit mit Heiligen (Nr. 130). Mehrere Bilder, Delstizzen und auch eine Handzeichnung sind ausgestellt, welche dem Sohne des Vorigen, Bartholomäus angehoren, dessen Stil sich von dem des Vaters höchstens durch eine etwas großere Weichheit der Gestaltung, durch varockeren Haltenwurf und entsprechend lebhaftere Bewegung unterscheidet. Bartholomaus, in Warschau 1702 geboren, lebte beinahe ausschließlich in Oberösterreich, starb 1779 und liegt in St. Florian ve¬ graben. Von ihm sino hochgeschatte Bilder in der ehemaligen Stiftskirche in Engelszell, die Plafondgemälde in der Stiftskirche in Wilhering, der Plafond in der Bibliothek in St. Florian, im natu¬ ralienkabinet, dem Capitel= und Wahl¬ zimmer, das Deckengemälde „Der Triumph der Religion" im Sommerspeisesaale; die Gemälde in der Kuppel der Kirche der Elisabethinerinen in Linz, Fresten in der Stadtpfarrkirche und verschiedene Bilder in Landkirchen. Unsere Gruppe enthalt von ihm zehn Stücke, die Nr 19, 28, 95—98, 103—106; unter diesen durfte Nr. 96, eine Madonna, das beste sein; von bedeutender Wirkung, besonders aus großerer Entfernung, sind die vier Evan¬ gelisten Nr. 103—106. Ein Ober= und Niederösterreich gleichmäßig angehöriger Maler ist Jo¬ hann Martin Schmidt aus Krems, daher „Kremserschmidt genannt, über den uns von anderer Seite eine eingehende Besprechung in Aussicht gestellt ist. Von ihm sind über ein halbes Dußend Bilder und Skizzen eingestellt. Unter denselben verdient den Preis Nr. 88 „der hl. Josef, ganz rei¬ zend einfach in der Composition, aber von einschmeichelnder Wirkung, sehr gut ist auch die Skizze Nr. 87: „die schmerzhafte Maria", ein sogenanntes Vesperito. Von anderen Bildern seien nur auf die vorzüglichsten noch aufmerksam gemacht Dieselben sind: Nr. 24 „Tod des heil. Josef“, Altarolatt=Stizze von Le Grand della Torre, Nr. 37 und 41, Studien¬ töpfe niederländischer Schule, Nr. 39 eine kräftige, klar componirte Reiterschlacht von Querfen, Nr. 58 „der Baudes babylonischen Thurmes“, währscheinlich eine Copie nach Breughel, wenn nicht von dem älteren Breughel selbst, auszeichnete durch die minutiose Detailausführung der Figuren; Nr. 113 einer Madonna von Lutas von Leyden, eine Burgerfamilie in Sierning als hochgeachteter Besitz gehörig; Nr. 114, ein altdeutsches Flugelaltarchen von un¬ gemeiner Schönheit der Durchführung, vorzüglich erhalten und verständnißvoll restaurirt, endlich die beiden Landschaften großen Stils Nr. 117 und 118 „Engelsegg, bei Steyr“ und „Steyr vom Tabor aus aus dem Schlosse Engelsegg. Wenn wir noch die Bilder Nr. 46 und 31, „Bürgers¬ Frau mit Kindern und burgerliche Fa¬ milie von Sattler, letzteres leider nicht ganz vollendet, nennen, so geschieht es wegen der naiven Auffassung der Situation, „Steyrer-Ausstellungs-Zeitung. welche in diesen Bildern sich zeigt. Unsere Besprechung jedoch schließen wir erst mit dem Hinweise auf die drei reizenden Pastell¬ Gemälde Nr. 48, 49 und 50, von dem 49 unverbürgter Sage nach sogar ein Portrat der Pompadour sein soll; nur Schade, daß zu diesen pitanten Köpfchen die moderne gradlinige Umrahmung gar nicht paßt; hier wünschen wir geschwungene Linien, Blumen, Genien, turz Barock¬ rahmen, wie solche in Gruppe zu finden ind. Eine Sammlung von Miniaturen birgt Gruppe I und wird eine Besprechung derselben in der Reihe dieser kurzen Skizzen nicht fehlen. Dr. Hans Widmann. Geologusse Ausstellung. 111. An der Wandfläche rechts neben der Fensternische, in welcher das Näyrischchen teyt, bemerken wir einen reich figurirten Fußteppich, dessen Mittelstück eine Schlange bildet. Auf Befragen erfahren wir, daß dieser Fußteppich zum „Stenographentisch gehore und gleichfalls eine stenographische Inschrift enthalt. Die Figur nämlich bildet die Begrüßung „Willkommen für Jeden in diesen Raum Eintretenden; leider lächelt dieses „Willkommen nur dem Steno¬ graphiekundigen entgegen gleich der seltenen und darum gesuchten, lieblichen Waldblume, die auch nur dem Botaniter freundlich zu¬ nickt: „Hier bin ich: Der Haupt=Charakter der ganzen Zeichnung ist grotest, die Farben¬ tone richtig