Steyrer Ausstellungs Zeitung, Nr. 1, 2. August 1884

Nr. 1 mend, weisen auf die Bedeutung dieser Raume hin: Ein jedes Stück Culturgeschichte, Entrissen der Vergessenheit, Bewährt sich im Verklärungslichte Als schönes Denkmal alter Zeit. Hier setzen rasch der Vorwelt Trummer, Hinweg uns über Zeit und Raum Und schann wir Romas Alterthümer, Erscheint ein Fall uns wie ein Traum. Am Tourniquet vorüber gelangen wir zur Garderobe, und hier beginn bereits die Ausstellung in Form einer Tropha¬ aus mittelalterlichen Waffen. Das Stiegen¬ haus des zweiten Stockwertes en faltet schon geradezu einen Reichthum von decorativen Elementen; ein prächtiger Go¬ delin bedeckt den Raum zwischen zwei Saulen mit vergoldeten Capitalen, prach¬ tige altdeutsche Glasgemälde, aus der Stadt¬ pfarrkirche in Steyr stammend, lassen das Sonnenlicht durch bunte Farben auf die prächtigen Schnitzereien eines Berstühles und zweier Schranktüren in Holzmosait, in dem Kloster Garsten entstanden, so¬ wie zweier allegorischen Figuren fallen; an den Wänden drangen sich historische Bilder, vom obersten Geländer winkt der Kaiser¬ adler auf goldenem Grunde herab. Im Corridore des zweiten Stockes angelangt, findet das Auge be¬ reits allenthalben die schönsten Objecte alten Kunstfleißes, die wegen Mangels an Raum her ihre Stelle finden mußten. Waffentrophaen schmucken die Endsäulen des Stiegengelandes, den langen Corridor zieren, umgeben von historisch= mert¬ würdigen Fahnen, interessante Bilder. Rechts sehen wir die alten Werkzeuge der „hochnotypeinlichen Halsgerichtsbarkeit dort von Bauernwaffen umgeben das Bild Stefanadingers, des „Bauerngotts¬ obristen (1625), gegenüber Kasten mit in¬ teressanten Costumen aus dem vorigen Jahrhundert; links Movel der Großvater¬ und Urgroßvaterzeit, Landschafts= und Co¬ stumbilder, geschmackvolle Erzeugnisse des Schmiedehandwerkes und Anderes. Ober den Thüren der Leyrzimmer weisen uns inhaltreiche Strophen auf den reichen Inhalt der einzelnen neun Grup¬ pen, in welche sich die Ausstellung theilt. Wenn wir von der Stiege aus links beginnen, gelangen wir zur Gruppe (der letzten, da aus localen Grunden eine Anordnung in der numerischen Reihen¬ folge der Gruppen unmöglich war, historische Portrats und Bilder allerer Schulen, deren Eingang die Inschrift ziert: Zum Schlusse grüßen uns die Bilder Berühmter Manner alter Zeit, Und immer heiterer, schoner, milder Erscheint uns die Vergangenheit. Unmittelbar daran schließt sich die Gruppe VIII „Gegenstande der kirch¬ lichen Kunst, die vielsagende Fuschrift tragen: „Wir sehen vor uns die ernsten Zeugen Der reinen, kirchlich ehren Kunst. Die früh und spät in allen Zweigen Erfreute sich des Volkes Gunst „Steyrer-Ausstellungs-Zeitung. Das nächste Zimmer enthält die reich¬ haltige Gruppe „Waffen und einen Theil der Gruppe VII „Volks= und Standes¬ trachten, daher die Verse: Es zehn die Volks= und Standestrachten Der Vorzeit uns in ihren Kreis; Wohl viele, die wir hier beachten Verdienen noch den Schönheitspreis. Im nächsten Zimmer hat Gruppe „Vorgeschichtliche un römische Alterthümer und die für den Histo¬ riter wol unter allen interessanteste Gruppe urkunden, Ortsbilder, Druckwerke, Münzen und Medaillen Platz ge¬ unden; charakteristisch sprechen das die Verse aus: Da fesseln mancher Urkund Zeilen, Der Heimat Bilder Geist und Herz; Auf Druckwerk kann das Auge weilen Und Münzen aus verschiedenen Erz. Die kostbarste und reichhaltigste aller Gruppen birgt das nächste Zimmer mit Gruppe „Gewerbliche Erzeug¬ nisse aus Metall, Thon, Porcellan, Glas, Bein, Holz u. s. w., zum größten Theile der Stadt oder dem Traunreise entstammend und durch die Stropye: Auch tritt uns manches Weit entgegen Aus kunstgeber reger Hand. Wie es zu seinem Ruhm und Segen Erzeugt einst der Gewerbestand