Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

458 Die Römer, welche im Jahre 15. v. CH. Noricum erobert hatten, bearbeiteten eifrig die Eisenbergwerke; in Lorch hatten sie eine Schildfabrik, zu welcher das Eisen vom Vorder«- und Jnnernberg theils auf der Enns, theils auf kürzeren Saum­ pfaden gebracht wurde. Ein solcher führte, wie bereits erivähnt ivurde, über Klein­ raming. Sollte es aus diesem Wege, auf welchem Eisen verfrachtet wurde, nicht auch frühzeitig Eisenarbeiter gegeben haben? Waren nun bei Beginn der christlichen Zeitrechnung die norischen oder, wie ivir sie jetzt nennen, die steirischen Messer und Schwerter schon als-vorzüglich in Rom bekannt, und erfahren wir aus einer in der Jnnungslade befindlichen Urkunde vom Jahre 1580, dass in „Tanpach vnd Raming immer Steyrische Clingen" gemacht ivurden, so weist sicher auch dieses auf ein sehr hohes Alter der Raminger Schmiede zurück. Unter den steirischen Otakaren stand die Eisenindustrie in der Stadt Steyr schon in Blüte, und die nächstgelegene Klingen- schmiediverkstätte war in Kleinraming, ivelche immer und auch heute noch mit der Eisenstadt Steyr in eben diesem Jndustrieziveige innigst verbunden war und ist. Herzog Albrecht I. bestätigte der Stadt Steyr 1287 ihre alten Freiheiten in einem lateinischen Privilegium, dessen Bestimmungen über Kauf und Verkauf, überhaupt über den Geschäftsverkehr auch auf die Schmiede in Kleiuraming Bezug hatten. Die alte Eisenstadt Steyr hatte als ausgezeichneter Geschäftspunkt und als laudes- sürstliche Stadt das Privilegium, einzig und allein mit der Handelskönigin Venedig Eisenhandel treiben zu dürfen, ivelches Privilegium die Herzoge Albrecht III. und Albrecht IV. (1371 und 1462) festhielten und so Steyr zur Eisenfürstin empor­ bringen halfen. Herzog Albrecht III. begabte im Jahre 1373, ivie ivir der Eonfir- mation der Jnnungsbriefe durch Kaiser Ferdinand II. vom Jahre 1629 entnehmen, die „Maister der Klingenschmidt vnd Schleiffer Hantwerchs in der Räming und Thanpach genieiniglich, und um den Burgfried zu Steyr in zwain Meilwegs gesessen und wohnhafft" mit einer Handwerks-Ordnung, ivelche Kaiser Friedrich 1449 und weiterhin Kaiser Ferdinand I. 1530, Kaiser Maximilian II. 1573 und, wie erwähnt, Kaiser Ferdinand II. int Jahre 1629 bestätigte. Die Klingenschmiedinuung wird in den alten Urkunden eine „Dreyer-Werchstatt" genannt, weil in ihr drei Handwerke vereinigt ivaren, nämlich die Klingenschmiede, ivelche die Rohwaren (Messer und Gabeln) aus Eisen und Stahl schmiedeten, die Schleifer, welche den Klingen Schneide, diesen und den Gabeln auf den Polier­ scheiben Glanz verleihen mussten, und die Messerer, welche die Hefte aus Hirsch- und Rehgeweihen, Bein, Mahagoni, Pallisander, Buchs- und anderen Holzgattungen verfertigten, die nicht selten mit Silber, Gold, Messing, Perlmutter u. dgl. eingelegt waren. Die Messerer gaben die fertige Ware an die Verleger ab, welche sie in Eisenhandlungen und auf den Märkten in beit Handel brachten, und waren die für die Schmiede in Kleinraming wichtigsten Märkte jene in Pest und Brünn; ersterer wegen der Ausfuhr an die untere Donau, in die Türkei und die Levante, letzterer wegen des Handels dieser Stadt mit Polett und Russland. Alle zusammengehörigen Handwerker eines Ortes ivurden eine Werkstatt genannt. Der Innung standen vor: der Vogt als Obrigkeit, der Zechmeister, zwei Vor­ meister und ein Zech- oder Altgeselle. Die Versammlungen wurden in der Herberge gehalten, ivo auch reisende und dienstlose Gesellen Unterkunft fanden. Hier hatten die Meister und Gesellen geivöhnlich eigene Tische, über welchen der Jnnungs- schild ausgehängt war. In der Herberge winden in einem abgesonderten Local in der sogenannten Lade die Jnnungsurkunden, Becher u dgl. aufbewahrt. Die ältesten Urkunden der Kleinraminger Klingenschmiede sind leider verloren gegangen. Die jetzt älteste Urkunde ist aus dem Jahre 1497 und ist die Entscheidung des Vogtes in einem Streite zwischen den Meistern und den Gesellen über ver­ schiedene Punkte. Nicodemus von Scala, Bischof von Freisingen, hatte im Jahre 1422 für die benachbarte^Werkstütte in Waidhosen an der Pbbs in einer Streitigkeit zwischen den dortigen Klingenschmieden einerseits und den Messerschmieden und Schleifern ander­

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