Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

451 eine Ausdehnung in die Länge von 5 und in die Breite von 1 '/* Stunden. Die Häuser bilden geschlossene Vierecke, sind aus Ziegeln oder Stein gebaut und haben Strohbedachung. Das Dorf St. Ulrich selbst hat 6 Nummern und zählt 29 Be­ wohner. St. Ulrich bat ein Armenhaus. Die Pfarre Sr. Ulrich umfasst die Ortschaften St. Ulrich, Jägerberg, Unter- wald, Gmain, Kleinraming, Ebersegg, Klein- und Großkollergraben und die Ortschaft Sonnberg von der Gemeinde Garsten. Die Pfarrchronik berichtet über den Ursprung der Pfarre, dass in alter Zeit sich ein Mönch ans dem Benedietiner-Kloster Garsten mit Erlaubnis seines Oberen hieher in die Einsamkeit zurückgezogen habe. „Es war damals hier noch eine Wildnis", schreibt der Chronist, „und wo jetzt das Messnerhäusl steht, wohnte der Einsiedler." Derselbe errichtete eine kleine Ka­ pelle neben seiner Wohnung im jetzigen Friedhofe und schmückte dieselbe mit dem Bildnisse des hl. Ulrich. Diese Kapelle stand dort, wo heute das Presbyterium sich befindet. Hier versammelten sich die Andächtigen aus Unterwald, Raming und Dambach und ver­ richteten ihre Andacht, und nament­ lich zur Zeit der Waldenser (1176 bis 1200) sollen die Rechtgläubigen dieselbe zur Abhaltung ihres stillen Gottesdienstes benützt haben. Mit dein Ban einer eigent­ lichen Kirche wurde im Jahre 1411 unter Abt Florian Tambeck be­ gonnen, doch schon im Jahre 1493 musste das Presbyterium vom Grund aus neu gebaut werden, in welchem Jahre auch die erste Einweihung der zu einer Filial­ kirche umgestalteten Kapelle in St. Ulrich durch den Generalvicar von Passau, Nikolaus, Bischof vou Hypo, am 29. September geschah. Der Hochaltar wurde zu Ehren der Heiligen Ulrich, Beit und Se­ bald, die beiden Seitenaltüre zu Ehren des hl. Kreuzes und der beiden Heiligen Cosinas und Damian geweiht. Ein großer Förderer des Kirchenbaues war Abt Ulrich IV. von Garsten ( 1495—1524), ein gebürtiger Steyrer. Im Jahre 1507 wurden zwei Glocken in den damals schon gebauten kleinen Thurm aufgezogen; die ältere mit der Inschrift Deus Maria“ ist im Jahre 1411, die andere mit der Inschrift „J. N. Rex Judaeorum“ im Jahre 1507 gegossen worden. Im Jahre 1511 erweiterte Abt Ulrich IV. die Filialkirche St. Ulrich und beendete sie im großen und ganzen, doch blieb das Schiff ohne Gewölbe und ohne Pflaster. Obwohl keine Pfarrkirche, bestand doch bei ihr ein Friedhof, in tvelchem namentlich zu Pestzeiten (1634 und 1635) zahlreiche Personen beerdigt wurden. Im Jahre 1646 ließ ein Wohlthäter namens Ostvald Fischer, Bürger und Schnürmacher von Steyr, das Schiff der Kirche eindecken, diese mit Ziegeln pflastern und die rauhen Mauern mit glattem Anwurf versehen, und neun Jahre später (1655) begann Abt Roman mit dem Ban eines flachen hölzernen Oberbodens, der nach zwei Jahren 29*

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