Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894
13. Das Pflanzenreich. Die Entivickelnng der Vegetation beginnt bei uns im Frühlinge, von Norden, dein offenen Lande, gegen Süden, das Gebirge, allmählich fortschreitend. Doch erscheinen in manchen geschützten Thälern die Erstlingsblüten überraschend bald. Durchschnittlich fällt der Blütenanfang in die erste Hälfte März, doch sind schon zu Anfang Februar die Wäldchen und Hohen nächst Stadt Steyr und um Weyer mit der prächtigen schwarzen Nießlvurz geschmückt; hie und da kommt auch die grüne Nießwurz vor. Aus sandigen Stellen erscheint zuerst der Huflattich und auf den durchfeuchteten Wiesen massenhaft das große Schneeglöckchen (Leucojum vernum L.). — Das eigentliche Schneeglöckchen (Galanthus nivalis L.) fehlt im Bezirke; ebenso die liebliche blaue Meerzwiebel (Scilla bifolia L.). Nach jenem kommen die Goldsterne (Gagea lutea L.), dann die Sumpf-Dotterblume, die Bach ränder säumend, und die vielen Buschwindröschen, Anemone nemorosa und ranun- culoides, sowie hepatica mit ihren iveißen, gelben und blauen Sternchen und an buschigen Stellen das Bingelkraut (Mercurialis perennis L.) und das Lungenkraut (Pulmonaria oft!einalis). Die Bergwiesen ziert an südlichen Abhängen die reizende kleine Lilie des Crocus vernus oder Frühlingssafran und hie und da der Märzenbecher. Anfangs März stäuben durchschnittlich die Kätzchenblüten der Haselnuss und der Erlen. Die pelzigen Kätzchen der Weiden und Pappelarten erscheinen bereits Ende Februar, stäuben aber erst im April während der Blattentivicklnng des Strauches. Die erste Blattentfaltung erscheint in der Regel anfangs April bei den Arten: Traubenkirsche, Hollunderstrauch, Spindelbaum; dann folgen bald: Apfelbaum, Birnbaum, Zwetschke, Hartriegel, Birke, die unechte Kastanie und die in Gebüschen häufige Pimpernuss (Staphyllea pinnata L.) mit ihren iveißen, hängenden Trauben voll Blüten, ähnlich den Schmetterlingsblüten. Immer mehr beleben sich die Wiesen mit Farben und schmücken sich mit der Tranbenhyacinthe (Muscari comosum MilL), dein Frühlingsenzian, dem Wiesenschaum kraut und Lerchensporn, dem Beimvell und mit verschiedenen Hahnenfuß- und Finger krautarten, unter welch' letzteren besonders Potentilla longifolia Borb. als Specialität der Umgebung von Steyr zu nennen ist. Auch das zarte Mnschelblümchen (Isopyrum) blüht hie und da in der Nähe der Stadt Steyr. Am reichsten erscheinen im ersten Frühjahre die Abhänge geschmückt von Primula elatior Jcq. und der drei Wochen später hervorkommenden duftenden Primula officinalis .leg, während auf den Bergen schon die allbeliebte Primula Auricula, beim Volke „Petergstam" genannt, gepflückt wird. Lieblich schmückt auch Primula farinosa und Primula glutinosa manche Bergwiese. Eine unserer schönsten Pflanzen dieser Zeit überzieht viele Wiesen und Abhänge zwischen Steyr und Sierning; es ist die Anemone Pulsatilla 1. oder Küchenschelle mit ihren röthlichen oder blauvioletten, auch häufig reinweißen, seidig behaarten, glockigen Blüten. Schon anfangs März färbt die Erica carnea L. die Abhänge in den Bergen, sowie die Auen der Steyr mit ihren herrlichen rothen Polstern; an den Flussufern und Bächen stehen in dichten Büschchen die gewöhnliche und die weiße Pestivurz. Heimlich im Gebüsche versteckt duften die unscheinbaren Blüten des Moschus- blümchens, der Haselwurz und des Märzveilchens, während sich die duftlose Viola hirta L. ans allen, sonnigen Abhängen breit macht. Ueberdies finden sich noch Viola mirabilis und austriaca (Kern) vor. In den Wäldern der Thäler finden ivir die mit den starkriechenden rothen Blüten besetzten Ruthen des Seidelbastes (Daphne mezereum L.), wogegen das geruchlose Daphne laureola L. einige Wochen später in den Bergwäldern blüht. Auch die Frühlingswalderbse, die neunblättrige Zahnivurz und Cardamine trifolia sind ein Schmuck unserer Wälder im Frühlinge. Den herrlichsten Schmuck aber
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