Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

434 der im Niedergänge begriffenen Mefferindustrie mürbe in den letzten Jahren eine Hilfs-Action durchgeführt, und mit Unterstützung des Landes wurden die Schleifen in Neuzeug und Steinbach neu hergerichtet. Im Jahre 1892 wurde die Almeroth'sche Klingenfabrik und Schleiferei erbaut und in Betrieb gesetzt, in tvelcher nach Solinger Manier Klingen geschlagen und geschliffen werden. Die Bewohner von Sierninghofen-Neuzeug bekennen sich mit Ausnahme einer protestantischen Familie zur römisch-katholischen Kirche. In Neuzeug wurde im Jahre 1878 vom Bischöfe Franz Josef Rudigier der Grundstein zu einer Kapelle gelegt und dieselbe nach ihrer Vollendung vom Bischöfe Ernest Maria Müller am 8. September 1885 feierlich eingeweiht. Diese Kapelle wurde zur schuldigen Dank­ sagung für den glücklichen Ausgang des Schadenfeuers vom Jahre 1877 erbaut. Die Bewohner von Neuzeug wählen den Weg zur Pfarrkirche in Sierning meistens über beit Kreuzberg, welcher, ziemlich steil ansteigend, die Verbindung zwischen Neuzeug und dem Pfarrdorfe herstellt. Die Seelsorge wird ausgeübt durch den Pfarrer in Sierning und zwei Kapläne, wovon der zweite den Religionsunterricht an der hiesigen Schule besorgt. Ein sehr altes Gebäude ist das Gasthaus des Johann Girkinger in Neuzeug. Es war eine sogenannte Hoftaverne, in welcher in früherer Zeit Hochzeiten, Mahl­ zeiten, Todtenzehrungen rc. aus bestimmten Häusern abgehalten werden mussten. In diesem Hause wurde die Mutter des berühmten Tondichters Dr. Anton Bruckner geboren. Theresia Helm, Tochter des Ferdinand Helm, herrschaftlichen Verlvalters und Gastgebers in Renzeug 9ir. 1, und der Anna Maria geb. Mayr­ hofer, geboren am 6. April 1801, gestorben am 11. November 1860, heiratete den Lehrer Anton Bruckner in Ansfelden, in welchem Orte Anton Bruckner am 4. September 1824 das Licht der Welt erblickte. Von seinem Vater erhielt er dort den ersten Clavierunterricht, als er aber mit 12 Jahren verwaist war, kam er in das Stift St. Florian, woselbst er sich weiter in der Musik ausbildete. Im Jahre 1841 wurde Bruckner Schulgehilse in Windhag, wirkte dann als solcher in Kronstorf bei Enns und kam 1845 als Lehrer und supplierender Stiftsorganist nach St. Florian, woselbst er schon fleißig componierte. 1851 wurde er zum provisorischen ersten Stistsorganisten in St. Florian ernannt und erhielt 1855 die Domorganistenstelle in Linz, kain 1867 als k. k. Hoforganist nach Wien, wurde zum Professor des Orgel­ spiels, der Harmonielehre und des Contrapunktes am Conservatorium ernannt und ward 1875 Lector für dieselben Fächer an der Wiener Universität. Im Jahre 1886 wurde Bruckner von Sr. Majestät dem Kaiser znm Ritter des Franz Josef-Ordens und im Herbste 1891 von der Universität Wien zum Ehrendoctor ernannt. Bruckners Hauptwerke sind: acht Symphonien, ein Requiem, Psalmen und sonstige Kirchen­ musik aller Art; ferner ein Streichquintett. Außerdem hat Bruckner Männerchöre und andere kleinere Compositionen geschrieben. In der Nähe der Schweiz, eines Gasthauses auf dem oberen Steinfelde, befindet sich das Burgholz. Auf einer kleinen Anhöhe dieses Schachers soll sich ein Raubschloss befunden haben. Der Durchgang durch den ehemals sehr großen und dichten Wald soll sehr gefährlich gewesen sein, wovon noch vor etlichen Jahren das nun in Verfall gekommene „Urlaubs- oder Abschiedskreuz" zeigte, bei welchem sich Freunde oft auf Ninimertviedersehen verabschiedeten. Die beide Orte nach Norden und Westen umgebenden natürlichen Wälle (Leiten) waren vor 30 Jahren noch dicht mit Eichen und Buchen bewachsen. Jetzt zeigen nur noch inehr einzelne Stämme und dichtes Gesträuch an der Nordseite von dem ehemaligen Holzreichthume. Die Schule Sierninghofen - Neuzeng wurde zu Kaiser Josefs II. Zeiten im Jahre 1784 errichtet. Vor dieser Zeit unterrichtete ein verabschiedeter Soldat die Kinder der hiesigen armen Bevölkerung int Lesen, Schreiben und Rechnen. Die wohlhabenden Kaufleute von Sierninghofen hielten sich einen Hauslehrer. Später erlaubten diese Kaufleute, Verleger genannt, auch anderen Kindern die Theilnahme an diesem Unterrichte. Als erster solcher Lehrer erscheint in der Kirchenrechnung

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