Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

539 und da kommt auch gemischter Bestand vor. Der herrschende Betrieb ist der Hochwald mit dem Kahlhiebe mit nachfolgender Verjüngung aus der Hand, die Anzucht reiner Nadelholzbestünde die Regel In den Mengbeständen der Buche, Fichte und Tanne wird wohl Vorverjüngung, jedoch mit künstlicher Nachhilfe betrieben. Fast überall pflegt man wiederholte Durchforstungen zu führen und die Jungwüchse zu säubern. Die Bauern folgen dem Winke der Natur, indem sie den Plenterhieb mit einer dem jeweiligen Bedarfe sich anschmiegenden Entnahme der älteren Bäume folgen. Mit jenen verderblichen bis zur äußersten Grenze geführten Kahlschlügen, welche bei der Alpinen Montangesellschaft eine typische Erscheinung waren, hat man jetzt aufgehört. Die meisten ledigen oder verheirateten, aber nicht hausbesitzenden Leute finden ihren Erwerb bei der Holzarbeit als Holzknechte oder als Köhler. Diese finden ihre Verwendung bei der k. k. Forst- und Domänenverwaltung oder bei der Forstverwaltung des Landes Steiermark oder auch, jedoch in sehr geringer Anzahl, bei Privaten. Man theilt sie in „Schichtler" unb „Gedinger" ein. Der Schichtler arbeitet von (j Uhr früh bis 6 Uhr abends und bekommt für jeden Arbeitstag einen durchschnitt­ lichen Lohn von 1 fl. 20 kr. Er untersteht dem „Schichtenmeister" oder „Vorarbeiter." Die Gedinger hingegen stehen unter einem „Passvorsteher." Dieser übernimmt von der Verwaltung den Abtrieb eines ausgezeigten Holzbestandes, wählt sich seine Holz- knechte selbst, hat sich um ihre Besoldung bei der Verwaltung zu kümmern und ist verantwortlich für alle Vorkommnisse; auf ihn ist, wie die Gedinger sagen, die Arbeit geschrieben. Die Arbeit, welche sich theilt in das Fällen des Holzes und in die Bringung desselben zu einem bestimmten Holzplatze im Thale, beginnt im Frühjahr und dauert oft bis zum nächsten Frühjahr. Es ist der „Pass" keine Zeit gesetzt, in der die Arbeit vollendet sein muss; je eher sie fertig ist, desto besser für alle, da die Arbeit per Cubikmeter gezahlt wird. Für jeden Gedinger bekommt der Passvorsteher monatlich 20 fl. ausbezahlt. Ist das Fällen der Stämme beendet, so erfolgt die Holzabmaß; ist die Bringung vollbracht, so geschieht die Abrechnung; dann weiß erst der Gedinger, ivie er sich „steht." • Die ganze „Pass" wohnt mit ihrem Vorsteher gemeinsam von Montag bis Samstag in einer Hütte, der Holzknechthütte, lkms „Tagwerden" tvird aufgestanden und mit Gebet an die Arbeit gegangen. Um 9 Uhr tvird über ein gegebenes Zeichen vom „Feurer" in der Hütte aufgeheizt und zum Frühstück, zur sogenannten „Muszeit" (Mus-Koch), gegangen. Jeder kocht sein Mahl selbst. Dasselbe besteht gewöhnlich aus „Nocken", d. i. eine mit Wasser angemachte, in Schmalz gebackene Mehlspeise. Nach dem Frühstück wird wieder bis 2 Uhr gearbeitet, dann ist Ruhezeit und Mittagsmahl. Um 3 Uhr tvird abermals an die Arbeit gegangen und dieselbe bis zur Dämmerung obne Unterbrechung fortgesetzt. Bis dann abgekocht ist, wird es schon spät abends. So geht es fort, jahraus, jahrein. Im Winter, >vo die Tage kürzer sind, tvird sogar beim Mondschein gearbeitet. Nur die „Holzabmaß" bringt etwas Abwechslung in das eintönige Leben. Dieser Tag ist für die Pass ein Feiertag. Da geht's hoch her, denn da gibt's statt „Nocken" Fleisch. Käse und Kaffee, statt Wasser Schnaps, Bier und Wein. Selbst getanzt tvird oft bei den Klängen einer Mundharmonika, und lustige Jodler und Schnadahüpfln ertönen aus der sonst stillen Hütte. Ist die Abmaß beendet, so kommt erst die gefährlichste Arbeit für den Gedinger, die Bringung in wegsame Gegenden. Bei große» Schlügen tverden eigene „Holzriesen" (aus Holzstämmen gebildete Rutschbahnen) gebaut, um die Stämme zu Thal zu fördern (holzen). Ist dies alles glücklich gelungen und das Holz in Lagern aufgeschichtet, so kommt die Abrechnung. Da geschieht es nun freilich öfters, wenn zum Beispiel thauigeS, warmes Wetter im Winter die schnelle Bringung verhinderte, dass die Gedinger nichts mehr bekommen, ja dass sie sogar manchmal auf den bezogenen Lohn rückzahlen müssen. Ist die Abrechnung gut ausgefallen, d. h. wurde ein Überschuss erzielt, dann gibt's wohl einen flotten Tag, aus dem auch manchmal zwei, drei werden. Die Köhler sind meist- auch Gedinger, jedoch ohne Vorsteher. In je kürzerer Zeit sie die Kohle bringen und je reiner sie ist, desto besser für die Köhler. Für das „Fasst", d. i. ein Sack Kohle, bekommen

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