Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

Am Palmsonntage werden überall Weidenzweige geweiht. Diese sind zu einem sogenannten „Palmbuschen" gebunden und mitrothwangigen Äpfeln und seidenen Bändern geziert. Wer die schönsten Zweige und die meisten Äpfel an seinen „Palmbuschen" hat, bildet das Tagesgespräch der Palmbuschentragenden. Die geweihten Weidenzweige iverden zum Schutze gegen Hagel in die Felder oder gegen Blitzschlag an die Fenster oder über die Bilder gesteckt. Wer am Palmsonntage am längsten schläft, heißt Palmesel. Gebräuchlich ist auch die Sitte des Palmkützchenverschluckens. Dies hilft gegen Halskrankheiten. Am Charsamstag findet außerhalb der Kirche die „Feuerweih" statt. An dem geweihten Feuer brennen die Leute kleine Scheite an, die zur Abhaltung von Unwetter und Hagel in die Felder gesteckt iverden. Ein alter, nur hie und da im Gebirge noch gepflegter Brauch ist folgender: man sammelt die am Gründonnerstage und den beiden folgenden Tagen gelegten Eier. Äm Ostersonntag bekommt nun je ein Knecht ein hartgesottenes Charfreitagei und je eine Magd ein solches vom Charsamstag. Diese Eier müssen mit der Schale gegessen iverden, dann ist man vor jeder Verwundung mit einem Beile gefeit. Die Gründonnerstageier iverden aufbewahrt für den Fall, dass Feuer ausbrechen sollte. Ein solches Ei, in das Feuer hinein­ geworfen, dämpft die Flammen. Am Ostertage, dem hohen Feste, wird in jedem Hause getafelt. Als erste „Richt" erscheint zumeist auf dem Tische geiveihtes Fleisch und Brot (Osterflecken). Hieran reihen sich dann in unterschiedlicher Menge Suppen, Braten und Mehlspeisen, zuletzt kommt der „Schober" und für jede Person rothgefärbte Eier in bestimmter Zahl. Mit den rothen Eiern wird dann später allerlei Kurzweil getrieben. Man beschenkt sich gegenseitig mit rothen Eiern, und allgemein herrscht die Sitte des „Eierpeckens" und „Oärwalkens." Um Ostern beginnen auch fast überall die muntern Spiele der männlichen Bevölkerung, nämlich das „Kreuzerplatteln" und das Kegelschieben. Um diese Zeit folgt auch der junge Mann dem Rufe des Wehrgesetzes zur Stellung. Da geht es laut und lustig zu! Wird ein Bursch zum Militär „behalten", so wird in den meisten Gegenden sein Hut von den Kameraden und oft auch von dem Mädchen so mit künstlichen Blumen geschmückt, dass der Hut darunter fast verschwindet. Der erste Sonntag nach Ostern, der weiße Sonntag, heißt im Volksmunde der „Ahnlsonntag", denn an diesem Tage besuchen die Kinder, sowie sie meist am Ostermontag zur God'n um die Godesachen gegangen sind, ihre Großeltern, von welchen sie betvirtet iverden. Im Frühlinge schließt der Holzarbeiter das „Geding", den Arbeitsvertrag, mit dem Waldbesitzer ab. Hierüber, sowie über die verschiedenen Holzhauerbräuche im Gebirge, als auch über die im Mai stattfindende Auffahrt zur „Alm" wird im Ortsbilde Unterlaussa ausführlicher erzählt werden. Pfingsten, das liebliche Fest, ist das schönste Fest der größeren Schuljugend. Um diese Zeit fahren manche, tvenn nicht vielleicht ohnedem der Bischof in der Rühe weilt oder bald weilen wird, mit ihren Göd'n nach Linz zum Empfange des Sacramentes der Firmung. Bei der Firmilng ist es Brauch, dass der Firmgöd' seinen Kleinen nach dem Empfange des Sacramentes gut bewirtet und demselben später eine „Abfertigung", meist bestehend aus einem Rosenkränze, Gebetbuche, Kleidungsstücken, Geldstücken, oft auch aus einer Taschenuhr, gibt. Wer zu Pfingsten als letzter das Bett verlässt — denn zu Pfingsten verlangt der Brauch ein sehr zeitiges Aufstehen — ist der Pfingstlümmel im Hause. Ein Tag der Freude, für jung und alt, besonders für die „iveißen Madln" ist der Frohnleichnamstag, der „Kränzältag", mit seinem herrlichen, kirchlichen Umzüge unter Chorgesang, Instrumentalmusik und Pöllerknall. Am Wege werden Birken gesetzt, wovon sich die Leute nach dem Segen Zweige herabnehmen, zu kleinen Kränzchen tvinden und zu Hause hinter dem Hausaltar, in Stube und Stallungen aufhängen.

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