Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

448 indessen in Sierning verbleiben und von da aus seinen Pfarrkindcrn nach Möglichkeit bienen. Am 30. Mai 1786 suchte er um die Erlaubnis an, in einer aus Holz auf­ gerichteten Kapelle den Gottesdienst abhalten zu dürfen, sowie um Verfügung wegen Einweihung derselben und um Zutheilung der Pfarrkinder, ivas ihm bewilligt wurde. Am 16. April des folgenden Jahres ersuchte er das Consistorium um eine Monstranz, die ihm aus den vorhandenen Vorräthen verabfolgt wurde. Nach dem geistlichen Pfründencataster fieng man Pfarrhof, Kirche und Schule im Jahre 1785 zu bauen an. Eingeweiht ivurde die Kirche im Jahre 1790. Am Hochaltare befindet sich das Bild Mariä Verkündigung. Die Kirche ist hübsch und geräumig und besitzt drei Seitenaltäre. Im Jahre 1794 wurde in die Kirche eingebrochen und dieselbe mehrerer Gerüche beraubt. Der seit 1888 hier wirkende Pfarrer Gottlieb Vogel ist der zehnte in der Reihe derselben. Zu gleicher Zeit wie die Pfarre nahm auch die Schule ihren Anfang. Sie war damals einclaffig und wurde im Erdgeschosse des Pfarrhofes untergebracht, wo sich noch heute die erste Classe der jetzt zweiclassigen Schule befindet. Im Jahre 1886 wurde mit dem Neubaue eines Schulhauses begonnen, in welchem jedoch nur die zweite Classe und die Wohnung des Lehrers untergebracht werden konnte. Dermalen ist die Schule von 240 Schülern besucht. Thanstetten ist der Geburtsort von Cölestin Ganglbau er, Prälaten von Kremsmünster und nachherigem Fürsterzbischofe unb Cardinal in Wien. Josef Ganglbauer wurde als das Kind schlichter Bauersleute am 20. August 1817 in Thanstetten im politischen Bezirke Steyr geboren. Seine Eltern besaßen dort einen Bauernhof, der gegenwärtig Eigenthum seines Neffen ist. — Sein Bruder Franz Ganglbauer war Dr. juris und k. k. Oberfinanzrath bei der k. k. Staatsschul- dencasse in Wien, wo er am 19. August 1874 starb. Der Knabe Josef besuchte die Volksschule seines heimatlichen Dorfes, bezog 1830 das Gymnasium in Kremsmünster und wohnte im ersten Jahre seines Gym­ nasiallebens bei Verwandten auf dem Gustermeierberge, von wo er eine gute Weg­ stunde zur Schule hatte. — Nachdem Ganglbauer 1830—1836 die Gymnasial- und 1838 die Lycealstudien absolviert hatte, trat er am 24. September 1838 in das Noviziat des Stiftes Kremsmünster und erhielt bei der Einkleidung den Klosternamen Cölestinus. Nach Ablauf des Noviziatjahres besuchte er vier Jahre die theologische Diöcesan-Lehranstalt, legte am 25. August 1842 die Klostergelübde ab und wurde am 22. Juli 1843 vom damaligen Bischof von Linz, Gregorius Thomas Ziegler, zum Priester geiveiht. Im Herbste des Jahres 1843 kam er als Cooperator nach Neuhofen, 1846 ivurde er als Grammatikal-Professor an das Stiftsgymnasium be­ rufen und ihm 1854 nach der Reorganisierung der österreichischen Gymnasien das Amt eines Religionslehrers an den oberen Classen des Gymnasiums übertragen. Nebenher lehrte er lateinische und deutsche Sprache und philosophische Propädeutik. Im Jahre 1855 ivurde P. Cölestin Präfect und 1867 Director des Convictes, ivelches er bis zum 11. März 1875 leitete, au welchem Tage er zum Prior und Rentmeister des Stiftes ernannt ivurde. Nachdem am 29. September 1875 der treffliche Abt Augustin Reslhuber einem lairgivierigen Leiden erlegen war, ivurde P. Cölestin am 19. April 1876 zum Abte gewählt. Abt Cölestin oblag seinem neuen Amte mit gewohnter Gewissenhaftigkeit und Treue. Die verwickelten Verwaltungsgeschüfte — insbesondere die neu eingeführte Religionsfondsteuer — vermehrten die Sorgen des Abtes. Unter seiner Regierung ivurde die kostspielige Renovierung der Stiftskirche vollendet und der Bau der gothischen Kirche in Bad Hall iveiter geführt, die Kunst- und Naturalien-Sammlung neu geordnet und kostspielige meteorologische Apparate aufgestellt. — Auf die schwierigste Probe ivurde Abt Cölestin gestellt, als das Stift im August 1877 das Fest seines tausend- eiuhundertjährigen Bestandes feierte. Bei Gelegenheit dieses Festes wurde dem Abte das Comthurkreuz des österreichischen Franz Josef-Ordens verliehen, und Bischof Rudigier von Linz zeichnete ihn durch den Titel eines Consistorialrathes aus.

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