Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

75 mahl" ist, wird „getoaifet." Der „Bittelmann" geht von Hochzeitsgast zu Hochzeitsgast und ersucht in Sprüchen und launigen Versen um eine Haussteuer für die Neu­ vermählten. Diese tvird gewöhnlich in barem gegeben. Doch nicht auf einmal gibt der Gast die Gabe her, sondern da kommt oft zuerst nur ein Kreuzer, dann ein Zehnerl u. s. >v. auf den Teller, und erst die lustigen Einfälle und das heitere Zu­ reden und Drängen des Bittelmannes zwingen dem Gaste die schon längst bestimmte Geldgabe ab. Auch die Musikanten, die den Hochzeitsgästen als Aufforderung zum Zahlen ein Extrastück ausspielen, und das Küchenpersonale, tvelches mit beut Koch­ löffel bittend an die Gäste herantritt, erhalten bei großen Hochzeiten ihre Trinkgelder. Das nächste tvichtige Ereignis ist ein Todesfall. Sehen die Angehörigen ans dem Verlaufe der Krankheit, dass es mit dem Kranken schlimm stehe, dass er's vielleicht gar bald „überkemma hab'n könnt'", oder räth der Arzt hiezu, so wird der Kranke beredet, sich mit den heiligen Sterbesacramenten „versehen" zu lassen. Während der Beichte beten in manchen Pfarren die Nachbarn und Verwandten draußen für den Schwerkranken. Ist der Kranke gestorben, so tvird ihm am Ende der Messe das Zügenglöcklein geläutet. Die Verwandten bestellen dann beim Pfarrer, Messner, Gräber, Tischler die „Leich." Diese Bestellung des Begräbnisses heißt auf dem Lande das „Abmachen." Der Todte wird zu Hause aufgebahrt, seine Sterbekleider bekommt die „Anzieherin", das „Todtenstroh" tvird in der Nähe des Hauses auf der Straße ver­ brannt. Am Abende versammeln sich die Nachbarsleute zum „Nachtwachten", wobei Rosenkranz gebetet, Lieder gesungen und die Theilnehmenden mit Brot, Most, Schnaps, oft auch mit Kaffee und Krapfen betvirtet werden. Der „Ansager" lädt die Leute des Ortes, die Vertvandten und Freunde zum Leichenbegängnisse ein. Am Begräbnis­ morgen versammeln sich die Leute im Trauerhause, tvo sie ein Frühstück erhalten, und begleiten dann den Verstorbenen betend zur letzten Ruhe. Dem Leichenznge schreitet im Gebirge ein Knabe mit einer brennenden Laterne voraus. Nachdem der Todte in die Erde gesenkt wurde, tvas enttveder vor oder nach dem Todtenamte stattfindet, spricht zum Schlüsse der „Vorbeter" im Namen der Hinterbliebenen für „die zahlreiche Begleitung zum Grabe" den Dank aus und lädt die Anvertvandten und alle „Condnctpersonen" zur „Todtenzehrung" im Wirtshanse ein. Diese ist ent­ weder eine „kalte", wobei nur Brot und Getränk vorgestellt tverden, oder eine „tvarme" oder „kochtö Zöhrung", bei der außer dem „kalten" noch ein gutes Mittagsmahl den Gästen verabreicht wird. Beim Todtenmahle wird viel von den guten Eigen­ schaften des Verstorbenen, bei dessen Namensnennung man immer „Gott trest'n" oder „Gott hab ihn selig" beisetzt, gesprochen. Hinterlässt der Verstorbene nur lachende Erben, so kommt es manchmal vor, dass das Ende der Zehrung wenig einem Leichen- schmause gleicht. Eines Brauches im Kremsthale ist noch zu ertvähnen. Man zieht nämlich dem Todtemvagen ein Rad ab und lässt ihn sammt den Brettern, tvorauf der Todte aufgebahrt tvar, drei Tage im Freien. In noch interessanteren Erscheinungen als in denGebräuchen bei Geburt, Hochzeit und Todesfällen zeigt sich das Volksleben inden verschiedenen Sitten und Gebräuchen, die die verschiedenen Jahreszeiten und Feste zu schmuckvollem Gefolge haben. Da ist zuerst des neuen Jahres jüngster Tag. Derselbe wird allenthalben mit Freudenschüssen begrüßt. Jung und alt tvünscht sich Glück zum bevorstehenden Jahre. So, wie es am ersten Tag des Jahres geht, so geht es auch an den übrigen. Ist die erste Person, tvelcher man an diesem Tage begegnet, jung, so bringt das Jahr Glück. Ist das Gegentheil der Fall, so tvird das Jahr ein unglückliches sein.' Ist man geztvungen, an diesem Tage viel Geld auszugeben, so geht es das ganze Jahr so fort. Bleibt der Bursche diesen Tag bis spät int Wirtshause, so wird er gewiss dieses Jahr ein WirtShanssitzer. Begegnet einem Unverheirateten eine Person anderen Geschlechtes, so wird der Bräutigam oder die Braut den Taufnamen dieser Person führen. Hat man am Nenjahrstage ein neues Kleidungsstück an, dann hat man das ganze Jahr etwas Neues.

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