Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

360 1708 bis 1709 die Pfarrkirche und den Pfarrhof in Christkindl. Sein Werk ist auch die Erbauung der neuen Abtei, des Gasttractes, des Stiegenhauses mit dem berühmten Pegasus von Reselfeld, sowie des herrlichen Speisesaales. Nebst allen diesen großen Summen, welche diese Baulichkeiten erforderten, gelang es Anselms weiser Sparsamkeit, noch die großen Abgaben und Steuern, welche die Franzosen- und Türkenkriege verursachten, zu bestreiten. Während seiner Regierung wurde die Gegend von einer verheerenden Pest heimgesucht. Im Jahre 1735 starb zu Garsten der berühmte Maler Reselfeld. Die Nachfolger Anselms suchten den angefangenen Bau fortzusetzen und zu beenden, um dem Kloster die abgeschlossene Gestalt eines Viereckes zu geben; allein die Umstände verhinderten, dass dieser Plan verwirk­ licht wurde. Als letzter Abt vor Aufhebung des Klosters erscheint Maurus I. (1764—1786). Er verbesserte und verschönerte sowohl die Kirche als das Stift. Er ist auch der Erbauer der Schulen Dambach und Aschach. Abt Maurus starb 1786 und, da laut k. k. Decretes vom Jahre 1782 die Begräbnisse in den Kirchen verboten wurden, so begrub man ihn im Gottesacker, dem jetzigen Pfarrhofgarten. Ein einfacher, jetzt noch gut erhaltener Grabstein mit der Inschrift: „Hier ruht Maurus Gordon, der letzte Abt von Garsten, der erste unter dieser Erde“, bezeichnet seine Ruhestätte. Nach der Aushebung des Klosters am 1. Mai 1787 kam die große Bibliothek des Klosters nach Linz, die schöne Orgel ivurde in die Vorstadtpsarrkirche Steyr übertragen, und die prächtigen Sitze und Betschemel des Sommerchores zieren, wie schon erwähnt wurde, den alten Dom in Linz. Einzelne Baulichkeiten des Klosters wurden an verschiedene Besitzer verkauft und Garsten mit seinen Besitzungen als Dotationsherrschaft dem jeweiligen Bischöfe in Linz zugewiesen; die Stiftsgebäude blieben Eigenthum des Religionssondes. Dieselben wurden nach Auslassung des Provinzialstrafhauses in Linz vom k. k. Aerar erivorben und daselbst nach Durch­ führung der nöthigen Adaptierungen im Juli 1851 das „Provinzialstrafhaus Garsten" eröffnet. Dieses Strafhaus, im großen und ganzen nur für Gemeinschafthaft ein­ gerichtet, ursprünglich sowohl für Männer als auch für Weiber mit einer Strafzeit von einem Jahr bis lebenslänglich bestimmt und zuerst durch Transferierung der Sträflinge aus dem Provinzialstrafhause in Linz belegt, war dem k. k. Staats­ ministerium, beziehungsweise der k. k. o. ö. Statthalterei in Linz unterstellt, welche mit den Jnspicierungen des Hauses den Kreisvorstand in Steyr betraute. Dem Strafhause stand als unmittelbarer Leiter ein Verwalter vor. Die Arbeitskraft der Sträflinge war theils verpachtet, theils wurde dieselbe in eigener Regie verwendet. Die Lieferung der Verpflegung war an Privatunternehmer vergeben. In das Strafhaus wurden die von den Gerichten in Oberösterreich und Salz­ burg verurtheilten Individuen, später jedoch auch Sträflinge aus Niederösterreich und Tirol eingeliefert. Im Juli 1856 wurden sämmtliche männliche Sträflinge mit einer Strafdauer von mehr als zehn Jahren an die Strafanstalt Jllawa beziehungsweise Spielberg abgegeben und blieb das Strafhaus Garsten von da an bis zum 12. October 1885 nur für Sträflinge mit einer Strafdauer von ein bis zehn Jahren bestimmt, doch wurden ausnahmsweise auch Sträflinge mit kürzerer als einjähriger Strafe eingeliefert. Mit 12. October 1885 wurde verfügt, dass auch Sträflinge mit einer Strafzeit über zehn Jahre einzuliefern seien, und ist seitdem die Strafanstalt Garsten zur Aufnahme und Anhaltung von Sträflingen mit ein­ jähriger bis lebenslanger Kerkerstrafe bestimmt. Am 1. November 1856 wurde die Leitung der Strafanstalt der Ordens- congregation der barmherzigen Schwestern des heiligen Vincenz von Paul übergeben und wurde staatlicherseits zur Ueberwachung des gesetzlichen Strafvollzuges ein Inspector bestellt, dagegen der Kreisvorsteher in Steyr von der Inspirierung der Strafanstalt enthoben. Die barmherzigen Schwestern übernahmen die Verpflegung der Sträflinge in Eigenregie und nützten die Arbeitskraft derselben theils für eigene Rechnung aus, theils vergaben sie dieselbe au Arbeitspächter. Im December 1856

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