eben so schon als passend bezeichnet. „Urkunden und Geräthschaften der bestandenen Junungen Gruppe I enthält das nächste Zimmer in großer Anzahl als Zeugen des hoch ent¬ wickelten Genossenschaftswesens der Ver¬ gangenheit. Der Eingang zu diesem Innungs¬ zimmer tragt die Verse: Jetzt ruht auf Schriften und Gebilden Des goldnen Handwerts unser Blick; Sie führen in die Zeit der Gulden, Der alten Zünfte uns zuruck. Gegenüber öffnet der Festsaal seine weiten Raume der Gruppe „Einrich= tung von Wohnraumen und Ge¬ räthschaften der häuslichen Ar¬ beiten, welche in sieben Interieurs zwei dauerliche Stuben aus dem vorigen Jahr¬ hunderte, zwei Wohnzimmer reicher Patri¬ zerfamilien und zwei Bürgerzimmer aus derselben Zeit, sowie den Erter einer gothi¬ chen, mit reichen Glasgemälden geschmuckten einer richtigen Kemente Stube, zeigt, belebt durch reizende Figurinen in echten, alten Costumen. Auf diese Raume passen die Verse: Nun stehen vor allerlei Gerathen Des Haushalts unserer Vater wir. Benützt wol lang in Glück und Nothen Zur Arbeit oder Wohnungszier. In das Innere all dieser Raume und zu den interessantesten Objecten derselben werden wir versuchen in einer Serie fol¬ gender Artikel ein treuer Führer zu sein. Dr. Hans Widmann. Seite 5 Tageselligkeiten vom Oest. Steyr, den 1. August 1881. In Fr. Majestät den Kaisers. Se. Majestät der Kaiser wird Dienstag den 19. August früh von in ich eintressen, von Linz mit der Kremsthalbahn nach Kremsmünster fahren, dort 12 Stun¬ den zur Besichtigung des Stiftes verweilen, von dort die Reise nach Bad Hall fort¬ setzen (20 Minuten Aufenthalt und sodann in Steyr zur Besichtigung der elek¬ trischen Ausstellung eintreffen und im Lambergschen Schlosse absteigen. Um Uhr Abends findet eine Hoftafel statt und wird Se. Majestät noch in der Nacht die Reise nach Wien fortsetzen. — Die Bewor¬ ner Steyr begrüßen diese Nachricht mit patriotischer Freude und sehen dem sie so hoch ehrenden allergnädigsten Besuch¬ mit froher Sehnsucht entgegen. Bereits seit einigen Tagen regen sich in fieberhafter Haft Tausende von Handen, um der Stadt durch schöne Decorirung ein Festrelief zu geben. Die Menge durch¬ zieht, vermischt mit zahlreichen Fremden, die Stadt, um sich an den jetzt vollendeten Ar¬ beiten zu ergötzen. Bereits gestern Nachmittags um 22 Uhr langte Se. Excellenz der Herr Statt¬ halter Baron von Weder in Steyr an, derselbe wurde vom Herrn Burgermeister kais. Raty Pointuer und Herrn Statt= haltereirath Zimmerauer am Bahnhofe empfangen und nahm im Hotel Eiselmeyr sein Absteigequartier. Am Donnerstag Abends kam Se. Excellenz der Ackerbau¬ minister Graf v. Falkenhayn in Steyr an und nahm im gräflich Lamberg'schen Schlosse Aufenthalt. Für den Empfang der hohen Haste sind Stiegen, Treppen und Corridore des Schlosses reizend mit Blumen decorirt und ist die zahlreiche Dienerschaft des Herrn Grafen Lamberg, dem Glanze des Hauses entsprechend, neu und elegant gallonirt. Ebenfalls gestern um 6 Uhr Abenos traf Se. kais. Hoheit Erzherzog Johann, r Wagen von Rohr kommen, hier ein uno soupirte mit Hochder Adjutanten, dem Herrn kais. Rath und Burgermeister Pointer und Statthaltereirath Herrn zimmeraner im Hotel Eiselmeyr. Heute fruh um 7 Uhr sind Jhre kaiserl. Hoheit zu einer kleinen Rundschau ausgefahren. Die Ehrenwache wurde von der hiesigen uniformirten Burgergarde beigestelt. Se. Excellenz der Herr Statthalter in Begleitung des Herrn Hofrathes Christ nahm heute Vormitags die culturhistorische Ausstellung in Augenschein und ruckte über dieselbe in schmeichelhaften Worten die volle Zufriedenheit aus. Das uniformirte Burgerkorps bezog bereits am Rathhause die Hauptwache. lim 8 Uhr Fruh langte per Bahn der Herr Präsident der österreichischen

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