Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

532 noch im Betriebe stehen. Gute Wege sind mit Ausnahme der am rechten User der Enns nach Steyr führenden Eisenstraße, die schon von den Kelten und Römern begangen wurde, und die bald unten am Ufer, bald wieder in beträchtlicher Höhe über demselben in kühnen, den Felsen abgetrotzten Anlagen hinzieht, wegen der sehr gebirgigen Bodengestaltung nicht vorhanden. Die Brücke über die Enns in Kleinreifling besteht schon seit alter Zeit. Sie war früher der häufigen Hochwässer wegen zum Abziehen eingerichtet, wurde 1803 vom Hochwasser weggerissen, weshalb der Verkehr durch zivei Jahre mittelst Überfuhr bewerkstelligt wurde. Da auch dieser Verkehr bei Hochwasser eingestellt wurde, so mussten die Leute auf einem Gangsteige hoch über das Gebirge nach Kastenreith wandern, um in die Kirche in Weyer zu gelange». Auch mehrere Leichen wurden auf diesem Wege nach Weyer gebracht. Bis zum Jahre 1874 wurden sämmtliche Frachten der Hammergewerkschaft mittelst Wagen oder auf der Enns befördert, was lohnenden Verdienst brachte. Der Hausbauer allein beschäftigte 40 Pferde. Seit jener Zeit verführt die Kronprinz Rudolf-Bahn, die jetzige k. k. Staatsbahn, die Frachten. Die Fahrt auf der Bahn im Ennsthale durch das Gesäuse gehört zu den romantischesten Fahrten, die man in Österreich überhaupt machen kann. Verfolgen wir die in unserem Gebiete liegende Strecke, und beginnen >vir unsere Fahrt im Norden bei Küpfern. Das nur aus etlichen zerstreuten Bauernhäusern ititb Mühlen bestehende Küpfern am Fuße des Katzenhirn gegenüber dem am rechten Ufer befindlichen Falken­ stein war früher als Einbruchsstation für den eine Stunde entfernten Markt Weyer von einiger Bedeutung, hat aber seit Eröffnung der Bahn von Amstetten seine Bedeutsamkeit gänzlich verloren, die früheren Hilfsgebüude wurden abgetragen und die Station aufgelassen. Unmittelbar aus Küpfern folgt die interessante Überbrückung des Jnselbaches mittelst eines Viaductes, bestehend aus drei Öffnungen mit Eisenconstruction, wovon die mittlere eine Spannweite von 34'1 m und eine Bahnhöhe von 277> m hat, während die Seitenöffnungen jede über 15'2 m Spannweite haben, so dass der ganze Viadnct die beträchtliche Länge von G0'7 m misst. Bald darauf fahren wir durch den 322'3 m laugen, theils in Schotter gemauerten, theils in Fels gehauenen Ennsberg-Tunnel, den ersten auf der Strecke, dann in einem Bogen um die scharf abfallende Felswand des breit gelagerten Ennsberges, der die Landschaft in südlicher Richtung abschließt. Hier thut sich jenseits des Flusses die Thalspalte des Gaflenzbaches gegen Weyer auf, wo dann der Zug in die Halte­ stelle Kastenreith einfährt. — Hier mündet die von Amstetten über Waidhofen und Weyer ziehende Bahn ein, doch findet der Wagenwechsel und die Überladung der Frachtgüter erst in der nächste» Station Kleinreifling statt. Jenseits am rechten Ufer der Enns, gegenüber von Kastenreith, steht die Häusergruppe „Im Kasten" mit dem gleichnamigen Wirtshause. Hier fanden im Jahre 1525 Zusammenrottungen von aufständischen Bauern statt, welche die zur Versammlung der Stände von Österreich und Steiermark nach Steyr reisenden Abgeordneten überfielen und sie zur Flucht in die feste Burg Gallenstein zwangen, von wo sie später unter starker Bedeckung den Weg weiter fortsetzen konnten. — Die Gegend an der Enns bei Kastenreith heißt „der Freithof", weil dort zumeist die Leichen der im Oberlaufe der Enns in dieser verunglückten Flößer und Holzknechte angeschwemmt werden. sJiad)bem die am jenseitigen Ufer gelegenen Häuser „im Kasten" dein Gesichts­ kreise entrückt sind, verengt sich das Waldthal, um sich, sobald man einen kleinen, 40'8 m langen gemauerten Tunnel durchfahren, bei Moos Ivieder zu erweitern, wo jenseits des Flusses die kleine Kapelle eine hübsche Vignette bildet. Die dort in der Nähe befindliche Taverne am Moos ist ein alterthümliches sehenswertes Gebäude. Ein Nebenstöckl desselben zeigt im Innern ain Gelvölbe alte Freskogemälde und soll

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