Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

379 oder durch Stellvertreter, aber in den verschiedenen Provinzen >var gelvöhnlich der Landeshauptmann auch oberster Richter; neben ihm war bisweilen ein Land­ richter ausgestellt, der meistentheils der eigentliche Blut- und Bannrichter tvar, wo cS sich um Tod oder Leben handelte. Aber auch in verschiedenen Theilen der Provinz waren einzelne größere Gerichte, die unter Adeligen standen, welche dieselben theils erblich besaßen, theil* von anderen zum Lehen empfiengen oder erkausten, oder als Pfand erhielten, ja wegen geliehenen Geldes von den Herzogen nur ans eine bestimmte Zeit besaßen. Zwischen der Enns und der Traun richteten in alter Zeit die Bolkers- dorfer. Albert I. von Volkersdorf, der Besitzer von Gschwendt, und sein Sohn Otto IV. versetzten im Jahre 1338 mit Einwilligung der Herzoge Albrecht und Otto das Landgericht ob der Enns um 200 Pfd. Wr. Pfg. den Losensteinern. Im Jahre 1347 verschrieb Otto IV. von Volkersdorf seinen Oheimen Gnndaker und Berthold von Losenstein ein Drittel seines Landgerichtes ob der Enns und versprach ihnen, das andere Drittel, welches an Dietrich und Rudolf von Losenstein versetzt war, von diesen um 100 Psd. auszulösen und zu überantworten, und im Jahre 1433 belehnte Herzog Albrecht Berthold III. von Losenstein und seinen Bruder mit der Feste Losenstein und zwei Drittheilen des Landgerichtes zwischen der Enns und Traun, ihrem väterlichen Erbe. — In den meisten Städten tonten eigene Richter, welche über die Bürger innerhalb des Burgfriedens die Gerechtigkeit handhabten und aus­ übten, so in Steyr seit dem Privilegium Herzog Albrechts I. vom Jahre 1287. Die Adeligen hatten auf ihren Gütern ohnehin die Gerichtsbarkeit über ihre Leute, das sogenannte Patrimonialgericht. Das Gericht wurde meistens von einem Vogte im Namen des Herrn ausgeübt, doch hatte er nur die Civiljnstiz; alle tvichtigen Criminalfälle, wo es ans Leben oder Tod ankam, gehörten vor den Blut- oder Bann­ richter. Diese Gerichte niederen Ranges standen zunächst unter den größeren Land­ gerichten und der Landeshauptmannschaft; von der ersteren tonreit aber viele frei erklärt, besonders die Klöster, so auch Gleink. Die Form der Gerichte blieb lange so ziemlich die nämliche; die Verhandlungen tonten meistentheils öffentlich und mündlich, in den ältesten Zeiten aus ehemaligen Opferplätzen unter freiem Himmel, ans einem Hügel oder unter heiligen Bäumen, später vor den Kirchen, aber auch in Gebäuden. Hier fanden sich der Richter und die geschivorenen Helfer oder Schössen ein, welche das Urtheil in offener Schranne schöpften. Die ganze Verhandlung hieß „Ding" (Taiding), und das für einen bestimmten Bezirk (Ban, Pan) an einem herkömmlichen Tage, gewöhnlich am Montag nach hl. drei König abgehaltene, nannte man „Pantaiding", welches Wort übrigens auch die Rechte, Gesetze, Gewohnheiten u. s. w. bedeutete, nach.welchen bei dem Gerichte entschieden wurde, die anfangs nur mündlich, dann aber schriftlich bekannt waren. Solche Pantaidinge des Klosters Gleink haben sich mehrere aus den Zeiten der Äbte Georg Andreas (1575—1585), Michael II. (1585—1599) und Augustin 1. (1048—1049) erhalten, die zumeist aus sehr alter Zeit stammen, jedoch im Verlaufe der Zeit und namentlich in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts mehrfache Abänderungen erfuhren. Aus Nach­ folgendem möge der Verlauf eines vom Hofrichter von Gleink abgehaltenen Pan- taidings entnommen werden. Der Hofrichter eröffnete dasselbe mit folgender, einer Instruction für denselben entnommenen Anrede: „Nunn, Ihr Vnderthannen vnnd dann Ihr Rechtsprecher besetzter Schrannen! Nachdem der Hochwürdig in Gott Andechtig, auch Edle Herr N. Abbte dess würdl. Gottshauss Gleinckh hie znentgegen, unser genediger Herr auf heuntigen Tag zu Erhaltung seins Gottshaus Gleinckh vhralthabenden hergebrachten Khayl. Lanndts- fürstlichen Gnaden vnd Gaaben, Freyheiten, Recht vnd Gerechtigkheiten, gueten Mann­ zucht, Ordnung vnd schuldigen Gehorsambs, das auch das Recht befürdert vnd aller vngehorsamb nach gebühr vnd billichkeit gestrafft werden möge, halten vnd die Articl, wie von Alter herkhomen, ofentlich verlesen vnd befragen lassen. Also ivellen dieselben denselben zue globen, damit sich kheiner in khönfftigen Fühlen mit ainicher vnwüssen- heit nit zu entschuldigen habe, in guette Acht »ernten, dess Gottshaus Nutz vnd

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