Rotes Kreuz - Bezirksstelle Steyr Stadt 1994

ah fi. sehr unterschiedlichen Übertragungen aus dem Arabischen gibt es nicht selten Mißverständnisse. Es bleibt also nichts anderes übrig, als mit einem Hubschrauber der deutschen Bundesvyehr und den Angehörigen ins Lager 4: zu fliegen und Nächschau zu halten. Dort angekommen, fällt mir sofort auf, daß dieses Lager nicht so weit ver-" streut, so umstrukturiert ist als unseres, das Lager 1 in Isikveren. Das liegt daran, so lasse ich mir erzählen, daß: hier die traditionellen Stammesstrukturen noch weitgehend intakt sind. Ein Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreut? zes ist bei der Suche behilflich, die anhand der Diagnose und des Alters bald erfolgreich ist. Vgter, Mutter und Sohn sind glücklich wieder vereint. Die Freude und DankbarkeiEtstihnen ins Gesicht geschrieben und, obwohk: ich .ihre Sprache nicht verstehen kann, fühle ich doch mit ihnen, wie es ist, wenn man seine Liebsten -in, dea Wirrriissdn^einer soicheiBjLage wiedersieht. Der Bub wurde gestern operiert und befindet sich schon wieder auf; ..dem-Weg'^br Bessef||^'Auch'die Frau hat ihre Angehörigen wiedergefunden und ich kann über Funk den Erfolg der Bemühung'en melden. Bis uns ein Hubschrauber zurückfliegt, bleibt noch etwas Zeit, die ich benutze, um mich im Lager umzusehen.,.. Ein Bach fließt mitten durch das Lager und teilt es. Auf der einen Seite die alte Seidenstraße, der Landeplatz, die Zeltstadt der Hilfeorganisafonen mit^fem Lazarett und der Feldküche, auf der anderen Seite die Flüchtlings behausungen aus Plastikplane^^^faf^ilrmen. Der Bach ist auch die Grenze zwischen Irak und Türkei und damit auch zwischen zwei V\^Pn.'Zwar febt ein Großteil der Flüchtlinge hier eigentlich im Irak, im Ernstfall könnten sie aber alle sehr schnell herüber in relative Sicherheit kommen. Ich bolanciere über die Baumstämme,;? die man hier als Brücke über dertBach gelegt hat. An der Uferböschung empfängt mich eine lachende und lär mende Kinderschar.' Die Kinder |;heinen überhaupt mit der schlimmen Situation ,am besten zu Rande zu kom men. Sie sind gut gelaunt, lachen]'spielenmit Spielsachen,die sie sich mit ungeheurerGeschfcklichkeitaus Pla stikabfall zurechtbasteln. Eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen besteht darin, Plastikflaschen unter Traktorreifen zu legen, die beim Darüberrofen mit lautem Knall zerplatzen. Für Augenblicke lassen sie mich den Ernst der Lage vergessen. Was geht in diesen .Mönschen vor? Sie sind der Politik und der Willkür einzelner Herrscher ausge^ rt, ein Spldball der Mächte, immer zwischen Leben und Tod. Sie tragen alles mit Fassung, sind nicht ver-,. ifelt, machen das Beste aus dem Augenblick, wer weiß, was morgen mit ihnen passiert. Manchmal fragt man sich, ob so ein Einsatz angesichts des Elends wirklich hilft, was können wir 43 Leute vom Osterreichischen Roten Kreuz überhaupt ausrichten? 75 Millionen Menschen leben auf der Ende untertiSolchen oder ähnlichen Bedingungen wie diese Flüchtinge hier. Gestern haben wir im Radio von der Flutkatastrophe in „Bangladesch gehört. Was sollen wir hier mit unseren 30 Stationsbetten, unseren rund 300 ambulanten; Patienden täglich. 3 Millionen Schilling kostet angeblich unser Einsatz. Aber all das sind Zahlen, sonst hichts. Wem |e ein vielleicht sterbendes Kind tief in die Augen geschaut hat, wer das dankbare Lächeln eines Menschen, dem man geholfen hat empfangen hat, dem wird klar, daß Zahlen wirklich nichts bedeuten, daß jedes einzelne ; Schicksal zählt.

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