Steyrer Ausstellungs Zeitung, Nr. 2, 3. August 1884

Seite 4 „Kränzchens, die Herren Emil Haas uno Franz Holzhuber, sowie den Capellmeister der Burgerkorps=Capelle, Herrn Ludwig Grossaner, denen er für die Serenade freundlichst dankte, wäh¬ rend er zugleich seine vollste Zufriedenheit mit den Productionen aussprach. Auch die durchlauchtigste Frau Erzherzogin Maria Theresia dantte in liebens¬ würdigster Weise für das Standchen und äußerte ihre Freude über ihre Anwesenhen in Steyr, das ihr sehr gut gefalle, wie sie auch der Besuch der Waffenfabriken lebhaft interessirt und überrascht habe. Der durch¬ lauchtigste Herr Erzherzog erkundigte sich über die Starte und Verhältnisse der beiden Gesangvereine und der Burgercorps Capelle, unterhielt sich aufs leutseligste mit den beiden Vorstanden der Gesangs¬ vereine und dem Burgerkorps=Capellmeister über deren Verhältnisse und verabschiedene die Herren in herzgewinnender Freund¬ lichkeit. Im Schloßhofe hatte sich unterdessen der Zug zum Abmarsche formirt und in derselben Ordnung wie er gekommen mar¬ schirte er unter den Klangen eines Marsches dem Reiterplatze zu, wo er sich auflöste. So trug schon der Vortag die Auspicien ür ein schönes Gelingen unserer Feste Aller Herzen wurden besonders durch das liebenswürdige und herablassende Benehmen welches unser durchläuchtigster Protector, der Herr Erzherzog Carl Ludwig und dessen liebenswürdige Gemalin an den Tag legten wie im Sturme gewonnen und schlagen Höchstdenselben in aufrichtigen Dankbarkeit, Liebe und inniger Verehrung entgegen. Vorleserektorationsstellung. Das Ausstellungs=Palais wird mit 450 Glühlampen (System Puluj beleuchtet. Man ruymt diesen Lampen nach, daß sie bezüglich des Stromverbrauches ökonomischer sind, als alle bisher bekannter Glühlampen, und daß die Kohlenfaden eine sehr große Festigkeit besitzen. Das prachtvolle Vestibul ist mit vier Stiegencandelabern, einem sehr schonen Luster sur 50 Lampen und Wandarmen von H. Wolf in Wien geziert, welche ein mildes und ruhiges Licht verbreiten. Unter den in den einzelnen Salen ver¬ theilten Beleuchtungskörpern, zeichnen sich durch besonders geschmackvolle Ausführung zwei Glasluster von Lobmeyer in Wien aus, in denen die Glühlampen in Krystallglas gehüllt ein seenhaftes Licht aussenden Weiters bildet ein wirklich prachtvolles Ausstellungsobject der Stiegencandelaber von A. Neuber in Wien, welcher mit 4 Doppel-Lampen a 40 Kerzen versehen ist und sich durch besonders geschmackvolle Ausführung bemerkbar macht. Die Glühlampen werden von den Dynamo-Maschinen gespeis, welche im Objecte IX der Waffenfabrik untergebrach sino. „Steyrer-Ausstellungs-Zeitung.“ Sie absolute Gelseitig. Wie in Nummer 1 dieses Blattes er¬ wähnt wurde, war es aus localen Grunden nicht möglich, die Gruppen streng nach ihrer Reihenfolge in den Zimmern unter¬ zubringen, und wie dort, so beginnen wir auch heute unsern Besuch mit Gruppe IX „Historische Portrats und Bilder alterer Schulen.“ Der Catalog ver¬ seichnet 142 Bilder, welche zu einem großer Theil einheimischen Kunstlern ihre Entstehung verdanten, doch konnten in Steyr oder dessen Umgebung befindliche Bilder besserer oder bester Art nicht ausgeschlossen werden, während andererseits manche histo¬ rische Porträte in anderen Zimmern z. B. in Gruppe 11 ihren Platz finden mußten. Gleich Nr. 1 ist das Portrat eines behäbigen Sensengewerten aus dem Steyr¬ thale von Morzer, einem Maler in Steyr, der im 18. Jahrhundert vielfache Beschäftigung als Portratmaler fand und in Auffassung und charakteristischer Wieder¬ gabe der damals ebenso reichen, als des Lebens Behaglichkeit schatzenden Sensenge werten des Steyr, Windischgarstner= und Kremsthales, sowie der wackeren Hausfrauen dieser Männer geradezu seines¬ gleichen sucht. Zudem sino alle diese Portrats, welche in den Familien der Sensen¬ fabriksbesitzer, der Aristokratie genannter Gegenden, die beste Stube zu zieren pflegen als Costumbilder von höchstem Interesse und es ist gewiß ein Beweis für die So¬ lidität der Trachten und des Schmuckes daß die Kleider, welche die Krähnen auf dem Bilde tragen, heute noch in der Truhe aufbewahrt und hier auf reizenden Figu= rinen in den Interieurs (Gruppe 1) zu bewundern sind. Auch der Schmuck ver¬ gangener Zeiten, in einem eigenthumlichen Style gehalten, der uns auf diesen Bil¬ dern entgegentritt, ist in Gruppe VI zu sehen; gerne haben sich die schönen Toch= ter und rüstigen Hausfrauen unserer lie¬ benswürdigen und gastfreundlichen Sensen¬ fabrikanten zu Gunsten der Ausstellung desselben für kurze Zeit entäußert. Doch wir schweifen zu viel ab und wollen lieber auf einige andere historische Porträts auf¬ merksam machen, welche nicht zu den schlechtesten ihrer Gattung gehören. Es sind dies die Nummern 9—12, die einen letzten Prälaten von Garsten, Constantin Mutters¬ gleich, der von 1730—1747 regierte und unter dem das Kloster 1732 durch einen Besuch Kaiser Karl VI. sammt dessen ganzen Hofstaate ausgezeichnet wurde Leopold Till aus Scheibbs in Niederöster¬ reich, von 1739—1747 Pfarrer in Steyr der in dem lieblichen Frauenstein, 112 Stun¬ den von Molln entfernt, einen schonen Pfarrhof baute und besonders für den Schmuck der schönen Stiftskirche mit sil¬ dernen Ampeln, Leuchtern und Aehnlichen sorgte; Paul Meyer wurde 1757 sein Nachfolger; er starb, erst 42 Jahre alt, schon es ihm succediert Mauens Go¬ Nr. 2 don aus Weyer, ein außerordentlich ge¬ lehrter in Geschäften vielerfahrener Mann, der sich um das Stift außerordentlich ver¬ dient machte; die Stadt Steyr darf seiner noch jetzt dankbar sich erinnern, da er die chone Allee aus Rokastanien von der Villa Buddenbrock bis Halbgarsten (Sar¬ ming) anlegen ließ er sah die Aufhebung des Stiftes Gleint, ohne zu ähnen, das nach seinem Tode dem blühenden eigenen Stifte dasselbe Schicksal bereitet sei. Am 17. December 1786 verschied er, am 1. Mai 1787 wurde das Stift aufgelöst. Die reichen Schatze wurden zerstreut, die Bibliothet tam größtentheils nach Linz, die zahlreichen Bilder dahin und dorthin. Unsere Ausstellung hat das Verdienst, viele aus Garsten stammende, künstlerisch und historisch wertvolle Objecte, deren Auffindung theils dem Eifer der damit be¬ trauten Comite=Mitglieder, theils dem Zu¬ alle zu verdanken ist, wieder zu vereinigen. Um gleich von den Bildern zu sprechen, sehen wir mehrere Meisterwerte Carls von Rosenfeld, eines jener vielgelaster¬ ten und doch so machtvoll wirkenden Malers der Barockzeit, auf deren Werth erst in neuester Zeit Custos Jilg und Andere auf¬ merksam gemacht haben. Rosenfeld, dessen Selbstportrat in welt¬ licher Tracht uns Nr. 125 zeigt (ein Selbstportrat des Meisters, in den Ordens¬ habit gekleidet, das existirt haben soll, konnte nicht aufgefunden werden), wurde um das Jahr 1685 in Tirol, an welchem Orte ist unbekannt, geboren und tam sehr ung nach Steyr. Der Freiherr von Riesenfels schickte ihn nach Italien, wo er sich durch vier Jahre in der Schule Johann Karls Loth zu Venedig ausbildete. Er kam im Jahre 1684 zuruck nach Garsten, um die Kirche und das Stift welche der Rot Roman Rauscher schon 1677 zu bauen angefangen, und sein Nachfolger Abt Anselm Angerer vol¬ lendet hatte, mit seinen Kunstwerken zu schmucken. Röselfeld genoß im Stifte ein jährliches Stipendium von zweihundert Gulden, wurde dann unter die Officianten aufgenommen, und lebte einundfünfzig Jahre daselbst, thätig und geachtet von Allen. Durch drei Monate des Jahres malte er für das Kloster, die übrige Zeit konnte er nach Belieben zur Ausübung seiner Kunst verwenden. Er starb am 15. Jänner 1735 zu Garsten und wurde unter dem Kunigunden=Altare begraben. Zm Stifte Garsten malte er 1686 beim Berthold=Altare das Bildniß des ersten Abtes, des heiligen Berthold, angeblich aus dem Geschlechte der Grafen von Würtemberg (20. Juli 1142) und ober¬ halb den Sarg desselben, wie er nach der Legende auf den Schultern der Engel zu *) Zu Hall in Tirol 1601 geboren, Priester 27. Juli 1629, Professor der Philosophie zu Salzburg, wurde not M 12 und 12. October 1883. Das k. k. Münz= und Antikenabet in Wien verwahrt zwei auf ihn bezügliche Medaillen in Silber: a) auf dessen Grundstein¬ legung der Gartnerkirche vom 5. Oktober 1677. an dessen geistliches Jubiläum am 27. Juli 1879. welche letztere die Stadt Steyr und die dortige Gewerk¬ schaft machen ließen.

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