Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

80 Auch nach der Beschaffenheit des Bodens richten sich die landwirtschaftlichen Producte. Im nördlichen Hügellande deckt eine mehr oder minder humusreiche Schichte den tiefen, hie und da marschigen, mit Breccia und Kieseln durchzogenen Lehmboden mit schotteriger Unterlage, der schwer zu bearbeiten, aber sehr fruchtbar und ertragreich ist; in den Thälern der Traun und Krems findet sich angeschwemmter, humöser Sandboden. Im nördlichen Hügellande weist der Boden in mannigfacheni Wechsel eine große Ergiebigkeit auf. Hier werden alle Getreidegattungen gebaut, vor allem Weizen und Hafer, dann Roggen, ant wenigsten Gerste. Zwischen der Krems und der Enns ist der beste Weizenboden des Landes, hier wird der schönste Weizen in der Monarchie geerntet. Hier wird Getreide über den Bedarf gewonnen, und der Verkauf desselben bildet eine der wichtigsten Einnahmsquellen des Bauers. Hier finden wir auch die großen geräumigen, im Quadrate gebauteil Bauernhöfe, zumeist stockhoch, mit Ziegeln oder Stroh gedeckt, die eine große Zahl von Wohn- und Wirtschafts- räumen bergen. Viele von ihnen gleichen eher einem Herrschaftssitze, als einem bäuer­ lichen Anwesen. Einer der größten und schönsten des Bezirkes imb des Landes ist der Zellhof bei Kematen im Kremsthale. Die Bauernhöfe liegen zumeist zerstreut, nicht weit von einander entfernt, kleine Waldschöpfe, Hecken und Haselstauden scheiden die benachbarten Gründe, Obstbaumreihen umsäumen die Wiesen und Ackerstücke. Der Einzelhof ist das Ideal unseres Bauers. Hier auf seinem Sitz, inmitten seines Grundbesitzes, lebt und wirkt er, gleichsam ein kleiner Herrscher auf seinein Gebiete, und weicht nur selten von den Überlieferungen seiner Väter ab. Im südlichen Berglande sind es die Verwitterungsproducte des Sand- unb Kalksteines, die für die Güte des Bodens hinsichtlich seiner Ertragsfähigkeit maß­ gebend sind. Die steil aufsteigenden Gründe sind jedoch für den Ackerbau nicht günstig, deren Bearbeitung ist eine mühselige, das Erträgnis ein geringes. Der Humus wird durch den Regen in die Niederung geschwemmt und dann mittelst Karren wieder hinausgeschafft. Um die dazu erforderliche Kraft zu mindern, wendet man hier durch- gehends die Rolle mit dem Kothseile an; das Zugthier ist an das Ende des Seiles gespannt, der Karren an das andere Ende angehängt; während die Ochsen bergab gehen, bewegt sich der Karren hinauf. — Auf den hochgelegenen Plätzen und in den Grüben kommt das Getreide zu später Reife. Das gewonnene Getreide deckt nicht den häuslichen Bedarf, daher Getreide, Mehl und Brot aus dem Flachlande einge­ führt iverden müssen. Naturgemäß wenden sich daher die Bewohner des südlichen Berg­ landes, welche sehr arbeitsame, genügsame und in ihrer Lebensweise höchst einfache und anspruchslose Landleute sind, der einträglichen Viehzucht und der Waldwirtschaft 511. Der gesammte Ackerboden des Bezirkes wird sehr fleißig bearbeitet. Zur Verbesserung desselben wird thierischer Dünger verwendet, in letzterer Zeit auch Knochenmehl und Thomasschlacke, und liefern besonders die damit bestreuten Wiesen großen Ertrag. Die Wiesencultur wird eifrig betrieben und liefert daher gute Erträgnisse. Die meisten Wiesen geben gutes „süßes Heu", und sind die Besitzer beflissen, feuchte Stellen mit „saurem Heu" zu entwässern und trockene Stellen mit Wasser zu berieseln. Der Bauer verwendet für seine Wiesen einen Theil des Düngers unb verwendet auch die in anderen Gegenden nutzlos abfließende Jauche „Adel" dazu. Die Wiesen sind zumeist „zweimahdig." Anfangs Juni findet die ergiebigere Heu- Ernte und im September die Grummeternte statt. Zur Bearbeitung des Bodens werden im nördlichen Theile des Bezirkes fast ausschließlich die schweren Pinzgauer Pferde verwendet. Bei kleineren Wirtschaften „mit Zug" nimmt sich der Bauer selbst der Pferde und Ochsen an; bei größeren Wirtschaften thut dies der „Rossknecht", und der Bauer führt die Oberaufsicht. Auf einen Bauernhof mittlerer Größe rechnet man 15 ha Ackerland, 5'5 ha Wiesen, 2 5 ha Wald, 15 ha Hutweiden; 4 männliche und 3 weibliche Arbeitskräfte, 3 Pferde, 10 Kühe, 5 Jungrinder und 8 Schweine. In Sölden (kleinere Gehöfte mit ca. 5 ha Grundbesitz) hält man keine Zugthiere.

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