Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

445 der Verlasswaldungen in langwierige Streitigkeiten, die dann mehrere Jahrzehnte hindurch andauerten. Die Besitzer der Herrschaft Steyr waren nämlich gehalten, den Besitzern der Eisenberg-, Schmelz- und Hammerwerke in Wendbach und Steg aus bestimmten Waldungen den Bezug von Kohlen und Holz nach Bedarf der genannten Werke gegen gewisse Abgaben zu gewähren. Diese Abgaben nannte man „Verlassgelder" und die betreffenden Wälder „Verlasswälder." Schon im Jahre 1649 wurde dem Hammerwerksbesitzer in Wendbach ein „Verlassbries" über den „Holzberg im Geißgraben" ausgestellt. Nach dem Urbar der Herrschaft Steyr vom Jahre 1666 tvaren den genannten Hammerwerken weiter folgende Verlasswälder zugewiesen: der Holzberg unter dem Schoberstein, der Berg unter dem Thorstein, der Hochbuchberg, der Holzberg im Geißgraben, die Weide auf der Dirn und der Btoralpen-Wald, welche urbarmäßige Verlasswälder genannt wurden. Karl Ritter von Bohr erhielt im Jahre 1798 über sein Ansuchen weiter folgende neue Verlasswälder zugewiesen: die Waldungen in Schönbach, Pfaffenboden,_ Kössel, Herzogeben, den Schneeberg nebst der Rohrbuchau und die Mohlleiten. Über die Höhe der Verlassgelder für diese Wälder entspann sich dann ein Streit. Bezüglich der urbarmäßigen Verlass­ wälder wurde 1811 und 1812 festgesetzt, dass der Bezug von Kohlen und Holz nach Bedarf der Hammerlverke gegen Entrichtung von 5 dl. für das Muth Kohlen, von 5 dr. für die Klafter Kohlholz und von 3 kr. für die Klafter Stamm-, Zeug-, Bau- und Sagholz gestattet werde. 1823 wurde bestimmt, dass von den Verlass­ waldungen nebst dem Verlassgelde für die Klafter Stamm-, Sag- und Zeugholz noch 3 dr. Stockrecht und Kohlzins gezahlt werde. Karl Ritter von Bohr ließ sich im folgenden Jahre aus Billigkeitsgründen, die den damaligen Zeitverhältnissen entsprachen, zur Entrichtung eines höheren als des herkömmlichen Zinses herbei unter dem beiderseitigen Vorbehalte, dass aus dem geschlossenen Vergleiche weder für den einen noch den andern Theil irgend ein Recht gefolgert iverden könne. Nach dem Tode des Karl Ritter von Bohr theilte die Herrschaft Steyr seiner Witwe Anna von Bohr im Jahre 1840 mit, dass die bisherigen Verlassgelder und Forstgebüren aufgehoben seien und neue Holzpreise festgesetzt werden, woraus dieselbe am 10. April 1841 die Besitzstörungsklage wider die Herrschaft Steyr einbrachte. Mit dem Urtheile des k. k. Stadt- und Landrechtes Linz vom 11. Jänner 1842 wurde die Herrschaft Steyr dazu verhalten, der Klägerin den Bezug von Holz und Kohlen aus den urbarmäßigen Verlasswalduugeu gegen Entrichtung der herkömm­ lichen Gebür zu gestatten, lvobei darauf hingewiesen wurde, dass Max Graf von Samberg beim Ankäufe der Herrschaft Steyr durch den Revers vom 20. Jänner 1667 sich verpflichtet habe, die Eisencompagnie und was derselben anhängig mit keinerlei Neuerung, Holz- und Kohlsteigernng zu beschweren. Die Hammerlverke in Wendbach und Steg gelangten hierauf in den Besitz des Karl Caravaggio, k. k. Rittmeisters in der Armee, welchem die Herrschaft Steyr den bisherigen Holz- und Kohlenbezug aus den herrschaftlichen Verlasswaldungen untersagte. Die Herrschaft Steyr wurde jedoch mit ihrer Klage vom 3. Juli 1846 durch das Urtheil des k. k. niederösterreichischen Landes - Militär - Gerichtes vom 25. Dctober 1856 abgewiesen und Karl Caravaggio in seinen Rechten geschützt. Das Hammerwerk, bestehend aus je einem Zerenn-, Zain- und Streckhammer im eigentlichen Wendbachgraben und je einem Zerenn- und Zainhammer und einem Cementstahlofen beim Schlosse Steg, lvar jedoch schon im Jahre 1853 von Karl Caravaggio an die Eisenhändler Wick ho ff und Schönthan in Steyr verkauft worden, und im Jahre 1862 gierig der Besitz, dessen industrielle Bedeutung damals schon sehr gesunken war, käuflich an den Fürsten Gustav von Lamb erg über. Im Jahre 1878 erwarb ihn Graf Rudolf von Samberg für die Fideicommiss- herrschaft Steyr im Wege der Ablösung der Holzbezugsrechte, mit welchen diese Herrschaft zu Gunsten des Werksbesitzes Steg-Wendbach belastet war. Die Ein­ stellung des Betriebes der Eisenfabrication, die ehemals in großer Blüte stand, erfolgte in den 1870er Jahren; die Werksgebäude wurden theils demoliert, theils

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