Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

423 schaft Steyr zu geben schuldig war, schickte diese gewöhnlich einen Vertreter. Nach dem Absterben eines Pfarrers hatte die Herrschaft Steyr im Pfarrhofe die Sperre. Infolge der von Kaiser Josef ll angeordneten Errichtung der Pfarren Thanstetten und Weichstetten wurden beträchtliche Theile des Pfarrsprengels Sierning von diesem abgetrennt. Kaiser Josef II. entschied im Jahre 1784, dass die Herrschaft Sierning wohl Eigenthum des Passauer Domcapitels, aber nicht als eine Pfarrherrschast anzusehen sei. Hieraus stellte das Domcapitel in Passau der Einkünfte wegen einen eigenen Verwalter auf und ernannte für Sierning und Wolsern Pfarrvicare. Die Herrschaft Steyr installierte jeden neuen Domdechant zu Passan ans die Herrschaft Sierning, was im Jahre 17!>8 das letztemal erfolgte. Durch Übereinknnst vom 23. lllovember 1802 wurde die Herrschaft Sierning am 7. Februar 1803 als eine Herrschaft des Passauer Domcapitels von dem Kreisamte zu Steyr in Sequestration gezogen, am 25. December 1805 als eine f. k. Eameralherrschast erklärt und ver­ möge der von der Landesregierung an das k. k. Landrecht erlassenen Präsidialnote vom 16. Juli 1808 der Allerhöchste Hof als Eigenthünier in der Landtafel ver­ zeichnet. Am 17. Jänner 1827 erkaufte die Herrschaft Sierning um 82.750 fl. E. M. der Legationssecretär Theodor Ritter von Käst, von ivelchem sie auf Grund des Abtretungsvertrages vom 1. März 1858 an Llewellyn Freiherrn von Käst übergieng. Seit 11. October 1880 ist Frau Sophie Baronin von Käst auf Grund eines notariellen Schenknngsvertrages als Besitzerin der Herrschaft Sierning in der Landtafel eingetragen. Wann die Schule in Sierning entstand, ist nicht bekannt; ivie jedoch ans den geschichtlichen Ereignissen zu entnehmen ist, bestand eine solche schon int 16. Jahr­ hunderte. Als erstes Schulhaus wird Nr. 79 (jetzt Apotheke) bezeichnet. Dort befand sich ein Lehrzimmer und eine Lehrerwohnung. Im Anfange dieses Jahr­ hunderts behob der Lehrer das Schulgeld (20, 24— 30 kr. vierteljährig) von den Eltern der Kinder. Im Jahre 1856 übernahm dies die Gemeinde und zahlte deut Lehrer 378 fl. oder auch 409 fl. 50 kr., ivie einige Fassionen zeigen. Der Schullehrer versah ferner den Messner- und Organistendienst. In dieser dreifachen Eigenschaft hatte er früher eine Naluralsammlung zu Recht, die im Jahre 1853 gegen eine jährliche Rente von 88 fl. 20 kr. abgelöst wurde. Für die Gehilfen bezog er aus der Gemeindecasse 94 fl. 50 kr. (1860) und vom Schulpatron eine Entlohnung von 68 fl. 24 kr. und 7'/» Metzen Korn zu 2 fl. Das Einkommen des Lehrers betrug daher 650 fl., wozu das Erträgnis des Messner- und Organistendienstes mit 191 fl. 44 kr. kam. In den Jahren 1788 und 1789 erbaute man hinter der Pfarrkirche im alten Friedhose ein neues, einstöckiges Schulgebäude mit zivei Lehrzimmern. Zur Unter­ bringung des 3. Lehrzimmers setzte man im Jahre 1821 ein zweites Stockwerk auf. Das alte Schulhaus, worin die Lehrerwohnung sich befand, brannte im Jahre 1826 ab, daher baute man im Jahre 1830 die Wohnung an das Schnlhans an und verkaufte das alte Gebäude. Am 10. Juni 1864 wurde das Patronatsrecht über die Schule aufgehoben, und an die Stelle der Herrschaft Sierning trat die Gemeinde, die seit dieser Zeit die Schulkosten bestreitet. Da die Zahl der Kinder sich mehrte, ivnrde die Schule im Jahre 1874 um die vierte Classe erweitert und das erforderliche Lehrzimmer im Hause Nr. 173 aufgenommen. Endlich schritt man, durch die Unzulänglichkeit der Räume genöthigt, daran, ein neues Schulgebäude zu errichten. Die Einweihung des Baugrundes und die Grundsteinlegung fand am 28. April 1889 statt. Ein Jahr später stand es fertig da, eine Zierde des Ortes, eines der schönsten Häuser im Bezirke. Die Einweihung desselben erfolgte in feierlicher Weise am 7. September 1890 durch den hochwürdigen Bischof von Linz, Dr. Franz Maria Doppelbauer, dem der Ehrendomherr und Dechant von Steyr, Joh. Nep. Dürrnberger, und der Pfarrer von Sierning, Franz Gugeneder, assistierten, in Gegenwart des k. k. Statthalterei-

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