gewählt, die Arbeit mit vielem Fleiße mustergiltig durchgeführt, der ganze Teppich dem Zwecke vollkommen entsprechen, und wenn wir noch erwähnen, daß, da es „Dupfe zu stenographischen Stickereien verzeit noch nicht zu kaufen gior, Stickarbeiten in dieser Beziehung auf be¬ sondere Schwierigkeiten stoßen, so müssen wir die Durchführung dieses Gedankens nur um so lebhafter begrüßen. Im haus¬ lichen Kreise wird sich durch die liebe Ju¬ geno auch diese Art der weiblichen Hand¬ arbeit bald einburgern, wodurch natürlich auch mit der großeren Nachfrage die Er¬ zeugung solcher „Dupfe gleichen Schritt halten wird. In Patron der k. k. General¬ Direction des österr. Staats¬ Julien. Skizze von Ernst Hromada. Im Centrum der Carl Ludwigsstraße am Ausstellungsplaße befinder sich der rei¬ sende uno elegant ausgestattete Pavillon der k. k. General=Direction österr. Eisenbahnen. Wer die Schweiz kennt mit ihrem un¬ vergleichlichen Vierwaldstätter See und die Villen, welche dort am Rande desselben steyen, im Hintergrunde der herrliche Pi¬ latus, dessen Haupt auch im Sommer mit Schnee und Eis bedeckt erscheint, der glaubt im ersten Momente diesen Pavillon Seite 3 von dort hergezaubert zu finden. Es ist eines der wichtigsten und interessantesten Objecte, indem es uns in die Gebahrung einer Eisenbahnstation einführt, wir sehen darin auf wirklich kunstvolle Weise auf einem so engen Raum alle nothwendigen Apparate und Instrumente aufgespeichert, die für den sicheren Verkehr von wesent¬ licher Wichtigkeit sind. In unserem raschen, energischen, eiser¬ nen Zeitalter ist es besonders noth¬ wendig, das Leben der Menschen in je¬ der Weise zu schützen und vor Gefahren zu bewahren. Mit Hilfe der Elektricität ist uns die theilweise Losung dieser Auf¬ gave in wirklich hervorragender Weise ge¬ lungen. Gleich beim Eintritt fallen uns die Telegraphenapparate auf, welche uns die Schaltung einer completen Mittelstation zeigen. Wir besitzen noch dem Morse¬ Apparat, der genote Beamte wird jedoch auch nach dem Gehor die Zeichen lesen konnen. Bei den amerikanischen Eisenbahnen indet aber schon lange die Verständigung durch den Klopfapparat statt, ooch sind wir in Hinsicht der Controle viel besser daran, indem sich unsere Depeschen auf= bewahren lassen, was bei dem anderen In den beiden System nicht möglich ist. Boussolen am Arbeitstische finden wir zwei Tasten eingeschaltet, welche mittelst eines stärkeren elektrischen Stromes die Glocken der Wachterhäuser in Activitar setzen und auf diese Weise dem Beamten die Gele¬ genheit geben, alle Wachterhäuser seiner Strecke über verschiedene Vorfalle zu benach¬ richtigen. Ein kleiner handbarer Inductions¬ Apparat lost vor dem Pavillon das Tauf¬ vert einer Distanzsignalscheibe, die, sobald sie ihre volle Seite uns zeigt, klingelt und anderen Zugen die freie Einfahrt verwehrt; außerdem befindet sich im Bureau selost ein kleines optisches Instrument, welches uns eine rothe Scheibe zeigt. Ist der Zug vorüber, so wird die Kurvel des Inductionsapparates einfach wieder in Bewegung gesetzt und das Distanzsignal zeigt freie Fahrt, in gleicher Zeit wird auch der optische Apparat wieder ein leeres Blatt zeigen. Eine der allerneuesten Einrichtungen sind die sogenannten Blocksignale, die für die einzelnen Bahnwachterhäuser bestimmt sind und eine Irrung im strengsten Sinne des Wortes unmöglich machen. Die¬ selben sind meist von Siemens und Halste eingerichtet, einer Firma, welche wol schon eine Weltbedeutung sich errungen hat. In der Ausgangsstation des Zuges wird dem nächsten Bahnwächter ein Glockenzeichen gegeben und er antwortet, daß er es ver¬ tanden, dann wird durch diesen kunstvollen Apparat dem Bahnwachter die Erlaubniß ertheilt, seinen Semaphor auf freie Fahrt zu stellen, was sonst dem Bahnwachter un= möglich ist. Es zeigt sich ihm diese Erlaub¬ niß dadurch an, daß beim optischen Appa¬ rat die rothe Scheibe sich in eine weiße Scheibe verwandelt. Nun wartet er den Zug ab, stellt den Semaphor (ein Distanz¬ signal mit einem Arme, welcher horizontal

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