Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

70 kurze Lederhosen und grüne oder graue Strümpfe werden hie und da getragen. Da­ gegen sind im Winter ein Paar feste Lodengamaschen allgemein üblich. Die iveiblichen Bewohner tragen kurze, bis zu den Knöcheln reichende Röcke in glanzenden Farben, zumeist seidene, grell gefärbte Busentücher, dunkle Schürzen und Joppen und Kopf­ tücher. Im allgemeinen wird auf Kleidung und Schmuck etivas gehalten, ohne dass aber hiebei große Ziererei zur Schau getragen ivird. Eine Eigenschaft ziert vor allem die Bevölkerung, die Gastfreundschaft. Be­ treten ivir die gastliche Behausung, so iverden mir zum Sitzen genöthigt und zum mindesten mit einem Schnitt guten Schwarzbrotes und einem Trunk Most bewirtet. Wir wollen an dieser Stelle die Behausungen der gastfreundlichen Bewohner­ schaft einer kurzen Betrachtung unterziehen. Der Bauernhof steht zumeist ein­ zeln, selten bilden mehrere eine geschlossene Ortschaft. Die Landbauernhüuser, sowie die größeren Gehöfte im Gebirge bestehen meist aus dein einstöckigen Wohngebäude, den Stallungen und Scheunen, tvelche gleich hoch und so aneinander gebaut sind, dass sie unter gemeinsamem Dache stehen und einen viereckigen Platz, „den Hos", ein­ schließen. Der vordere Theil des Gehöftes, der Hausstock, das Wohnhaus, und die links- und rechtsseitig anschließenden Räumlichkeiten, geivöhnlich die Stallungen, sind meist aus Ziegeln oder Steinen, der Hintere Theil, die Scheune und der Wagen- schuppen mit dem großen Einfahrtsthore dagegen aus Holz gebaut. Das Dach ist cntiveder mit Stroh oder Brettern, seltener mit Ziegeln bedeckt. Biele solcher Bauern­ häuser haben ein gar stattliches Ansehen und sehen eher einem herrschaftlichen Besitze als einem bäuerlichen Anwesen gleich. In der Nähe größerer Gehöfte stehen die zu denselben gehörigen Häuseln, das sind kleinere Wohngebäude, bewohnt von Taglöhnern oder Handwerkern, die bei den Bauern sich zur Arbeit verdingen. Außen um das Bauernhaus, zumeist aber innen im Hof, der auch zugleich für den Dünger bestimmt ist, ist ein mit Steinen gepflasterter Gang, welcher „Gred" heißt. Im Hose oder vor dem Hause steht der Brunnen, und oft ist auch ein kleiner Teich, „die Lake", beim Hause. In der Nähe des Hauses steht auch zum öfteru die Hauskapelle, in welcher der Bauer mit seinem Gesinde die Hausandachten verrichtet. Betreten wir das Haus, so kommen nur zuerst in ein längliches, geräumiges Borhaus. Bon diesem führen nach rechts und links meistens zwei Thüren einerseits in den Presskeller, die Speise, den Milchkeller, die Mügdekammer, andererseits in die Wohnstube und in die Küche. In der Wohnstube befindet sich der große Tisch, an welchem die Leute ihre Mahlzeiten einnehmen, rings um die Wände sind Bänke angebracht; nahe bei der Thür, die in die Küche führt, steht der große Kachelofen und bei diesem die breite Ofenbank, eine gern aufgesuchte Liegerstätte in müßigen Stunden. In der Ecke oberhalb des großen Tisches befindet sich der Hausaltar, geschmückt mit alten bunten Heiligenbildern. Bon der Stube führt eine Thür in das „Stübl", das Schlafgemach der Bauersleute. Aus der Stube führt auch noch, wie schon ertvähnt ivurde, eine Thür in die Küche, >vo die Bäuerin ihres Amtes maltet. Hier steht der große Sparherd, — der offene Herd findet sich nur noch im Gebirge vor, — der Backofen und der „Sechtlkess'l." Im ersten Stocke befinden sich der „Troadkast'n" und ein oder mehrere Zimmer für des Bauers bessere Sachen. Anders wie der beschriebene Hos sind die kleinen Höfe im Gebirge. Hausstock, Stallung und Scheune, alles aus Fachiverk erbaut, sind in der Sieget nicht zusammen­ gebaut, sondern stehen einzeln. Die Wohnstuben und Stübeln sind niedrig, die Decken der Wohnräume sind nicht geiveißt, sondern von rauchgeschwärzten Balken gebildet, in der Küche steht der offene Herd mit seinem schivarzen, pechglänzenden Rauchfang darüber und dem großen Kessel, der das Schiff des Sparherdes vertritt, der über kurz oder lang den alten offenen Herd auch hier verdrängen wird. Das Familienleben im Bauernhause ist ein patriarchalisches und äußert sich in einem freundlichen Berhältnisse zwischen Dienstgeber und Dienstboten. Diese treten meist um Neujahr ihre neuen Plätze an; doch findet ein Wechseln des Dienst-

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