Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

6. Mühlbach. 370 Von der Stadt Steyr am rechten User der Enns, auf der sogenannten „alten Eisenstraße" südwärts wandelnd, oder am linken Ufer bei dem ehemaligen Kloster Garsten vorbei, bei Sand die Brücke überschreitend, gelangt der Fußgänger nach 1V* Stunden zu einer kleinen Häusergruppe, in deren nächster Nähe sich ein Bach in die Enns ergießt, welcher den Namen Mühlbach führt. An diesem Bache rüstig aufwärtsschreitend, erblickt der Wanderer zwischen Waldungen und Wiesen aus den Höhen und im Thale einzelne Bauerngehöfte der Ortschaft Mühlbach.*) Im Thale klappern einige Mühlen, wovon der Ort sicherlich seinen Namen erhalten hat. In Mühlbach blühte einst das Geschäft der Nagelschmiede. Zahlreiche Schmiede fanden lohnenden Verdienst und standen in reger Geschäftsverbindung mit den Steyrer Bürgern, von welchen einzelne im Mühlbachthale Güter besaßen. Als im Jahre 1360 der reiche Steyrer Bürger Jakob Kündler starb, vermachte er dem Kloster Garsten das „guet in dem graben im Mülpach da der Weber aufsitzt", welches jährlich 40 Pfg. Geld, 2 Mtz. Korn, ein Schaff Hafer, 6 Hühner, 2 Käse und 30 Eier diente. Davon sollte der Abt dem Pfarrer zu Steyr jährlich 70 Pfg. reichen und ihm einen Jahrtag halten. Der Pfarre „St. Gyligen ze Steyer" verschaffte er „daz guetel im Mülpach, da Fridel der Müllner aufsitzt." Dieses diente jährlich 82 Pfd., 10 Mtz. Hafer, 2 Mtz. Korn, 1 Lamm, 8 Hühner, 4 Käse und 60 Eier. Die meisten der Nagelschmieden im Mühlbachthale sind eingegangen, und die wenigen noch bestehenden werfen einen spärlichen Verdienst ab. Eine solche aufge­ lassene Nagelschmiede ist auch das „Wallergut." Nach dem Abzüge der Franzosen aus unserer Gegend zu Anfang dieses Jahrhunderts fand der damalige Besitzer des Wallergutes, Georg Eizenberger, in der Freising bei St. Ulrich ein Kästchen mit fremdländischem Gelde, welches er zum Bau einer Kapelle bestimmte. Doch unterblieb damals aus unbekannten Gründen die Ausführung des geplanten Vorhabens. Erst einer seiner Nachfolger auf dem Gute, namens Leopold Brandecker, begann anfangs der fünfziger Jahre den Bau und zwar an einer wildromantischen Stelle, am Anfangs­ punkte der sogenannten Wallermauer. Leopold Brandecker trug selbst den größten Theil der erforderlichen Banmaterialien zur bedeutenden Höhe hinan. 230 Stufen führen zur Kapelle empor, die im Jahre 1854 vollendet und eingeweiht wurde. Der Kreuzweg neben den Stufen wurde im Jahre 1859 errichtet. Die „Waller- kapelle", welche der hl. Maria geweiht ist, erfreut sich ihrer schönen Lage wegen eines von Jahr zu Jahr steigenden Besuches. Von der Kapelle weg zieht sich gegen Lausa hin eine reichzerklüftete, stellenweise 30 bis 40 m hohe Felsmauer, die vorhin erwähnte Wallermauer. Dieselbe gehört zum Schellhammerhaus (Gemeinde Garsten, Ortschaft Mühlbachgraben Nr. 23), einem ansehnlichen, mit in Sgraffito-Technik ausgeführten Ornamenten geschmückten Bauern­ hause, welches außen die Jahreszahl 1630 zeigt. Der Tragbaum der aus Hotz gefertigten, altersschwarzen Zimmerdecke zeigt die Jahreszahl 1690. In diesem Bauernhause wurde von einem Mitgliede des Vereins der Alterthumsfreunde in Steyr in jüngster Zeit ein schön gearbeitetes 12 cm langes, prähistorisches Steinbeil aus Serpentin wahrgenommen, welches mit noch zwei anderen ähnlichen Beilen, kaum 20 Minuten vom Hause entfernt, in der Thalsohle unter der Wallermauer zufällig ausgegraben worden war. Etwa 10 Jahre vorher schon hatte der frühere Besitzer des Nachbarhauses, zehn Minuten von der ersten Fundstelle entfernt, einen schönen großen Steinhammer gefunden. Sämmtliche vier erwähnte Steinwerkzeuge ivurden für das städtische Museum in Steyr erworben und demselben einverleibt. Nachgrabungen, die an der Fundstelle vom Verein der Alterthumsfreunde in Steyr veranlasst wurden, förderten noch mehr zutage, und zivar: drei Theile von ver- *) Urkundenbuch von Oberösterreich: Vir. 721. — Pill wein: II. 282 . 382. — Schul chronik. — Neues. Wiener Tagblatt vom Jahre 1893.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2