Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

werk dem Wernhard Mangstein, der kurz vor 1658 von den Steyrer Bürgern Gstettner und Ochs zwei kleine Eisenhämmer in Reichraming zur Vergrößerung seines Werkes hinzukaufte. Im 18. Jahrhundert gelangte das Messingwerk in den Besitz des Klosters Seitenstetten, für welches es Abt Paul H. Vitsch (1729—1747) nebst dem Kupfer­ bergwerk in der Radmer erwarb, und hatte das Stift dann seit 1782 zur besseren und schnelleren Verwertung der Producte in Steyr eine Niederlage. Mit Kauf­ vertrag vom 1. Juni 1842 erlangte der kgl. dän. Commerzialrath und Director der I. Österreichischen Donaudampfschiffahrts-Gesellschaft in Wien, Karl Ferdinand Klein, durch Ignaz Horner, Messingfabriksdirector in Steyr, den gesammten Besitz sammt Vorräthen um 107595 fl. 29 kr. Cm. vom Stifte Seitenstetten gegen Entrichtung der Laudemial- und Lehengebüren. Als Karl Ferdinand Klein am 27. October 1868 starb, folgten zu gleichen Theilen: Amalie von Kohlrausch, Anna von Kriegshaber, Alfred Klein, Karl Klein und Olga Stieglitz. Durch Kaufvertrag vom 18. Mai 1870 gieug sodann das Messingwerk an die Brüder Karl und Wilhelm Klein über. Im Besitz der Firma Klein wurde das Werk mehr und mehr erweitert, so dass dasselbe eilt großartiges Etablissement wurde, dessen Erzeugnisse sich eines weitgehenden Rufes erfreuten und bei mehreren Ausstellungen ausgezeichnet ivurden. Infolge schlechten Geschäftsganges wurde jedoch die Messingfabrik, lvelche 130 Arbeitern lohnenden Verdienst brachte, im Jahre 1892 aufgelassen unb außer Betrieb gesetzt. An der Stelle des ehemaligen Eisenwalzwerkes, einige Schritte von der ver­ ödeten Messingfabrik entfernt, befindet sich nun eine dem Religionsfonde, welcher die größten Theile der Wälder von Reichraming an sich gebracht hat, gehörige Circular­ säge zur Verarbeitung des gewonnenen Holzes. Längs der den Ort durchziehenden Straße befinden sich außer mehreren Geschäftshäusern der Sitz der k. k. Forst- und Domänen-Verwaltung und einige größere Gebäude, welche ehemals von Arbeitern der „Alpinen Montangesellschaft" bewohnt wurden, jetzt aber als Massenwohnungen für die Holzarbeiter dienen, ivie überhaupt die Gewinnung und Verwertung des Holzes aus den nahen Forsten einen großen Theil der jetzigen Bewohner des Ortes beschäftigt. Aus einem der schon längere Zeit stille stehenden Hämmer der Schallau hat der Industrielle Michael Grill eine Messersabrik errichtet, welche seit October 1891 im Betriebe steht. In demselben Ortstheile befindet sich das Verkaufslocale des „Reichraminger Arbeiter-Consum-Vereines." Am Ende der Schallau überbrückt den Bach der sogenannte Rechen, ein brückenartiger mit Schleußen versehener Bau, dazu bestimmt, das von der 4 ’/z Stunden entfernten großen oder Mitterwänd-Klause auf der Reich-Raming getriftete Holz aufzuhalten. Über den Rechen gelangt man auch in das romantische Sulzbachthal am Fuße des Schneeberges, von dessen Gipfel man eine herrliche Fernsicht ins Hochgebirge genießt. Eine Viertelstunde südlich voni genannten Rechen, ebenfalls am Bache liegt das malerisch von belvaldeten Bergen umrahmte Dirnbach (Ortstheil von Reichraming), dessen alte, dem Verfalle preis­ gegebenen Hämmer vom ehemaligen Eisenbetriebe erzählen. Heute dient der Ort den Holzarbeitern der k. k. Forst- und Domänen-Verwaltung als Wohnung. Östlich von Dirnbach liegt das niedliche Thal „Rigglgraben" am Fuße des Fahrnberges und lveiter südlich, längs herrlichen, schattigen Waldungen die Orts­ theile Anzenbach und Weißenbach. Die großartigen Waldungen und Gebirgszüge, die sich von hier bis gegen Windischgarsten und Molln ausdehnen, sind auch ergiebige Jagdgründe, bevölkert von Hasen, Rehen, Hirschen und in den hohen Bergen auch von Gemsen. Infolge der von Kaiser Josef II. im Jahre 1782 angeordneten neuen Pfarr- cintheilung sollte in Reichraming eine Kirche gebaut, eine Pfarrei errichtet und mit einem Benedictiner aus dem Kloster Garsten besetzt werden. Den Pfarrsprengel sollten die Ortschaften Arzberg und Reichraming, die bisher zur Pfarre Losenstein gehörten, bilden. Sie wiesen damals eine Seelenzahl von 1600 auf, und waren einzelne Häuser von der Kirche 5/4 bis 2 Stunden entfernt. Doch kam es nicht zur

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