Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

463 murmelnd das Thal vom Anfange bis zu Ende, nämlich von der Wasserscheide bei Oberland bis zur Einmündung in die Enns unterhalb Weyer, während an seiner Seite uin die Wette das schnelle Dampfross eilt. Nach der Volkszählung voin Jahre 1890 ergab sich eine Bevölkerung von 1359 Seelen in 251 Häusern. Diese vertheilen sich auf die Ortschaften Markt Gaflenz, Breitenau, Großgschnaidt, Kleingschnaidt, Lindau, Neudorf, Oberland und Pettendorf, welche die Steuergemeinden Gaflenz, Kleingschnaidt, Neudorf und Petten­ dorf bilden und einen Flächenraum von 5878 0609 ha einnehmen. Die Bewohner von Gaflenz gehören durchwegs dem deutschen Sprachstamme an und sprechen den österreichisch-bairischen Dialect mit manchen Anklängen an das Mittelhochdeutsche. Der Confession nach sind sämmtliche Bewohner Bekenner der katholischen Kirche. Es ist ein arbeitsames Volk, das im Thal toie in den Bergen dem nicht besonders fruchtbaren Boden mit geschickter Hand das Nöthige abzuringen weiß. Die Bewohner von Gaflenz beschäftigen sich allerdings zunächst mit Bebauung des Feldes, doch die Kargheit desselben zlvingt sie, der Viehzucht und der Forstwirtschaft besondere Auf­ merksamkeit zu erweisen. In der Nähe des Pfarrhofes, der eine Viertelstunde außerhalb des Marktes liegt, steht ein alter Kreuzstock, dessen Mauerwerk eine kleine Öffnung zeigt, in welche der Stieget des alten Stadtthores passte. Die Sage erzählt nämlich, dass der jetzige Markt in uralten Zeiten eine große Stadt gewesen sei, die durch eine Überschwem­ mung des einst von Gaflenz bis fast an die Enns reichenden Weihers vernichtet wurde. Der erwähnte Kreuzstock, sowie die beiden Brunnenhäuser inmitten des Marktplatzes sollen aus jener Zeit stammen. An den höhlenreichen Lindauberg knüpft sich eine Sage. Eine Höhle, deren Eingang gerade am Fuße des höchsten Felsens sich befindet, zieht sich weit hinein in den Berg und mündet erst unweit Waidhofen a. d. Ibbs. In der Mitte der Höhle war einst die Werkstätte der Zwerge, wo sie Schütze aus Schätze in großen Truhen anhäuften. Sie selbst zogen aus und ließen feurige Hunde zurück, die aus den Truhen sitzen und ihre Reichthümer bewachen. Wenn ein Menschenkind über den großen See gelangt, hinter dem die Schätze sich befinden, und trifft die Hunde schlafend, so öffnen sich die Truhen von selbst, die Hunde sind machtlos, müssen weichen und dem Glücklichen gehören die Schätze. Aber, wehe ihm, wenn er den richtigen Weg verfehlt und auf einem anderen zur Oberwelt zurückkehren wollte. Er würde einem Drachen, der bereits heimtückisch aus ihn lauert, anheimfallen. Drei Italiener sollen einst die Schätze gehoben haben; allein sie verfehlten den Weg und wurden ein Opfer des Ungeheuers. In kirchlicher Hinsicht gehörte Gaflenz in alter Zeit nach Waidhofen, welches durch eine Schenkung Kaiser Ottos III. an das Bisthum Freisingen kam. In einer Urkunde vom Jahre 1138 erklärte Otakar III., Markgraf von Steyr, dass seine Mutter Sophie zu ihrem und ihres verstorbenen Gemahls Liutpold Seelenheil zum Altare der heiligen Maria in Garsten das Landgut „Abelenzi" gestiftet habe, welches ihre Morgengabe gewesen war und das Quellgebiet der Gaflenz umfasste. Im Westen bildete die Linie vom Gipfel des Berges „Valchenstein" (bei Weyer) zur Enns die Grenze. Alsbald entstand auf diesem Grunde eine Kirche, lvelche 1140 von Reginbert, Bischof von Passau, geweiht und den Heiligen Andreas und Vitus gelvidmet wurde. Er erhob sie zur Pfarrkirche mit einem eigenen Seelsorger und setzte die Grenzen des Pfarrgebietes fest. Diese wurden bestimmt durch die beiden Flüsse Robinich (Groß-Raming oder Neustifterbach) und Frodenize (Frenz) und den Ursprung der dazwischenliegenden „Auelenze" (Gaflenzbach). Der Zehent von jenen Gebieten gehörte jedoch nach Passau und kam erst zwischen 1150 und 1160 durch Abtretung von drei Höfen zu Timenbrunn, Hartheim und Buch an Garsten. Markgraf Otakar III. von Steyr hestütigte 1163 dem Kloster Garsten den Besitz der Provinz „Gauelenz" und 1179 Papst Alexander III. den Besitz der Pfarre „auelenz." Um 1190 stiftete Otakar IV., Herzog von Steiermark, im Begriffe nach Jerusalem

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