Anton Rolleder - Heimatkunde von Steyr 1894

343 grüßen die Gipfel des Böhmerwaldes und ein großer Theil des Mühlkreises breitet sich vor den Blicken aus. Geht inan auf der Bezirksstraße nach Neuhofen, so über­ blickt inan die ganze Alpenkette vom Schafberg bis zuni Schieferstein. Das Gemeindegebiet umfasst 2173 2555 lia. Dazu gehören die Steuergemeinden: Grassing, Sinnersdorf, Weißkirchen und Weperbach mit den Ortschaften: Bergern, Grassing, Hetzendorf, Schimpelsberg, Sinnersdorf, Weißkirchen und Weherbach mit 1152 Einwohnern in 226 Häusern. Die Sprache der Einwohner ist durchwegs deutsch imd gehört dem Dialecte an, der das ganze untere Traunviertel beherrscht und von dem des Hausruckkreises vielfach abweicht. Die Bevölkerung bekennt sich mit Ausnahme zweier Familien zur römisch-katholischen Kirche. Die Bewohner von Weißkirchen beschäftigen sich vorzugsweise mit Ackerbau und Viehzucht. Dem Getreidebau wird der beste und größte Theil des Bodens gewidmet. Ant Weißkirchnerbache, der die Ortschaften Weyerbach, Weißkirchen und Sinnersdorf durchfließt, sind 7 Mahlmühlen und eine Brettsäge int Gange. Über die Anfänge der Niederlassung, die Bildung der Ortschaften, fehlen alle Auszeichnungen. Ein beim Ausgraben eines Kellers (Ortschaft Weißkirchen Nr. G) gefundenes Steinbeil gibt aber Kunde, dass schon zu jener Zeit, als der Mensch seine Waffen und häuslichen Geräthe aus Stein fertigte und seine Kraft im Kampfe mit dem Mammuth, dem Höhlenbären und anderen ausgestorbenen Thierarten erprobte, hier Menschen ihre Wohnungen aufgeschlagen hatten. Aus der vaterländischen Geschichte wissen wir weiter, dass unsere Heimat zu den Zeiten der Römer der Provinz Noricum angehörte. Die Römer gründeten Militärcolonien in der nächsten Nähe, so Ovilabis (Wels) und Laureacuiit (Lorch), und gewiss betrat so mancher Römerfuß die Stätten, wo heute friedlich der Land­ mann lange Furchen in das Ackerland zieht. Am östlichen Ende des Dorfes fand man beim Ackern Mauerwerk, und behauptet die Überlieferung, dass an dieser Stelle ein römischer Wachthurm gestanden sei. sDiit dem Ende der Römerherrschaft verfiel alle Cultur; die Gegend verödete, die neuen Einwanderer fanden ein fast menschenleeres Land. Als das Stift Krems­ münster gegründet wurde, war die ganze Landschaft umher bloßes Waldgebiet. Herzog Thassilo II. ertheilte bei der Gründung des Klosters im Jahre 777 den Mönchen die Erlaubnis, am „Liupilinspach" so viele Äcker und Wiesen anzulegen, als sie deren benöthigen würden. Bon dieser Erlaubnis tnachten sie denn auch aus­ giebigen Gebrauch, und der wilde Forst am „Liupilinspach", später Leoben-, jetzt Weyer- oder Weißkirchnerbach genannt, verschwand und machte breiten Ackerflächen platz. Kaiser Karl der Große bestätigte dem Kloster diese Schenkung im Jahre 791 und abermals im Jahre 802. Doch als die wilden Horden der Ungarn im 10. Jahrhunderte wiederholt einbrachen und alles in Schutt und Asche legten, gieng auch die hiesige Niederlassung, inte das Kloster zugrunde. Um die Besitzungen des Klosters stritten sich die Bischöfe von Passau und die mächtigen Grafen von Lambach und Wels. Letztere hatten die Gegend am oberen Liupilinsbache an sich gerissen, die sie dann 993 zum Theil zurückstellten. Die Gegend am unteren Liupilinsbache scheint im Besitze der Bischöfe von Passau geblieben zu sein. Papst Alexander III. bestätigte 1179 dem wiedererrichteten Kloster den Besitz der Pfarre „Waeizchirchen", allein den Nutzgenuss hatte der Bischof von Passau. Erst Bischof Rudiger überließ 1242 die Pfarre Weißkirchen dem Kloster Kremsmünster vollständig, wofür ihtn jedoch dasselbe seine Besitzungen in „Alburg" abtrat. Papst Innocens IV. bestätigte 1247 und 1249 dem Kloster den Besitz der Pfarrkirche zur hl. Maria in Weißkirchen. Derselbe ordnete auch im letztgenannten Jahre infolge einer Klage des Abtes wegen der Übergriffe des Propstes von St. Florian und des DechanteS von Enns in Bezug auf die Pfarre Weißkirchen eine Untersuchung an. Wegen der Besetzung der Pfarre gerieth das Kloster in Streit mit dem Ordi­ nariate Passau, dessen Entscheidung Papst Alexander IV. im Jahre 1255 dem Abte von St. Lambrecht und dem Propste von Seckau übertrug. 1258 bestätigte jener

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