Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

505 8. Ueustift. Der Ort Neustift*), welcher früher den Beinamen „bei Weyer" hatte, führt seit der Errichtung eines selbständigen f. k. Postamtes im Jahre 1888 den Beinamen „bei Großraming" und liegt auf einem Südwestausläufer des Friedhofberges in einer Seehöhe von 607 m. Der Hügel, auf dem sich der Ort erhebt, ist wieder von größeren Bergen unu geben. Im Westen ist der Glasenberg (960 m), im Norden der Bischofberg (706 m), int Osten der Friedhofberg (895 m), die Lindau (1081 m) und die Stubau (1110 m). Nur gegen Süden ist die Aussicht durch das liebliche Thal gegen Großraming frei und sind die Alpen bis zum großen Priel sichtbar. Neustift liegt hart an der niederösterreichischen Grenze. Nachbargemeinden in Niederösterreich sind: Kürnberg, St. Peter in der Au, St. Michael am Bruckbach; in Oberösterreich: Gaflenz, Weyer, Großraming, Lausa bei Losenstein und St. Ulrich. Zum Gemeindegebiete gehören die Steuergemeinden: Blumau, Buchschachen, Dörst und Platten mit den Ortschaften: Blumau, Bitchschachen, Dörfl, Grub, Hof­ berg, Neustift und Platten. Bemerkenswert ist, dass außer dem Orte Neustift keine geschlossenen Ortschaften, sondern lauter Einzelngehöfte vorkommen. Im Gemeindegebiete kommen nur zwei größere Bäche vor: der Kleinraming­ bach, ivelcher zugleich die Grenze gegen Niederösterreich bildet, und der Großraming­ bach oder Neustifterbach, der bei Großraming in die Enns mündet. Sie tverden in alten Urkunden die untere und die obere „Robinicha" genannt. Mit Steyr ist Neustift durch eine Straße längs des Kleinramingbaches verbunden. Die Entfernung beträgt 22'8 km. Großraming, der nächste Ort und zugleich Bahnstation, ist 11 km von Neustift entfernt. Die Bewohner bekennen sich zur katholischen Confession und sind deutschen Stammes. Sic beschäftigen sich mit Ackerbau und Biehzucht. Der Ackerbau deckt jedoch nicht die Bedürfnisse der Gemeinde; von größerem Belange ist die Biehzucht. Die Schafzucht ist bedeutend und ist der Neustifter Schafkäse auf den Wochenmärkten in Steyr und Waidhofen sehr gesucht. Eine große Einnahmsquelle des Bauers bietet die ztveckmäßig betriebene Waldwirtschaft. Eine Eigenthümlichkeit bilden die sogenannten Hausmühlen. Obwohl im Ge- meindegebiete eine Kunstmühle und vier gewöhnliche Mühlen bestehen, findet man an jedem Bächlein kleine Hausmühlen, die von zwei oder drei Hausbesitzern gemein­ schaftlich unterhalten werden, um das für den Hausbedarf nöthige Niehl zu gewinnen. Zu erlvähnen ist, dass sich in der Wachan ein erratischer Block, ähnlich jenem, aus welchem das Buchdenkmal im Pechgraben geformt wurde, vorfindet. Die Gemeinde Neustift, tvelche einen Flächenraum von 4593 0767 ha hat, zählte im Jahre 189(> 1520 Einwohner. An die Entstehung der Kirche in 'Nenstift knüpft sich folgende Sage: Zwei Ritter, einer von der Burg Gleiß, der andere von der Burg Hinterhaus, befehdeten sich auf dem Freithofberg. Oswald von Hinterhaus wurde durch einen ihn bergenden Nebel von der Todesgefahr errettet und gelobte, an jener Stelle eine Kirche zu erbauen. Mau umfriedete den Platz, in welchem auch einige Leichen beerdigt wurden, und schaffte das Bauholz herbei. Da kamen Scharen von Naben und trugen die Späne vom gefällten Holze, die trotz des heißen Sommers von Schnee bedeckt waren, nach Neustift. Man folgte dem Zeichen des Himmels und erbaute die Kirche nicht am Freithofberge, sondern hier und nannte sie „Maria Schnee zu Nenstift." Die Kirche in Neustift soll schon 1124 bestanden haben. Biel später dürfte sie auch nicht entstanden sein, denn das ganze Gebiet von Neustift gehörte zum *) UrfnnbenOiics) von L'VeiÖsterreich: I. 2<H>. 11. ins. III. 383. VI. ll. — Pili wein: II. 30. 291. 31.'». — Pritz: Garsten-Gleink 135—138. — 2tieve: I. 32. 91. II. 95. 151. - Urbare der Herrschaft Steyr von den Jahren 1424 und 1058. — SiYn n q § - B e richt e der Akademie der Wissenschaften 1873. p. 22 . 23. — Schnl ch roni k.

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