Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

54 weisen die Wiesen nmveit Weyer mit dem dustenden, silberweißen Narcissus poeticus L. auf. Als besondere Specialität der Umgebung von Steyr ist das Vorkommen der Leimmistel (Viscum album L.) ans Föhren und Fichten zu nennen. Die feuchten Gründe der Seitenthäler der Enns bergen in Unmassen die kleinen vollen Rosen des gelben Trollius curopaeus L und die Felsen den prächtigen, stengellosen Enzian (Gentiana acaulis L.). Der Mai umfasst die Hauptblütezeit der meisten holzigen, wie auch krautigen Gewächse. Auch die Blütezeit der Gräser, unter denen es manche Seltenheiten gibt, fällt in die erste Hälfte Mai. Aus den Höhen des Schobersteins, Schiefersteins, Almkogels 2C. finden wir aber jetzt erst die Frühlingsflora. Ein Abhang des Schober­ steins ist da übersäet von dem lieblichen Maiglöckchen (Convallaria majalis L.) und seine Höhe, >vie die der nächsten anderen Berge, schmücken vor allen die großen, lvcißen Sterne der Anemone narcissiflora, die gelben Blüten des Chcirantus cheiian- thoides und die großen Lilasterne der Alpenaster. In den Wäldern blüht der Waldmeister, die duftende Würze des Mai- trankes. Der Mai zaubert aber vor allem auf die Wiesen der Thäler und Höhen einen reichen Flor der schönste» Orchideenarten, von der allgemeinen Orchis maculata L. angefangen bis zur schönsten Orchidee Europas überhaupt, dem großen Franenschnh (Cypripedium calceolus L.). Die Bergwiesen liefern zu gleicher Zeit eine Menge der arzneilichen Arnica montana L., und in den Thälern wuchern Geranium Phäum, der braune Storchschnabel, die Tag-Lichtnelke, das Vergissmeinnicht, die blauen Glocken der Campanula patula und die Wucherblume. Die Wiesen der Obstgärten aber sind bedeckt von den weißen Doldenblütcn des Anthriscus silvestris L. und des Kälberkropfes (Chaerophyllum hirsutum L.), Hierin diese nicht durch den gemeinen Löwenzahn verdrängt werden. Chaerophyllum nitidum Whlbg. ist eine Specialität des Schobersteins. Die Troddclblume (Soldanella montana L.), sowie die Fettkräuter (Pinguicula vulgaris und alpina) und der Fieber­ klee (Menyanthcs trifoliata L.) zieren die feuchten Moorgründe, in welchen auch häufig die reinweißen, seinivolligen Köpfchen des Wollgrases (Eriophorum), sowie auf Wald­ grund die Heidel- und Preißelbeeren vorkommen. Einige Gräben um den Damberg besitzen die Willemetia aparagioides als alleiniges Eigenthum. Die Anen der Enns und Steyr hegen so manche alpine Pflanze, die von den Höhen zuthat geschwemmt wurde, und in den Gebirgsthälern von Ternberg au finden sich das Alpen-Sandkraut, die Bergflockenblume, dann Carduus defloratus und Cirsium Erysithalcs, zwei schöne Distelarten, die Baldriane: Valeriana montana und saxatilis, Linaria alpina, Biscutella laevigata (das Brillen- kraut) und an den schattigen Stellen der Ufer das großblumige melissenblättrige Jmmenblatt. Die Blütezeit ist im Bezirke Steyr umso reizvoller, als nach einem, gewöhnlich fünf Monate andauernden Winter sämmtliche Obstbäume fast zu gleicher Zeit lvie mit weißen und rothen Blüten überstreut erscheinen. Die reichen Sträuße des Fliederbaumes ergänzen den prächtigen Flor. Darüber her sehen die ncubekleidctcn Buchenwälder unserer Borberge mit ihrem gelbgrünen, frischen Laube hernieder und erhöhen das maifreudige Aussehen unserer Gegenden. Blüte drängt sich überall an Blüte, und schwer ist es, den Reichthum der Monate Juni und Juli in Worten darzustellen, wenn nicht trockene Aufzählung der zahlreichen Arten aus allen Ordnungen der Pflanzenwelt, die überhaupt in Europa vorkommen, den Leser ermüden sollen. In den Wäldern setzten bis dahin Föhren, Tannen, Fichten und Lärchen, die Eibe und der Wachholder ihre unscheinbaren Blüten an, mit denen sich gesellig die Laubbäume: Buche, Eiche, Birke, Ulme, Walnussbanm, Feld- und Bergahorn, sonne Esche, Linde und Robinie vereinen. Auch in Gebüschen und Sträuchern blühen die

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2