Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

420 richter zu Hall war 1533 Caspar Wiellinger. Georg Gotthardt, Domherr zu Pasiau und Pfarrer zu Sierning, bestätigte im Jahre 1584 die obenangeführten Rechte und Freiheiten der Widrnsleute von Sierning. Die Reformation fand hier rasch Eingang und zahlreiche Anhänger, auch nahmen die Sierninger am Bauernaufstände vom Jahre 1596 hervorragenden Antheil. Im Jahre 1586 sollte die Gegenreformation in Steyr beginnen, worauf dann die anderen an der Enns gegen Steiermark gelegenen Pfarren des Klosters Garsten an die Reihe kommen sollten. Allein die Steyrer Bürger widersetzten sich drohend dem Antrage, und die Bewohner der industriereichen Alpenländschaften, Hausgesessene und arme Handwerker, Schmiede, Schleifer, Messerer, Köhler und Holzknechte, etliche tausend Mann, schworen am 8. Juni 1588 zusammen, dass sie, wo einem oder dem anderen aus ihnen oder ihren protestantischen Seelsorgern die geringste Gefahr begegnen sollte, alle für einen Mann stehen und Leib und Leben darüber lassen wollten; ebenso geschah auch eine solche Verbindung am 26. Juni zu Sierning, wo die Leute durch die Rede des abtrünnigen Kaplans aufgehetzt wurden. Sein Helfershelfer war der damalige Schulmeister Franz Rottenhofer, ein siebzig­ jähriger Mann. Auf einem Wagen stehend, nahm er mit dem Siegmund Polheim'schen Amtmanne den Rebellen den Eid ab. Der Ursprung dieses Sierninger Aufruhres, aus dem dann der allgemeine Aufruhr im ganzen Lande entsprungen, ist folgender: Im Jahre 1583 wurde der hiesige protestantische Pfarrer Hans Ritter auf Veranlassung des Kaisers von hier abgeschafft. Er wandte sich nach Kirchdorf, wo er zuerst auf Probe, dann definitiv als Pfarrer eingesetzt wurde. In Sierning wurde im Jahre 1585 Johann von Tattenböck, Domherr von Passau und Regensburg, zum Pfarrer bestellt. Ein eifriger Seelsorger, suchte er die seit ungefähr 30 Jahren ganz protestantisch gewordene Pfarre in den Schoß der Mutterkirche zurückzuführen. Da die gütlichen Versuche nicht anschlugen, erwirkte er von der Herrschaft Steyr, welche Vogteiobrigkeit war, den strengen Befehl an die Pfarrleute, ihrem Pfarrer Folge zu leisten. Darüber brach ein solcher Tumult los, dass Tattenböck heimlich enüveichen musste. Den Gottesdienst, bei welchem die Pfarrholden sich bewaffnet einfanden, hielt jetzt der abtrünnige Kaplan nach ihrem Sinne. An dem nämlichen Tage (26. Juni) waren 300 bewaffnete Garstner Unter­ thanen vor dem Kloster erschienen und hatten die Freilassung mehrerer Sierninger begehrt, welche der Abt, weil sie sich vorher in das Bündnis eingelassen, als Grund­ herr mit Gefängnis bestraft hatte. Für diesmal beschwor der Abt den Sturm, ver­ wandelte aber, um einen zweiten angedrohten Besuch zu vermeiden, die Gefängnis­ strafe in eine Geldbuße. Der Sierninger Aufruhr war aber nicht abgethan, sondern ließ sich immer weiter und gefährlicher an, die Bürger von Steyr, obschon größten- theils protestantisch, berichteten den Ständen aufrichtig über „die Doppelnatur dieser Rebellion, die sich weit ins Gebirge hinein erstrecke. Viele nähmen die Religion nur zum Deckmantel und glauben, durch den Aufstand sich aller Bürden, Lasten und Auflagen zu erledigen." Sie verschwiegen aber nicht, dass die Entfernung des Pfarrers Tattenböck, der mit der Gemeinde ganz zerfallen war, nothwendig geworden sei. Zur Ausgleichung schickte der Statthalter am 5. August eine ansehnliche, aus Protestanten und Katholiken gemischte Commission nach Steyr, bestehend aus dem Grafen Ehrenfried v. Ortenburg, Hans Freiherrn v. Hayne, Hans Wilhelm v. Schön­ kirchen, Hans Jakob Löbl und Georg v. Neuhaus, welche aber von der nach Steyr geforderten Pfarrmenge während der Verhandlungen am 8. und 9. August frech und trotzig über alles Maß behandelt wurden. " Die Commissäre reisten unverrichteter Dinge nach Wien ab. Der Abt von Garsten hatte seine in der Pfarre Sierning gelegenen Unterthanen zur Verantwortung nach Garsten berufen. Die Sierninger ließen ihm aber schreiben, wenn sich seine Unterthanen dorthin verfügen sollten, so würden sie sämmtlich miteinander kommen. Erzherzog Ernst trug nun mit Patent vom 18. December jedem, der darum

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2