Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

428 Mühe des hohen Alters — in voller geistiger Frische zugebrachten Lebensabende am 27. April 1893 sanft und schmerzlos die müden Angen schloss; nachdem die Parze seinen Lebensfaden 81 Jahre lang sorgsam gesponnen, hatte sie die Bluse, die ihm beim Eintritte ins Leben die Stirne berührte und ihm lange treu geblieben >var, allmählich und leise beiseite geschoben und endlich dem Greise mit sanfter Umarmung den letzten Athem von den Lippen geküsst. Dem ihm von Victor Stigler im Alpenboten gewidmeten Nachrufe entnehmen wir das Nachstehende: Sehr zahlreich sind die dichterischen Schöpfungen, die zumeist ivährend stunden­ langer Wanderungen zu hilfesuchenden Kranken seinen Geist beschäftigten und mit elementarer Gewalt dem viel begabten Manne die Feder in die Hand drückten. — Alles, was die Herzen der Blenschen, unter denen er lebte, belvegt, tritt in den Schilderungen dieses gründlichen Kenners seines Volkes, dieses glänzenden Bewältigers von dessen Mundart in seelenvoller, charakteristischer und mitunter classisch knapper Form in die Erscheinung. Ein kaustischer Humor reißt seinen Vorbildern die Masken vom Gesichte und ivie ans Erz gegossen stehen die Volksgestalten im mundartlichen Gedichte, wie sie leiben und leben, wie sie sich geberden und wie sie reden, ivie sie denken und wie sie handeln. Alle, alle die typischen Figuren im Volksgeivühle: den Bader, den Boten, den Bürgermeister imb seine Räthe, den Schreiber und den Kaplan, den Lehrer und den Jäger, den Gemeindediener und die Psarrersköchin, beit unter schwerer Arbeit und Sorge ums Dasein Gebeugten und nicht minder den Herabgekommenen und Vaganten, alle nimmt er unter seine scharfe Lupe und charakterisiert sie unver­ kennbar. — Keine idealisierten Gestalten, ivie sie die Phantasie der sogenannten Volksdichter so manchem zu Dank schafft, nein, Menschen aus Fleisch und Blut, die die Dinge bei ihrem Namen nennen, mit allen ihren Fehlern und Vorzügen erscheinen auf der Bildfläche; das Gemische der Verschlagenheit und des schlecht verhüllten Eigennutzes, der prahlerischen Leichtlebigkeit und der gut gespielten Naivität, der Herrschsucht und der Eitelkeit, aber auch die Erscheinungen wahren uitb tiefen Empfindens, erschütternder Gemüthserregnng und nicht minder der kühnen Bewälti- gung der Sorge und Pflicht des Daseins, klar treten sie heraus alle diese Eigen­ schaften ans dem Rahmen seiner Dichtungen. Ein Schilderer des Gebirgslebens war er ohnegleichen. Moser war bis in seine hohen Mannesjahre ein kerngesunder, stattlicher Mann. Die kühn gebogene Nase, das energische Kinn charakterisierten den schön geformten Schädel, ein Lächeln, hinter dem der Spott lauern konnte, kräuselte seine Lippen, und wen sein blitzendes Auge traf, der mochte sich vorsehen; seine Menschen­ kenntnis ließ ihn tief blicken unb eine Stunde später ivar seine Sammlung vielleicht um ein Epigramm reicher. — Ihm ivar wohl nichts Menschliches fremd. Meisterhaft schilderte er die Erscheinungen und Vorkommnisse, die Gewohnheiten und Gebräuche im Volksleben in mitunter derb humoristischer, nicht selten sich selbst ironisierender Weise, aber auch von ihren ernsten und erschütternden Seiten; weich und lyrisch konnte er werden, wenn er die Naturschönheit seines Heimatlandes besang. Ein Theil seiner Dichtungen ist in dem 1889 in Linz erschienenen Bande: „Bilder aus dem oberösterreichischen Volksleben (,Ans da Hoamaff)" veröffentlicht; der größere Theil aber ruht in verschwiegener Mappe, wenigen bekannt und vont Autor selbst in unnachahmlicher Weise hie und da einem gewählten Hörerkreis vor­ getragen; unter ihnen eine Zahl epigrammatischer und anderer Gedickte in hoch­ deutscher Sprache. Der Schalk lugt aus ihnen und der Denker und Menschenkenner; aber auch Epikur hat Moser im Leben und in der Dichtung ans kurze Frist nicht ungerne die Hand gereicht. — Er war ein heiterer, zechlustiger Gesellschafter, witzig und geistvoll; dann wieder schweigsam und grübelnd, manchmal auch grollend seinem Geschicke und grimmig zornig, ivenn es galt zu vertheidigen, was ihm unantastbar galt. Eilt guter Meilsch, an dem seine Kinder mit Liebe hiengen, der treue Freunde erwarb, aber auch unversöhnliche Widersacher, weil ihm die Menschenfurcht fremd

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