Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

G!) Von der Gesammtzahl starben im Stadtbezirk im Säuglingsalter 177, (150 eheliche und 27 uneheliche), im Kindesalter (vorn 1. bis zum vollendeten 5. Jahre) 44 (39 eheliche und 5 uneheliche), in der Schulzeit (vom 5. bis zum 15. Jahre» 20 , in der Jugendzeit (vom 15. bis zum 25. Jahre) 22, im Alter der Vollkraft (vom 25. bis zum GO. Jahre) 124 und im Greisenalter 123 Individuen. Im Landbezirke starben im Säuglingsalter GIG (497 eheliche und 119 unehe­ liche), im Kindesalter 154 (123 eheliche und 31 uneheliche), in der Schulzeit 78, in der Jugendzeit Gl, im Alter der Vollkraft 3G2 und im Greisenalter 581 In­ dividuen. Im Stadtbezirke stehen hundert ehelichen Geburten 20 und hundert unehelichen Geburten 29 Sterbefülle im Säuglingsalter gegenüber und im Landbezirke 30, be­ ziehungsweise 33. Was die Todesarten anbelangt, so starben im Stadtbezirke 2G Individuen an epidemischen, 482 an sonstigen Krankheiten und 2 verunglückten. Im Landbezirke starben an epidemischen Krankheiten 43 Individuen, an sonstigen Krankheiten 17^8, 1 endete durch Mord, 8 durch Selbstmord und 12 verunglückten. B. Sitten und Gebräuche. Bei der volksthümlichen Schilderung des Bezirkes Steyr ist vor allem die Zwei- theilnng der Bevölkerung in Land- und Gebirgsbewohner ganz besonders ins Auge zu fassen. Diese zlvei Gruppen der Bewohnerschaft, obwohl zumeist Gemeinsames im Volkscharakter besitzend, unterscheiden sich gar vielfach in manchen Sitten und Ge­ bräuchen, in Tanz und Liedern und besonders in der Kleidertracht von einander. Der Land- foltne der Gebirgsbewohner sind ein kräftiger Menschenschlag, unter­ setzt, starkknochig, gestählt durch strenge Arbeit. Er hängt mit Leib und Seele am Ererbten, am Althergebrachten. Alte Sitten und Gebräuche, Offenheit und Bieder­ keit, Glaubenstreue und frommer Sinn sind daher bei ihm zu finden. Seine Wirt­ schaft, sein Handwerk sind sein Stolz. Nicht unerwähnt darf die Lust der Beivohner, insbesondere der Gebirgler, am Liede bleiben. Die Unterhaltung am Wirtshaus­ tische »vürzen Soldaten-, Jäger- und Almlieder, im Ennsthale die Schosserlieder; vierzeilige Gstanzln und Schnadahüpfln begleiten die Weisen des Ländlers und des Steirischen, und es ist ein »vahres Vergnügen, die frohen Mäher und Schnitter zu belauschen, »venn sie am frühen Morgen bei der Arbeit oder am Abend bei der Heim­ kehr ihre vielstimmigen Jodler — den Schewe, den Neustifter — herausjauchzen. Freilich ist dies nur reiner Naturgesang, doch darum nicht minder schön. Wie den Gesang, so lieben die Beivohner auch den Tanz. Besonders durch diesen, ivelcher bei den Hochzeitsgebräuchen eine eingehendere Besprechung finden wird, als auch durch die Kleidertracht unterscheidet sich zumeist der Landbewohner von dem des Gebirges. Auf dem Lande trügt der Mann einen kurzen Tuchrock mit Samint- kragen, eine sammtene, mit silbernen Knöpfen gezierte Weste, lange Tuchhosen und einen runden, niedrigen Filz- oder Sammthut mit silberner Schnalle. Doch macht die beschriebene Tracht immer mehr der städtischen Mode Platz. Noch weit mehr aber erstreckt sich der Einfluss der Mode auf die Kleidung der weiblichen Landbevölkerung. Von der ganzen alten hübschen Kleidertracht ist im großen und ganzen nur noch das seidene schwarze Kopftuch übrig geblieben. Fester hält die Gebirgstracht den Modeeinflüsscn stand. Von Terrcherg im Ennsthale aufwärts findet man noch fast überall die grünen Hüte, die rothen Halstücher, die grün eingefassten Lodenröcke mit Geweihknöpfen und das mit Pechdraht genähte und mit „Schörken" beschlagene Schuhzeug. Den Hut schmücken, entsprungen aus der Vorliebe der Bevölkerung für Jagd und Jägertracht, ein Gems-, Hirsch- oder Dachsbart oder eine Wildhahnfeder und zur Sommerszeit Rosmarin und Nelken, die aber, soll sich der Träger des oft von lieber Hand so geschmückten Hutes nicht argen, derben Spötteleien aussetzen, in ungerader Zahl aufgesteckt sein müssen. Auch

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