Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

48«) Die 3. Abtheilung seiner Lieder bot Schosser in den Jahren 1844 bis 1S4U int „Almthat" gedichtet. Dieses Thal umfasst das ganze (gebiet des Alinflnsses von dem Punkte an, wo dieser geräuschlos, tiefgrün im Schatten einer überhängenden Felsenwand und herabfallender Lärchenzweige aus deut einsamen Almsee entspringt, bis zu der offeneren Stelle unterhalb des Schlosses Almeck, luo er sich in die Traun ergießt. Die drei Gedichte „'S Gamsjagern", „'s Hirschrern" und „Do krank Schwoagrin" sind die gelungensten dieser Abtheilung. Das erste Gedicht ist reich an echten markigen Zügen, mit denen Schosser, wie kein Natur- und Dialectdichter vor ihm, die umfangreichsten und großartigsten Alpenbilder vor uns auszurollen verstand; „'s Hirschrern" ist ein Meisterstück von drolligem Muthwillen; „Dö krank Schwoagrin", die von der kupferrotsten Viper beim Grasmähn in die Hand gebissen wurde, ist das reizendste und poesievollste der Almthallieder. Das „Trannthal", nach welchem unser Dichter die 4. Abtheilung seiner Naturbilder benennt, ist in den weitesten Kreisen bekannt. Schosser trieb sich an den Usern des GmundnerseeS herum und lvühlte den Stoff zu den Liedern der 4. Ab­ theilung nur aus diesem kleinen Kreise. Ten mächtigen Umrissen des Traunsteines und seinen gefährlichen Wegen verdanken „Da Stieg ins Gämsbiri" — eine muster­ hafte Beschreibung der Ersteigung des kahlen Traunsteines — dann die „Ginundner 184 g er Liadl" ihre Entstehung. Der Herbst dieses Jahres brachte dem Seestädtchen einen lieben Gast, einen edleit Weidmann und Sänger, berühmt als sinniger Kenner und Förderer des Volksgesanges und als wohlgeneigter Gönner der Alpensänger und Zitherspieler, den Herzog Max in Baiern, den Vater unserer Kaiserin. Schosser kaut durch das schöne Nationalquartett, das damals unter Tagwerkers Leitung in Gmunden erklang, in die Gesellschaft des Herzogs, der schnell den Wert der vorgetragenen Dichtungen erkannte und den Dichter zur Herausgabe derselben dringend aufforderte. Später nahm der Herzog mit Freuden die Zueignung des Buches an, das unter deut Titel: „Natur­ bilder aus dem Leben der Gebirgsbewohner in den Grenzalpen zwischen Steiermark und dem Trannkreis" ums Neujahr 184!) bei Friedrich (Sund) zn Linz in schöner Ausstattung gedruckt wurde. Der freundliche Empfang und herzliche Umgang des Herzogs hallte in Schossers dankbarem Gemüthe bis an sein Lebensende nach. Der fröhliche Herzog Max zog wieder nach Baiern hinaus, der Schnee deckte die Seeufer und die Gassen und Dächer Gmundens; Zither und Geige verstummten, und auch Schosser kehrte wieder heim in seilt geliebtes Losenstein. Der Sommer seines Lebens war zu Ende. „Er hatte ihn verlebt, wie die Grille — singend, nun kam er vor die Thür der Ameise — es ist recht traurig, es niederschreiben zu müssen", meint Julius von der Traun. In den letzten Monaten seiner an Ent- behrungen reichen Fahrt durchs Leben war der „säur Wind" vorherrschend. Er lpohnte in dem kleinen Häuschen seiner armen Schwester, brustkrank und verdrossen, zur Arbeit kaum mehr fähig. Sein Nachtlager war die harte Ofenbank, sein Kopf­ kissen der graue Steyrerrock mit grünem Kragen. Ober dem Hanse seines Freundes, des Arztes Lindemayr, wurde beut Felsen ein Baderaum abgerungen und bei der Klause nach Schossers geschmackvoller Zeichnung ein Häuschen aus Baumrinden erbaut. (Gedicht von Schosser „D' Klaus'n bein Bach".) Das Ganze ist in heißen Sommertagen ein kühler Zufluchtsort, im Winter ein windstiller Winkel für einen lveidwunden Hirsch. Das weiche Nuhebett der Klause benützte Schosser in den traurigen Wintertagen oft als Lagerstätte für seinen kranken Leib; der an Ent­ behrungen gewöhnte Mann verschwieg aus falscher Scham seinen besten Freunden das Elend, in das er gerathen, itnd förderte dieses dadurch noch mehr. Ein einziges- inal brach er sein Schweigen, als er von Herzog Max für die Zueignung seiner Naturbilder eine goldene Medaille erhielt. Als er das angelangte Päckchen vor dem Postmeister öffnete, brach er in Freudenthrünen ans und sagte: „Siehst Dit Freund, so ist das Künstlerleben. Seit acht Tagen habe ich nichts Warmes in meinen Leib bekommen, und jetzt erhalte ich eine goldene Medaille." Von da an unterstützten

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2