Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

78 Überall im Bezirke wird das Fest der Sonnenwende gefeiert. Nach einge­ nommenem besseren Abendmahle, wobei die Krapfen oder der gebackene „Holler" ein Hauptgericht bilden, wird Johannisfeuer brennen oder wenigstens solche „Sunnwend- fcuer" schauen gegangen. Da geht es munter und fröhlich zu. Jedes sucht neun Feuer zu zählen, denn dann braucht man dies Jahr noch nicht zu sterben. Bei den Feuern wird geschossen, gejauchzt und gejodelt, einzeln oder zu Paaren über das Feuer gesprungen, da werden oft Fackeln, eigentlich alte Besen, angebrannt und im Kreise geschwungen, und oft fehlt zum Schlüsse auch ein Tänzchen nicht. Dieselben Bräuche wie am Johannistage wiederholen sich auch am Peter - und Paulstage. An diesem Tage stellen sich an manchen Orten während des „Taganläutens" die Männer unter einen Birnbaum, die Weiber unter einen Apfel­ baum, um sich vom Papste den Segen zu erbitten. Im Sommer, wenn schwere Gewitter nahen, wird nur noch an einigen Orten mit der großen Glocke, tote gewöhnlich zum Gebete, geläutet. In der vorerivähnten Jahreszeit, luenn die Getreidefelder wogen, ist es in manchen Pfarren auf dem Lande ein schöner Brauch, dass am Sanistag und Sonntag abends nach dem Tischgebet ein Umgang um die Korn- oder Weizenfelder gehalten wird. Hiebei wird der Rosenkranz und die Litanei gebetet und von den Theilnehmern eine bestimmte Reihenfolge eingehalten. Zuerst kommt der Hausvater, dann kommen die Knechte nach ihretn Range, hierauf schließen sich die weiblichen Hausgenossen an. Erhebend ist es, wenn man von allen Seiten die lauten, abwechselnden Gebete hört. Im Sommer ist die Schnittzeit. Da heißt es fleißig arbeiten. Dafür ist aber auch die Kost eine reichlichere. Da gibt es Krapfen und „Schnitterkoch." Sind die größeren Feldarbeiten beendet, so bietet die Hausfrau ihre Kochkunst auf, das Hauspersonal auf's beste zu bewirten. Es gibt da allerlei Mahlzeiten, Spiele und Gesänge bei dem sogenannten Habermahl, dem Martinimahl oder beim Ausdrnschmahl, dem Tendlpass. Hie und da im Kremsthale wird deut Bauer, der sich mit dem Altsdrusche verspätet, ein Strohmann vor die Scheune gestellt. Bei dieser Gelegenheit ist auch die „Stadlhenne" anzuführen. Dieselbe besteht aus einem besonders großen Krapfen, auf welchen derjenige Dienstbote Anspruch hat, der beim Schluss des Dreschens den letzten Schlag macht. Wohl muss er sich erst noch bemühen, von der Bäuerin unbemerkt, auf den Boden der Küche mehrere Schläge machen zu können. Gewöhnlich aber tvird er überlistet und niuss, geschwärzt von Ruß, ohne die Stadlhenne wieder abziehen. Den Schluss aller Feldarbeiten bildet das kirchliche Dank- oder Erntefest, bei welchem der Altar mit den Gaben, die der Schöpfer dem Landmanne dieses Jahr bescherte, oft recht sinnreich geschmückt wird. Ende September ist im Gebirge der Abtrieb, die Heimfahrt von der „Alm." Das im October stattfindende Kirchweihfest, ein rein kirchliches Fest, erinnert, einiges über die Kirchtage zu sagen. Der „Kirta" wird an den verschiedensten Orten zu den verschiedensten Zeiten ein- bis zweimal im Jahre abgehalten. Er hat seine frühere Bedeutung als Markt für die verschiedensten Waren fast gänzlich verloren itttb fristet nur noch in den meisten Orten als Belttstigungstag sein Dasein. An diesem Tage kommen frentde Krämer und bieten int „Stand" ihre Waren feil. Die Bevölkerung kommt nach der Messe zu den „Standeln", kauft und feilscht, der Buä, der eine „Liab" hat, führt sie zum Lebzelter und kauft ihr einen süßen Meth, dann einen „Kirta", nämlich ein rothes, verführerisches Herz mit einem Spruch, d Bacht, oder einen süßen Lebzelten. Beim Wirt ist Tanz und zum Schluss dann öfters eine Schlägerei. Zu Allerheiligen und Allerseelen herrscht in jeder Pfarre die schöne Sitte des Gräberschmuckes und -besuches. Ende November hört die lustige Tanzzeit auf. „Kathrein sperrt den Tanz ein/ Am Katharinatag wird daher in mancher Gegend der „Auslöschtanz" abgehalten. Es beginnt der Advent. Der Schnee bedeckt die Fluren, das Eis glänzt auf den Bächen und Teichen und lädt die Männer zum „Eisschießen" ein, >vas auch überall fleißig betrieben wird. Die weibliche Bevölke­ rung sucht ihre Arbeit, aber auch ihre Unterhaltung am Spinnrade. Am 4. De-

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