Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

359 Gerichtsbarkeit befreite. Im Jahre 1250 wurde Garsten von den Truppen des Herzogs Ludwig von Baiern ausgeplündert und im Jahre 1276 fügten demselben auch die Truppen des bei Enns gelagerten K. Rudolf großen Schaden zu. Unter den hervorragenden 54 Äbten Garstens ist Berthold VI. (1461—1473) zu erwähnen. Er befestigte das Kloster durch Mauern und Thürme gegen die Einfälle der Soldaten des Georg v. Stein, des damaligen Besitzers der Herrschaft Steyr, dessen Soldaten das Kloster zweimal ausgeplündert hatten. Auch vollendete er den Bau der alten Pfarrkirche, welche außerhalb der Mauern des Stiftes auf der Nordfeite gegen Steyr stand und mit einem Thurme versehen war. Abt Leonhard II. (1488—1493) wurde von feinen eigenen Verwandten ermordet. Unter Abt Ulrich IV. (1495—1524) kam das Stift in großes Ansehen, die Zahl feiner Mitglieder, denen der Abt mit Weisheit und Frömmigkeit vorstand, betrug 40. Die Türkengefahr brachte zwar dem Stifte selbst keinen Schaden, doch wurden die dem Stifte gehörigen Ortschaften verwüstet und verbrannt, so Weyer und Gaflenz, ebenso auch die dem Stifte gehörigen Weinberge in Nussdorf bei Wien. Die Reformation gieng nicht spurlos an dem Stifte vorüber; besonders bei den jüngeren Mönchen und Beamten fand die neue Lehre Eingang, und so kam es bald so lueit, dass Garsten zwei Eonvente, ein äußeres für Protestanten und ein inneres für Katholiken befaß. Zwei Äbte, der eine wegen Verschwendung des Klostergutes, der audere wegen feiner Hinneigung zum Protestantismus, wurden ihres Amtes entsetzt. Im Jahre 1586 sollte die Gegen-Reformation beginnen. In Stadt Steyr sollte der Anfang gemacht werden, dann sollten die anderen an der Enns gegen Steiermark gelegenen Stiftspfarren an die Reihe kommen. Allein 1588 rotteten sich die Schmiede, Schleifer, Köhler und Holzarbeiter, etliche 1000 Mann, zusammen nnb beschworen eine Verbindung; am 26. Juni geschah dies auch in Sierning, an welchem Tage 300 bewaffnete Garstner Unterthanen vor dem Kloster erschienen und die Freilassung mehrerer Sierninger begehrten, die der Abt, weil sie sich vorher in das Bündnis eingelassen, als Grundherr mit Gefängnis bestraft hatte. Der Abt musste nachgeben, wenn er nicht sammt feinem Kloster zugrunde gehen wollte. Als im Jahre 1596 die aufständischen Bauern Steyr eingeschlossen hatten, erhielt Wolf Prunnenroidter, welcher mit einer Schar Bauern, die aus den jenseits der Enns gelegenen oberösterreichischen Gemeinden waren und oberhalb Behamberg lagerten, von Tasch den Befehl, am Ufer der Enns aufwärts zu ziehen, über den Flilss zu fetzen, vor das Kloster Garsten zu rücken und den Prälaten „um Hilf zur Abhandlung" anzusprechen. Wie die Sache endete, ist nicht bekannt. Erst unter den weiteren Nachfolgern, besonders unter Abt Johann I. (1601 bis 1614) trat eine Umkehr ein. Er, sowie seine späteren, tüchtigen "Nachfolger hatten oft und viele Streitigkeiten mit dem benachbarten Steyr, dessen Pfarre dem Stifte einverleibt war. Im Aufstande von 1626 kamen die Bauern am 31. Mai (Pfingstsonntag) nach Garsten, besetzten es mit 30 Mann, plünderten alles aus und nahmen die Rüstungen, die Pferde, das Vieh und den SBein weg. Am 28. Juli begab sich Neumüller, ein Anführer der Bauern, in das Stift und suchte Pillver, fand da vermauerte Rüstungen, Doppelhaken und Musketen, nahm sie hinweg und theilte die Gewehre unter die Bürger und Bauern aus. Am 22. August befreite endlich der kaiserliche Oberst Löbl Steyr und Garsten von den Bauern; der Abt und die Conventualen, welche geflohen waren, kehrten wieder in das geplünderte Stift zurück und suchten alles wieder in Ordnung zu bringen. Abt Antons II. (1615—1642) weiser Regierung gelang es bald, die Wunden, die diese Zeit ge­ schlagen, zu heilen, und so traurig diese Zeiten begonnen, so herrlich blühte wieder Garsten ivie in früheren Jahrhunderten. Abt Romani. (1642—1683) begann den Bau der Stiftskirche, der jetzigen Pfarrkirche. Einer der hervorragendsten "Männer Garstens war sein Nachfolger Abt Anselm I. (1683—1715). Er vollendete die herrliche Stiftskirche und die Losensteinerkapelle und berief zu ihrer Ausschmückung die berühmtesten Künstler. Er erbaute auch

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