Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

468 Sage diesen Berg. Sie erzählt uns, dass der hl. Sebaldus, der seine königliche Braut verließ, auf seinem ausgebreiteten Mantel stehend die Donau übersetzte, mehrere Wunder wirkte und sich dann in die Einsamkeit auf den Heiligenstein zu­ rückzog, wo er 15 Jahre lang ein heiliges Leben führte, zahlreiche Bekehrungen unter den heidnischen Bewohnern erzielte und manches Wunder wirkte. Eines der­ selben- dessen bildliche Darstellung im Kirchlein zu sehen ist, sei kurz erwähnt. Ein Bauersmann suchte in dunkler Nacht lange vergeblich nach seinen ver­ laufenen Ochsen und gerieth ihretwegen in große Angst. In dieser bestieg er den Gipfel des Berges, suchte den hl. Sebaldus in seiner Höhle auf und flehte ihn um Hilfe an. Dieser tröstete ihn liebevoll und versprach ihm, Licht zu schaffen. Und siehe da! Plötzlich schlugen aus des Bauers Fingern Flammen auf, die taghell und schmerzlos leuchteten, so dass es ihm bald gelang, seine Ochsen zu finden. Dank- erfüflf kehrte er zum hl. Sebaldus zilrück, ivorauf das Licht wieder erlosch. Seit jener Zeit wird der hl. Sebaldus als Patron des Viehes verehrt und der Berg auch „Sebaldstein" genannt. Nach der Legende starb der Heilige am 19. Au­ gust 740. Das Presbyterium der Kirche am Heiligenstein ist uralt. Etwas jüngeren Datums ist das Schiff der Kirche. Die ganze Anlage der Kirche, die festen Um­ friedungsmauern, das Einfahrtsthor in derselben, die den Kirchenplatz von dem benachbarten Höhenzug trennende, an­ scheinend künstliche Einsenkung, deuten darauf hin, dass dort einst eine Feste gestanden habe, welche wie Losenstein den Zweck hatte, den anstürmenden Fein­ den das Eindringen in das Ennsthal und nach Steiermark zu wehreu. Die Lage war die denkbar günstigste; denn der Heiligenstein beherrscht das Thal der Gaflenz und die Straße von Waid­ hofen nach Weyer vollständig. Wer die Feste erbaute, wann sie zugrunde gieng, meldet uns die Geschichte nicht. Wahr­ scheinlich war sie im Besitze jenes adeligen Geschlechtes, welches sich nach Gaflenz nannte, und von ivelchem ivir als ersten den „Chraft de Gavilenz" finden, der um 1185 Zeuge war, als Willibirch, die Witwe eines Herrn von Polheim, die Schwester des Otto von Stein, gelegentlich ihres Eintrittes in das Kloster Admont diesem einen Hof zu „Rute" (Reut, Ried?) bei Wels widmete. In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts gerieth dieses Geschlecht ivegen verschiedener Besitzungen und Dienstbarkeiten mit beut Kloster Garsten in Streit und bezeugten die Äbte Konrad von Admont und Pilgrim von Gleink in einer Urfimbe vom Jahre 1240, dass Abt Ulrich I. von Garsten mit „Ortolf von Gavelenz" und seinem Sohne „Heinrich" einen Vergleich geschlossen habe, demzufolge die letzteren von den Besitzuitgen des Klosters, die sie sich unrechtmäßiger Weise angeeignet hatten, von denen sie aber vorgaben, dieselben vom Abte Reginbert I. (1219—1223) erhalten zu haben, ab­ standen. Einen anderen „Ortolf von Gavelenz" sehen wir in einer Garstner Urkunde vom Jahre 1282 als Zeugen angeführt. Die letzten, die wir aus diesem Geschlechte finden, sind „Konrad und Otto von Gavelenz", die im Jahre 1378 den Gaflenzer Pfarrer Kechwicker erschlugen. Heiligcnstei». tion F. Siilftrunt.

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