Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

470 Zur Gemeinde Großraming gehören die Steuergemeinden Hintstein, Lumpl- graben, Neustiftgraben und Oberpleissa mit den Ortschaften Großraming, Hintstein, Neustiftgraben und Pechgraben am rechten Ufer der Enns; Oberpleissa, Lumplgraben, Brunnbach und Rodelsbach am linken Ufer derselben. Bewässert wird Großraming vom Hintsteinbache, der Groß-Raming oder dem Neustifterbache und dem Pechgrabenbache. Die Vereinigung der beiden letzteren führt den Namen Aschabach. Am linken Ufer ergießen sich der Pleissa-, der Lumplgraben- und der Rodelsbach in die Enns. Die bedeutendsten Berge und Anhöhen im Gemeindegebiete sind: Almkogl (1512 m), Langlockermauer (1448 m), Katzenhirn (1388 m), Hochzoebl (1372 m), Hehenberg(1318 m), Gamsstein (1250 m), Fahrenberg (1250 m), Schieferstein (1181 m), Hochkogl (1157 m), Reitkogl (1014 m), Stubau (1110 m), Baldriankogl (Faltrion-, 942 m), Ernstenkogl (927 >»), Hehenberg (878 m), Pleissaberg (855 m), Hieslberg (849 m), Bertkberg (843 m), Rothstein (842 m), Haingrabeneck (832 m), Krottenberg (757 m), Rabenreitwegkogl oder Boxeck (701 m), Auberg (683 m), Klausalm (499 m). An den Schieferstein, auch „steinerner Jäger" genannt, knüpft sich folgende Sage: Einst stand am Rupertustage am Saume des Buchenholzes, das sich vom Mittersberg zum Alterskogl hinzieht, ein Paar beisammen und sprach von seiner Zukunft. Es war Suse, das einzige Kind des reichen Kronsteinerbauers, „die Blume im Moos" genannt, die schönste Maid im ganzen Lumplgraben und der Umgebung, und Gabriel, ein schöner, schlanker Jägerbursche. Nach der Laune des Fürsten sollte des andern Tages ein Scheibenschießen stattfinden und derjenige, welcher von den Jägerjungen den besten Schuss machen würde, die freie Jägerstelle am Leinerberg im Lumplgraben erhalten. Tiefbewegt trennte sich das Paar, und voll Erwarten und Bangen mqchte sich Gabriel auf den Heimweg. Gelang ihm morgen der Schuss, so konnte er feige Suse als Gattin heimführen; aber auch seine Mitbewerber waren tüchtige Schützen. Die Nacht brach herein, schwere Gewitterwolken stiegen auf, und alle umliegen­ den Höhen hüllten sich ein. Da begegnete dem bedrückten Jägersmanne der Fuchs­ berger, welcher wegen seiner zauberischen Künste bekannt und gefürchtet war. Dieser gab Gabriel den Rath, in dieser Nacht noch auf den Schieferstein zu steigen und sich zehn Schritte von der Felswand rückwärts hinzustellen. Mit dem letzten Schlage der zwölften Stunde werde an ihn ein Zwanzigender herankommen, den müsse er schießen, schleunig aufbrechen und ihm drei von seinen Kugeln ins Herz drücken. Mit einer von diesen werde er des andern Tages sicher das Ziel treffen. Fuchs­ berger gieng davon, und lange stand Gabriel unentschlossen, endlich lenkte er seine Schritte bent Schiefersteine zu. An der Wand der zwei Felsen, in welchen das Volk den versteinerten Jäger und seinen Hugd zu sehen glaubt, stellte er sich auf, und als die zwölfte Stunde schlug, erschien der Hirsch, der Schuss krachte, doch der Hirsch schritt auf den Jäger zu und erfasste ihn mit seinem mächtigen Geweih. In tollem Ringen kamen sie dem Abgrund immer näher und stürzten plötzlich in die Tiefe. Des andern Tages sagten dann die Leute im Thale: „Das war eine furchtbare Nacht; der steinerne Jäger hat sich gemeldet!" Und als man den Leichnam des Jägers brachte, bekreuzten sich alle, und sprachen: „Wieder hat einer tollkühn in der Rupertusnacht am Schiefer­ stein nach dem Hirsche geschossen!" Als man den verunglückten Jäger ins Grab senkte, da stürzte aus der Menge ein Mädchen hervor und hin zum Rande der Grube; es zerfloss in Thränen und zerraufte sich sein schönes braunes Haar. Es war die Suse aus dem Moos, die bald darauf ihrem geliebten Gabriel in die kühle Erde nachfolgte, um sich jenseits mit ihm zu vereinigen. Der Name Großraming ist neueren Ursprunges und entstand, als man die beiden Ortschaften an den zwei Ramingbächen unterscheiden wollte. Die Ortschaft und Gegend am Ramingbach bei Steyr nannte man Kleinraming, und unseren Ort

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