Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

81 Im allgemeinen ist die Dreifelderwirtschaft vorherrschend. Um Kremsmünster ist die Wechselwirtschaft, b. h. die Sechsfelder- oder verbesserte Dreifelderwirtschaft eingeführt. An Stelle der Brache ist der für die Rindviehzucht wichtige Kleebau getreten. Im südlichen Berglande ist die Ehgartenwirtschaft, d. i. ein von zwei- bis dreijährigem Grasbestände unterbrochener Getreidebau im Gebrauche. An Futterpflanzen werden der rothköpfige steirische, hin und wieder Luzerner Klee, Futterwicke», Futtermais und Futtererbsen, an Hackfrüchten Runkelrüben, Erdrüben und Kartoffeln gebaut. Im Gebirge gedeihen die Kartoffeln gut in einem sogenannten „Brand", d. i. ein Ort, auf welchem gekohlt wurde. Hanf und Flachs, desgleichen Raps, werden selten gebaut. Bei Wartberg und Eberstallzell treiben einzelne Bauern Hopfenbau. Die Cultur der Rebe, die in früheren Jahrhunderten int nördlichen Hügellande gepflegt >vurde, hat schon im vorigen Jahrhunderte aufgehört. Die Anpflanzungen von Kraut, Kohl, Zwiebel und Sellerie u. dgl. haben am Lande nur den häuslichen Bedarf zu decken. In der Nähe von Steyr und beit Märkten werden jedoch diese und andere Gemüsepflanzen in größeren Akengen zuin Verkaufe gepflanzt. Die „Stachys affinis", deren Wurzeln wie Spargel zubereitet werden, wird im Stiefvatergute bei Steyr auf einem größeren Felde gebaut. Sehr erträglich ist der im Bezirke auf hoher Stufe stehende Obstbau. Durch­ streift man den Bezirk, so findet man einzelne Häuser, ja ganze Ortschaften hinter Obstbäumen versteckt. Auf Feldrainen, längs der Wege und Straßen und an Waldes­ rändern stehen lange Reihen der schönsten und kräftigsten Obstbänme. Wo noch ein leerer Raum ist, und ivo es überhaupt zulässig ist und Vortheilhaft erscheint, dort werden Obstbäume gepflanzt, und so mehren sich diese Pflanzungen von Jahr zu Jahr. Die ganze Gegend gleicht einem Garten, dessen Anblick in der Blütezeit ein bezaubernder ist; und wie herrlich prangen erst die Obstbäume in ihrem Früchte­ segen! Die größte Berücksichtigung findet das zur Bereitung des Obstmostes (Obst­ wein) taugliche Obst; außerdem aber zieht man auch Marktobst und in geschlossenen Gärten edles Obst, das vorzüglich gedeiht. Es gibt Bauern, die in guten Jahren an 1000 Eimer Most bereiten, der wegen seiner Güte und Dauerhaftigkeit weit und breit gesucht ist. Deshalb wendet der Bauer der Pflege seiner Bäume große Sorgfalt zu. Um die Blütezeit ist er sehr achtsam, er beobachtet jeden 'Rebelstieg und 'Rebel­ fall, jeden kalten und warmen Wind, Regen und Sonnenschein, und sagt nach diesen Erscheinungen schon int Frühjahre die Obsternte mit Freude oder Kummer voraus, je nachdem die Zeichen gut oder böse waren, allerdings mit dem Beisatze: „Waon nix drinter sinunt." Das überschüssige Obst wird von Unterhättdlern aufgekauft und geht in ganzen Waggonladungen nach Baiern, Baden, Würtemberg und in die Schweiz, wo es zur Schaumweinbereitung verwendet wird. Nebstbei ist auch die Erzeugung von Dörrobst, dann des Brantweines aus Kirschen und Zwetschken be­ deutend. Nebst Ackerbau und Viehzucht liefert der Obstbau dem Bauer die bedeutendste Einnahmsquelle. Es ist daher kein leerer Wahn, wenn gesagt wird: „In jeden Raum pflanz' einen Baum Und pflege sein; er bringt dir's ein." Die k. k. Landwirtschafts-Gesellschaft in Österreich ob der Enns zu Linz besitzt in Steyr, Kremsmünster, Neuhofen und Weyer je einen Bezirksverein mit zusammen circa 700 Mitgliedern. Diese Gesellschaft entfaltet im Lande eine ersprießliche Thätigkeit und veranstaltet von Zeit zu Zeit landwirtschaftliche Ausstellungen in den genannten Orten. 2. Forstwirtschaft. Der ganze Waldbestand int Bezirke deckt eine Flüche von 49747 ha und nimmt somit 39"/° des Flächeninhaltes des ganzen Bezirkes ein. Die größten Waldbestände befinden sich im südlichen Berglande, doch hat auch das nördliche Hügelland größere 6

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